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> U M so verbreitet Vie man glanbt. Wett hänfiger find die Habsüchtigen, welche sich selbst wenig oder nicht» versageo, deren Stteben aber dahin geht, außerdem noch so viel al« möglich durch Mittel aller Art zusammeuzuscharren und Andern möglichst viel ab« zunehmen. Mit der Habsucht hat aber dir rechte Sparsamkeit nicht» zu schaffen; der echte Spar same ist streng gegen sich, mildherzig gegen die Roth, ehrenhaft gegen seine Mitmenschen. In Bezug ^auf Sparsamkeit stehen wir Deutschen zurück. Und doch hätten wir eigentlich da» Sparen avthigrr, wie jene, denn wir leben unter ungünstigern Verhältnissen al» sie und brauchen viel eher einen Nothgroschen al» die Franzosen. Deutsche- Reich. Heute Freitag und Sonnabend begiebt sich Se. Majestät zu den Manöver« bei Stolpen und wird bei dieser Gelegenheit die Gewerbe-Ausstellung in Neustadt bei Stolpen in Augenschein nehmen, kehrt jedoch an jedem der beiden Tage nach Pillnitz zurück. Am Sonntag Nachmittag wird Ee. Maj. sich zum veiwohnen an den DivisionSmanövern nach Crimmitschau begeben und bei der Durchreise in Lommatzsch kurze Zeit in der dortigen Ausstellung verweilen. Sm Sonntag Abend trifft Se. Majestät zunächst in Glauchau zu einem mehrtägigen Aufenthalte rin und wird bei Gr. Erlaucht dem Grafen Clemens von Schönburg-Glauchau absteigen. Schandau. Bei schönstem Wetter haben die Hochwild-Jagden Sr. Majestät de» König» auf Rei uhard-d orf er und Cun ner-vo r fe r Revier am 6. und 7. September stattgefunden. Die Jagdbeute blieb gegen andere Jahre etwa« zurück. Die Jagd-Diner« in Eeudig» Billa .Quesisana" fanden in üblicher Form statt. Se. Majestät der König haben der Herzoglich Sächsischen Hofgesanglehrerin Marie Böruer-Sandrini die goldene Medaille „Virtuti et Ingenio", mit der Berechtigung, dieselbe am Bande de» AlbrechtSorden» zu tragen, verliehen. Bischofawerda, 7. September. Auch in der nächsten Nähe unserer Stadt beginnen die Geschütze zu dröhnen, Gewehre zu knattern, weiße Dampf wolken über die Erde zu ziehen, durch di« hie und da Helme und Säbel blitzen., — Alle« kriegerische Anzeichen im tiefsten Frieden: die Manöver find i« »ollen Gange. E« ist ein lustige«, heitere«, fast an die Sonnenseite einer Campagne erinnernde« Leben, da« der Soldat im Manöver führt. Da drückt ihn nicht die graue Einförmigkeit de« Gamaschendienste«, da wacht nicht beständig da strenge Auge de« Feldwebel« oder Wachtmeister« über ihn und sein ganze« Thun und Lasten, da hat er nicht alle die nothwrndigev kleinen Scheerereien zu fürchten, die der alltägliche Dienst mit sich bringt — er ist ungebundener, freier, kommt mehr zum Bewußtsein der Annehmlichkeiten tze« Soldaten dasein«. Sein Stolz beginnt sich mächtig zu regen, denn selbstverständlich strömen zu den Manöver» au« dem Weichbild« der Stadt und au« den um liegenden Dörfern zahllose Menschen, um die kühnen Evolutionen und Erercitien zu bewundern und sich einen ungefähren Begriff von den Schrecklichkeiten de« Kriege» zu bilden. — Noch ist e« still über de« Manöverterrain. Hie und da habru sich die Zuschauermaffeu zu Haufen zusammengedrängt und werden von den Armeeordonnavzen von einem Ort zum andern verwiesen; zeitweise trabt eine Cavallrrie- Abtheilung über den Schauplatz, besetzt «ine Jufan- terie-Eolormr einen Waldrand und jagt in raschem Galopp ein« Batterie einen Hügel hinauf, um dort Position zu fasten. Da plötzlich rollen die ersten Kanonrnschläge blitzend und weißdampfend über da« Feld — die Artillerie eröffnet da« Gefecht. Nun wird e» lebendig ring«umhrr — in jedem Thal, in jeder Waldparzrlle, überall beginnt e» sich zu regen, zu leben. Auf einer Höhe halten die Oberst- Commavdireuden, die Strategen, zu Pferde — Adjutanten und Ordonnanzen fliegen über den Platz, Patrouillen aller Waffengattungen tauchen an ver schiedenen Orten auf. Die Scene wird lebhafter, bunter, schimmernder. Unaufhörlich dröhnen die Geschütze, die Infanterie eröffnet da« kleine Gewehr feuer raffelnd und knatternd, die Colounea beginne» gegen einander zu rücken. Lin Regiment Husaren sprengt zu Dreien au« dem Waldwege hervor und formirt sich am Waldrande mit Blitzesschnelle in Linie, dann geht r« fort in erderzitterndem Galopp — wohin- Lagernder Pulverdampf verhüllt die Per spective. Ah — da blitzt es auf tu langer Reihe, — da» ist Cavallerie de« Feinde« ! . . . Fester legen di« Schenkel sich an, die Zügel werden kürzer gefaßt. Jetzt — von beiden Selten eia gellende« Hurrah, kurze, scharfe Trompetenstöße — dann rin bunte« staubdurchwobeue« Durcheinander. Die Aftake ist abgeschlagen . . . Trommelwirbel raffeln auf, die Infanterie kommt ihren Reitern zu Hilf«; die Husaren schwenken ein und traben davon. Eia lang- gezogear» Signal — .da« Ganze Halt!' — uad aus dem Fleck blribea alle Truppen stehen. Hier und dort wird abgrseffen, dte vauchgurte der Pferde werde» gelüftet, die Infanterie stellt die Gewehre zusammen, die Sachen werden von der Erdkruste auf'« Gröbste gereinigt, — eia Schluck au« der Feldflasche, eiw flüchtiger Imbiß genommen. Die Commandeure sprengen dem Hügel zu, wo der General mit seine» Adjutanten hält — zur Kritik! Da wird scharf geurtheilt, scharf getadelt — wenig gelobt. Au» den Mienen der Zurückkehrendrn läßt sich leicht er- rathen, wa« ihnen geblüht, Lob oder Tadel— leichter noch au« den belehrenden Reden, mit denen nun die Truppen überschüttet werden. Dann geht r« in Marschformation zurück in die Cantounemeal», um am nächsten Tage, vielleicht bet anderer Scraerie, die kriegerischen Gebilde zu wiederholen. Der Rücktransport eine» LheileS der Truppe» de« XII. Armercorp« mit der Eisenbahn in die bi treffenden GarnisonSorte findet nach Beendigung der Herbstmanöver, wie da« .Dr. I.' mittheilt, in folgender Weise statt: Am 15. Sept.: 1) Stab der 1. Infanteriedivision Nr. 23, Stab der 1. Jnfan- terirbrigade Nr. 45, Stab der 2. Jnfanterirbrigade Nr. 46 und 2. Jägerbataillon Nr. 13 au« Stolpen: 3,37 Nachm., in Dresden-N.: 5,25 Nachm., in Meißen: 6,30 Nachm. 2) Da« Schützen.(Füfilier-) Regiment Nr. 108 au« Stolpen: 4,40 Nachm , in Dr««den-N.: 6,25 Nachm. 3) Da» 2. Grenadier- Regiment Nr. 101 aus Stolpen: 6,0 Nachm., in DreSven-N.: 7,45 Nachm. 4) Da» Leibgrenadter- Regiment Nr. 100 au« Stolpen: 7,0 Nachm., in DreSden-N.: 8,45 Nachm. 5) Da» 4. Infanterie- Regiment Nr. 103 au« Neustadt b. St.: 4,0 Nachm., in Bautzen 5,34 Nachm. 6),Stab der 2. Infan teriedivision Nr. 24, Stab der 3. Jnfanterirbrigade . Nr. 47 und 10. Infanterie-Regiment Nr. 134 au» Glauchau: 5,03 Nachm., bez. au« Meerane: 5,45 Nachm., in Leipzig: 9,0 Nachm. 7) Stab der 4. Jnfanterirbrigade Nr. 48 au» Crimmitschau: 4,58 Nachm., in Leipzig: 6,54 Nachm. 8) Stab der 2. Cavalleriebrigadr Nr. 24 au« Glauchau: 6,15 Nachm., in Dre-den-A.: 10,50 Nachm. — Am 16. Sept.: S) Da« 3. Infanterie-Regiment Nr. 102 au« Bischofswerda: 9,20 vorn»., t» Zittau 12,57 Nachm. 10) Da« 1. Jägerbataillon Nr. 12 und Pionierbataillon Nr. 12 au« Glauchau: 7,28 vormittag«, in Freiberg: 11,28 Vormittag», in Drr«den: 1,42 Nachm. 11) Da« 5. Infanterie- Regiment Nr. 104 au« Glauchau: 8,34 Borm., in Chemnitz 10,7 Lorm. 12) Da« 7. Infanterie- Regiment Nr. 106 au« Crimmitschau: 7,26 Bonn., in Leipzig: 9Z3 Borm. 13) Da» 8. Infanterie- Regiment Nr. 107 au» Crimmitschau: 8,26 Lorm., in Leipzig: 10,50 Borm. Bei der vorberathung der Kammer-Adressen an Se. Maj. den König Albert au« Anlaß dr« Con- stitutionifrste« gaben in der II. Kammer die Social demokraten Liebknecht und Bebel die Erklärung ab, daß sie sich an derartigen Adressen u»d an der LonstitutionSfeier im Namen ihrer Partti nicht be teiligen könnten. Sie richteten dabei die stärksten Anklagen gegen die Regierung» die die individuellen Freiheiten, Preßfreiheit und Verein-recht mehr denn je unterdrückt, und griffen die Verhängung dr« kleinen Belagerungszustand«« über Leipzig heftig an. Bice- Präsident Pfeiffer und Hofrath Ackermann wiesen ihre, im Augenblicke, wo Sachsen» Stände und Volk da» Constitution-fest feierten, geradezu un würdigen Aeußerunaen energisch zurück, und in Er widerung einer Bemerkung Bebel'« sprach im Namen der Regierung Staat-mlalster von Nostttz- Wallwitz sich dahin au«, daß die sächsische Regierung freiwillig, und nicht von irgend welcher Veit« be einflußt, über Leipzig den Belagerungszustand ver hängt habe, geleitet vou dem Gefühle der Pflicht gegen da« Reich. Hierauf verließen die social demokratischen Abgeordneten den Sitzungssaal. T Umschau in der Lausitz, den 9. S»Pt. Durch Feuer wurden vernichtet: am 2. Sept. Wohn haus und Scheune vr« Zimmermeister« Spür in Ober-LunnerSkorf bei Löbau. — Ein großer Schuppen de« Kretscham- zu Ebersbach, in welchem sich die Turnhalle befand. — In drr vienert'schea Mühle zu Frieder-dorf bei Kamenz ist der 22jähr^Mühlen besitzer Richier au- Laußnitz in- gehende Zeug ge kommen und so beschädigt worden, daß er bald darauf starb. — Am 5. ist der 2jährige Sohn dr« Häu-ler- VIebig in Grüngräbchen ertrunken. — Bom 6.—10. October wird zu Bautzen «tue Obst- ausstellung stattfinden. — Herr Laoä. tkeol. Werner au« Rammenau ist zum Pfarrer von DittrlSdors Sparsamkeit. Daß Sparsamkeit ein schöne« Ding sei, daß r» nicht nur für da» materielle, sondern auch für da« sittlich« Wohlbefinden von dem günstigsten Einfluß weiche» könne, darin werden wohl die meisten Menschen Mg sein. Die Mehrzahl, und namentlich di« liebe Frauenwett, würde denjenigen sogar sehr schief ansehen, der bezweifeln wollte, sie sei nicht sparsam. All« Welt spart Heuzutage, und weun da« nicht mehr „ . , Wirkung hat und nicht di« ganze Menschheit in gegen andern Völker» namentlich gegen dir Franzosen einem Meer von Wohlbehagen schwimmt, so liegt die» nur darin, daß dir Zeit« zu schlecht sind, daß alle« zu theuer ist, daß gar zu viel uothweudtg zum Leben ist, und wie die Gründe alle heißen mögen. Daß gar zu viel nothweudig zum Leben ist. Ja da liegt'«. ,E» muß sein," da« ist der Grund, mit dem wir un« bei jeder Au«gabe entschuldigen, die etwa« derb an «nsrru Geldbeutel geht, und heute .muß" unendlich viel sein, viel mehr al« vor fünztg Jahren sein mußte. Und unsere Vorfahren haben doch auch gelebt, und meist recht behaglich gelebt! Ja dieser weiten Ausdehnung de« Begriff« .noth- wendig zum Leben' liegt der wichtigste Grund dafür, daß die Sparsamkeit viel mehr gepriesen al« aus- geübt wird, und daß manche Leute, die sich für ganz besonder« sparsam halten, ihr Leben lang nicht dazu kommen, mit dem Sparen den Anfang zu machen. .Diese Ausgabe muß sein, sie werde ich noch machen, . aber von jetzt ab wird gespart," da« ist die Ausrede, mit der Mancher sein Leben lang jede Au«gabe be schönigt, ohne je zum Sparen zu kommen. Man sieht beim Sparen kommt alle« darauf an, wa» man für nothweudig und va» man für ent behrlich hält. Diese Entscheidung aber ist in den einzelnen Fällen, da sich allgemeine Regeln nicht ausstellen lasten, gar nicht leicht, und wer sich nicht schon lange eifrig geübt hat, immer sich zu fragen, wa« nothweudig und wa« entbehrlich ist, wird leicht dahin gelangen, alle» auszugeben, «a» er besitzt. Darum kommt beim Sparen so viel darauf an, daß e» frühzeitig begonnen wird, damit die Fertigkeit, zwischen nothtvendig und entbehrlich zu entscheiden, durch lange Uebung ausgebildet werde. Leider aber läßt mau gerade diejenige Zeit, welche für die Ausbildung dr« Spartriebe» die günstigste ist, uämlich die Jugend, uugeautzt vorüber gehen und fängt erst daun an, dem Sparen Werth beizumestem, wenn die Anforderungen, die da« Leben stellt, schon viel größer geworden sind und e» nicht mehr viel zu sparen giebt. Zwei Feinde sind'«, die man beim Sparen fort während abzuwehreu hat: sich selbst und die Rück sichten auf die Welt. Sich selbst, indem dir eigene Genußsucht un« gern Bedürfnisse auferlegt, die keine Bedürfnisse zu sein brauchten; die Rücksichten auf die Welt» indem wir un« häufig mmütze und schädliche Ausgaben mache», velche wir selbst gern vermeiden möchten, welche wir aber für unerläßlich erachten, weil Andere sie für unerläßlich ansehrn. Und wenn wir wirklich einmal zu sparen anfangen, fangen wir gewiß weit eher bei den wirklich unerläß lichen Ausgaben die Einschränkung an, als bei denen, welche unsere Neigung oder die Rücksicht auf die Welt un» auferlegev. In Bezug auf gute, kräftige Nahrung uad ans gesunde Wohnung z. v. ist die Sparsamkeit schlecht am Platze; dennoch wird in Bezug hierauf wett lieber gespart, al» i« Bezug aus luxuriöse Kleidung oder Gesellschaften oder Sehn liche«. Da nun aber eigen« Neigung sowohl wie die Rücksicht auf gesellschaftlich« Stellung i» der Jugend viel leichter zu bekämpfen ist wie im Alter, schon dishalb, weil beide in der Jugend viel weniger stark auftreten können, so ergiebt sich auch hieraus der Vorzug, welcheu der frühzeitige Beginn de« Spare»« hat. Nicht uur um der materiellen Bor- theitt willen, die damit verbunden find, loben wir diese» frühzeitige Spare», sondern auch wegen seine» sittlichen Einflüsse«, wegen der Förderung der Lharacterbildung. Ein junger Mensch, drr früh- zeitig gelernt hat, au« eigener freier Entschließung sich Genüsse zu versage», und der wett weniger die Rücksicht auf Ander«, al« seine eigene bester« Er- kenntniß zur Richtschnur seine» Handel« macht, wird ein fester Character werde», Dje ihn da« Leben braucht, kein Schwächling, der tu» Genußleben u»ter- geht oder durch die ewigen Rücksichten auf Andere wie «tu Rohr bewegt wird. Allerdings wird -eaen da» früh« Sparen elu- geldendet, daß e« zu Geiz und Habsucht verleite. Dies« Gefahr aber ist nicht groß. Wirklich Geizige, d. h. Leute, welche in krankhafter Gier nach Geld sich selbst alle« versagen, wa« da» Leben zu einem menschenwürdigen macht, giebt'« he»tzutage gar nicht so häufig. Diese Geisteskrankheit — denn eine Geisteskrankheit ist die Art der Geldgier — ist nicht