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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 10.07.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190607103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19060710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19060710
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
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Jahr
1906
-
Monat
1906-07
- Tag 1906-07-10
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Monat
1906-07
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Jahr
1906
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Weberei-Verband keine Zugeständnisse, dann dürfte mit einem neuen Ausstand in Glauchau-Meerane und eventuell mit einer Aussperrung der Arbeiter der Webereien des Sächsisch Thüringischen Weberei-Verbandes zu rechnen sein. — Roßwein, 6. Juli. Eine traurige Gedenk feier kann unsere Stadt demnächst begehen. Vor IM Jahren, am 24. Juli 1806, zerstörte ein großer Brand die ganze Stadt, die Kirche mit inbegriffen, welche reich ausgestattet war und viele Kunstwerke aus dem Mittelalter, teilweise noch aus dem Kloster Zella herrührend, enthielt. Außer den Grundmauern des Rathauses, dessen herrliches Portal und die gewölbten Parterrcräume erhalten geblieben sind, wurde nur ein Haus verschont. Das Feuer brach srüh 4 Uhr in dem Geburtshaus des Dichters des Liedes: «Wenn Du noch eine Mutter hast", Friedrich Wilhelm Kaulisch, aus. — Ann «berg. Bei Gelegenheit der Vorberatung des Heimatfestes hat man einige direkte Nachkommen der Barbara Nttinann ermittelt. Es sind dies Hauptmann von Uttmann in Wolfenbüttel und Frau Stiftsoberin Bar bara von Uttmann in Wiesbaden. Sie wurden von der Stadt zu dem Sonntag in 8 Tagen stattfindenden Heimat fest cingcladcn. — Auerbach. Ein menschliches Skelett, das an scheinend von einem 10- bis 12 jähr. Kinde herrührt, ist am Dienstag vor. Woche im Walde zwischen Dresselsgrün und Brunn aufgefundcn worden. Es wird vermutet, daß es das der seit längeren Zeit vermißten Oelschlägelschen Tochter ist. — Zschorlau. Der hiesige Ort bietet eine Seltenheit, die wohl in ganz Sachsen und mit nur wenigen Ausnahmen in Deutschland ihresgleichen sucht. Hier hat der Besitzer des Gasthauses „Zum Roß" eine Seidenraupenzucht mit Erfolg angelegt, die das Erstaunen vieler Fremden erregt. Der Wirt, welcher sich nach neunjährigem Aufenthalte in Rumänien hier niedergelassen hat, verfügt über 100OM Seidenraupen, die er als Eier von seiner südlichen Zucht mitgebracht hat. Es ist nun höchst interessant, gerade hier ini Erzgebirge die Entwicklung des Seidenspinners vom winzigen Ei bis zum vollendeten Kokon in Natur zu scheu. Schmetterlingssammlern ist die saubere Anlage, zur deren Besichtigung der sachkundige Herr gern crbötig ist, sehr zu empfehlen. Auch Sommerfrischler und Ausflügler schauen dem Leben und Treiben der Seidenraupe, die gerade jetzt ihrer höchsten Entwicklung cntgegcngcht, gern zu. Im Wcrgwerk. «Schluß) Nun geht die Fahrt durch Strecken kreuz und quer. Nur die Grubenlampe erleuchtet matt den beschwerlichen Weg. Wir sind jetzt iin Flöz. Die Kohle ist hier so fest, daß die Seitenwände der Türstockzimmernng nicht mehr durch Schwär teu verwahrt sind, sodaß der glänzende Bruch der' fetten Kohle im fahlen Lichte unserer Lampen schimmert. Aber es dauert noch eine Weile, bis wir „vor Ort", d. h. an den Platz kommen, wo die Kohle gewonnen wird. Die Luft wird über Tage in einem Kompressor auf einen Truck von mehreren Atmosphären gepreßt und treibt nicht allein den Haspel an, sondern führt auch solchen Strecken „gute Wetter" zu, die außerhalb der Haupt-Wetterführung liegen. Man hat sich das etwa so zu denken, daß die Kohle in Sackgasseil gewonnen wird, in denen die künstlich eingeführtcn Wetter naturgemäß nicht zirkulieren können, sodaß sie also, und zwar mit Preßluft, besonders bewettert werden müssen. Der Haspel ist in Tätigkeit. Wir befinden uns an einem Fallort, d. h. einer Stelle, an der sich das Flöz unter die wagrechte Sohle senkt. Infolgedessen müssen die gefüllten Hunde hochgezogen werden und dies geschieht derart, daß sich auf dein einen Leitkorbe des Haspels das Seil aufwickelt, während es sich auf dem andern abwickelt und die leeren Hunde mit hinunternimmt. Das Gegenstück zum Fallort heißt Bremsberg; beide sind in dem Grubcnraum der Bergbauhalle zu sehen. Wir fahren lpcr pedes Apostoloruin, der Bergmann „fährt" in der Grube immer, auch wenn er geht) das Fall ort hinunter und befinden uns bald in einem Strome ver brauchter Wetter. Die Luft ist hier dicker und mit einem penetranten Schwefelgeruch, der der Kohle überhaupt eigen ist, erfüllt. Aber ich muß gestehen, ich hätte es nicht gemerkt, wenn ich nicht extra darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Jetzt sehe ich auch eine abgcworfcne Strecke. Es ist dies ein Bau, dem alle seine Kohle geraubt ist, und der nun, damit er nicht zusammcnbricht und dadurch das darüberlicgende Gestein iir Bewegung bringt, init Bergen „versetzt" wird. Bei der Kohlengewinnung nämlich hat der Häuer schon die zwischen den Kohlen lagernden Berge nicht mit hinaufgeschickt, sondern in der Grube behalten, und setzt damit die Strecke aus. Alan hat außer dem Bergversatz auch noch ander Arten des Aussetzcns; der Schlanunvcrsatz und der Spülversatz sind in der Ausstellung veranschauliche Wir durchschreiten nun die letzte Wettertür und befinden uns nach kurzer Fahrt vor „Ort". Vor Ort. Vor Ort! Das heißt in der Sprache des Soldaten übersetzt: im Bereiche der feindlichen Kugeln. Vor Ort! Wie sagt doch Schiller; Ta tritt kein anderer für ihn ein. Auf sich selber steht er da ganz allein! Auf der Strecke ist der Bergmann immer »och sozu sagen in der Obhut des leitenden Ingenieurs, da hüten ihn die Vorkehrungen der Bergverwaltung, mit denen diese zu gleich auch ihr Eigentum schützt, da sorgt die Aufsichtsbehörde dafür, daß alles geschieht, was zu seiner Sicherheit nur über haupt geschehen kann. Aber vor Ort, da muß der Alaun sich selbst helfen. Die Strecke, in der wir zuletzt nur noch gebückt stehen konnten, stößt hier auf das Steinkohlenflöz. Hier ist ein Einschnitt eingchauen, ca. "4 Meter hoch und so lang, daß ein Alaun darin liegen kann. Es ist der Härter, der mit der Spitzhacke die Kohlcnbrockcn von der Wand loslöst und hinter sich wirft. Sobald er ein Stück Kohlenwand abgelöst hat, muß er das Hangende abdccken und die Decke mit Stempeln stützen, die entsprechend kürzer sind, als die gewöhnlichen Stempel der Strecken. Auf diese Weise nagt er sich, immer im Kampfe init dem nachbröckelnden Gesteiir, tiefer und tiefer in das Flöz hinein. Hinter ihm nimmt der Mann die ganze Flözhöhc nach, löst die kurzen Stempel aus und ersetzt sie durch solche von normaler Länye, bessert wohl auch die Tcckenzimincrung nach, und Achnliches. Er kämpft sozusagen im zweiten Miede, und hiirter diesen beiden füllen Arbeiter das gewonnene Gut in die Hunde schleppen diese zur Strecke, wo deren mehrere aus den verschiedensten Abbau-Oertern zusammenströmen und zu Zügen vereinigt werden, die dann, wie wir gesehen haben, je nach Erfordern die Fallörter hinauf oder die Bremsberge hinunter gewunden werden und weiter durch die bereits abgebauten Strecken zum Füllort gelangen. Vor Ort! Wenn oben die Maschine versagt, die unsere Strecke in der ein Dutzend Menschen atmen, mit Preßluft versorgt, müssen unsere Lampen verlöschen, weil sie nicht genügend Sauerstoff mehr haben, und wir selbst, wenn wir nicht rechtzeitig in die nächste Strecke gelangen, wo die Haupt wetterführung zirkuliert, müssen ersticken. Und eine Hitze ist hier, zum Umkommen. Die Tempe ratur in der Grube steigt bis zu :ro—:i2 Grad Eelsius und die Männer arbeiten fast nackt. Aber es ist schließlich alles Gewohnheit. Und haben nicht andere Berufe auch ihre Schattenseiten? Ist der Motorführer eines Straßenbahn wagens, wenn er im Winter die kalte Luft dnrchschncidet, nicht auch schlimm daran, oder der Heizer im Leibe eines Schnelldampfers, oder Offiziere und Mannschaften unserer Kriegsschiffe oder die Arbeiter und Beamten in der staubge schwängerten Luft der Spinnerei? Die Beispiele ließen sich bis ins ungemessene vermehren. Gewiß sind die Leute nicht zu beneiden, die neben schwerer Arbeit auch noch Hitze oder Kälte, schlechte Lust oder schädliche Ausdünstung zu ertragen haben. Aber hat nicht jeder Stand seine Mühen, ist die Verantwotung des Weichenstellers, der Hunderte von Menschenleben in seiner Hand hält, nicht mindestens eine ebenso fatale Beigabe, wie Ofenglut und Stickluft? Und sind nicht die Sorgen und Aufregungen, denen die Arbeitsleiter ausgesetzt sind, oft nicht noch viel schwerer, als die Arbeit der Untergebenen. Diese können, wenn sie die Grube, das Kesselhaus oder den Fabrik raum verlassen, ihren Feierabcndmenschen anziehen und der Arbeit Last und Plage vergessen, den Direktor und Unter nehmer aber verfolgen seine Sorgen, ob er sich nun im Prunksaalc zum Diner niederictzt oder ob er im Automobil durch die Wälder saust. — — In der Regel wird ein Flöz in der Weise abgebaut, daß zwei einander parallel laufende Längsschläge (Streich strecken) hineingetrieben werden, die man dann durch eine Strecke rechtwinklig zu beiden verbindet. . Zwischen ihnen bleibt dann ein „Pfeiler" stehen, den man in der Weise ge winnt, daß man ihn abschrämt, d. h. der Häuer schlägt unten am Boden wagerechtc tiefe Rillen in die Pfeiler und bringt dadurch die darüber liegende Kohle, die bekanntlich geschichtete Zusammensetzung hat, zum Einstürzen. Dieses Schrämen wird heute vielfach mit Maschinen ansgcführt. Eme solche höchst einfache Maschine hat der Zwickauer Bergdircktor Neukirch erfunden und hinter der Berghalle ausgestellt. Das Verfahren besteht darin, daß um den Pfeiler ein mit einer besonders konstruierten Spannvorrichtung gespanntes Draht seil geschlungen wird. Dieses Drahtseil ist mit einer Stahl drahtlitze spiralförmig umwickelt und wird in kontinuierliche Bewegung gesetzt. Die Maschine, die das tut, steht in einem Bretterverschläge daneben. Durch die Reibung schneidet das Seil in den Kohlenpfeiler ein, und da es von der Maschine selbsttätig in Spannung erhalten wird, so sägt cs allmählich den ganzen Pfeiler von seiner Grundfläche ab, sodaß er nach her, soweit er nicht von selbst einstürzt, mit der Spitzhacke leicht niedergelegl werden kann. In der Grube steht natür lich die Maschine an geschützter Stelle einige Nieter vom Abbauort entfernt. Der erste Versuch mit Schrämmaschinen ist im Jahre 1862 gemacht, aber das Verfahren war noch sehr verbesserungs bedürftig. In Amerika war die Schrämmaschine schon früher heimisch, als bei uns, und daran mag es auch liegen, daß dort 1880 p»o Mann im Jahre300 Tonnen gefördert sind, während Deutschland nur 264 Tonnen aufwcisen konnte, England !!00 Tonnen. 20 Jahre später stellten sich die Zahlen wie folgt: Amerika 530, Deutschland, 263 und England 370 Tonnen und 1904 gar soll Amerika bis auf 1000 Tonnen pro Mann im Jahre gestiegen sein. Wo bei uns die obengenannte Schrämmaschine im Ge brauch ist, da wird ihr nachgerühmt, daß die Kohlenförderung von 12 auf 20 Wagen pro Schicht gesteigert sei, was in Anbetracht dessen, daß die Maschine ja nicht überall anwend bar ist, eine ansehnliche Mehrleistung bedeutet. Bei dieser Gelegenheit sei auch auf die verstellbaren Grubenstempel hingewiesen, die die Deutsch-Oest erreich- ischeu Manncsmannröhren-Werke in Düsseldorf in der Bergbauhalle vorführen. Sie bestehen aus zwei inein ander gehenden eisernen Röhren verschiedenen Kalibers, die durch eine feste Stellvorrichtung verbunden sind, und können nach Bedarf länger oder kürzer gemacht werden. Diese neuen Stempel haben sich als interimistische Stützen beim Auswechseln zusammcngedrückter Holzstempel bestens bewährt und sind bereits auf vielen Gruben im Gebrauch. Auch einer anderen Erfindung wollen wir gedenken: der Dyhrschen Grubcnlötlampe, die so eingerichtet ist, daß man mit derselben auch in gaserfüllten Räumen löten kann. Natürlich ist die offene Flamme durch einen Drahtzylindcr geschützt; sie bringt Zinn zum Schmelzen und in dieses ge schmolzene Metall werden drw.u die zu lötenden Stücke ein getaucht. Um wieder zum Füllort zu gelangen, müssen wir denselben Weg zurücknehmen. Es geht also wieder das Fallort hinauf, an dem Haspel vorüber, durch eine Unzahl Wettertüren hin durch. Das Atmen ist wieder leichter geworden, sobald wir in die Haupt-Wetterführung eingetreten find, von Zeit zu Zeit müssen wir uns an die Seite drücken, weil ein Zug von Hunden hcranpoltcrt, den wir an uns vorbcilassen, dann leuchtet das elektrische Licht ans, in wenigen Minuten stehen wir wieder am Füllort. Der Förderstuhl trägt uns nach oben, mit einem Male weht uns wieder kühle Luft an, eine Flut Hellen Lichtes schlägt über uns zusammen, der Förder stuhl steht stille, nur sind ivicder über Tage. Uebcr Tage. Die Einrichtungen über Tage bestehen aus zwei ihrem Zwecke nach verschiedenen Arten: die eine Art dient der Kohlenförderung, die andere der Kohlenaufbereitung. Die ersteren Einrichtungen kennen wir bereits. Die mächtige Dampfmaschine, die den Förderstuhl auf- und nieder bewegt, dreht zwei Trommeln von gewaltigen Dimensionen, auf denen sich das Förderseil derart auf- und abwickelt, daß immer das eine Ende des Seiles heraufgeholt wird, während das andere hinuntcrgelasscn wird. An jedem Ende hängt ein Fördcrstuhl. Der Kohlenförderung dient ferner unmittel bar der Pelzer Ventilator, von dem wir wissen, daß er die verbrauchte Luft aus dem Schachte aufsaugt, sowie die Dyna momaschine, die den in der Grube gebrauchten Strom er zeugt. Von diesen Einrichtungen sind zumeist mehrere Typen in der Ausstellung in Modellen vertreten. Hermann Schade. Aus dem Leöen eines Seehetden. Novelle von H. Smidt. «Nachdruck verboten. I.Der Seilerjunge. Es war um das Jahr 1617 im März. Auf den Werften von Älissingen gestaltete sich ein reges Leben. Die hohen Fluitschisfe erhielten einen neuen Farbcnschmuck, ihre Takelage wuchs zusehends in die blaue Luft hinein und von der Gaffel wehte die stolze Flagge der sieben vereinigten Pro vinzen. In den großen Magazinen scharwerkten die Matrosen unter der Aufsicht ihrer Offiziere und rollten die Proviant fässer nach den Böten, während an der andern Seite, die nach der Stadt zuführte, tausend Hände beschäftigt waren, die nötigen Wasservorräte herbeizuschafsen. Auf den großen Reepschlägerbahnen der Gebrüder Lampsin lagen Taue aus geringelt, vom schwersten Ankertau bis zum leichtesten Kabel in solcher Menge, daß eine Flotte zehn Jahre daran genug hatte, und doch wurde überall so fleißig gesponnen, als könne keine Häringsbuise auslaufcn bevor sie hier neue Fangleinen und Angelschnüre gemacht hatten. Der Werkmeister, ein stämmiger, vierschrötiger Kerl, hatte seine Augen überall; er stieß die Seilcrknechte in die Rippen, wenn sie den Faden nach feiner Meinung nicht glatt und fein genug spannen, und ließ ein kurzes Tauende unfanst auf den Rücken der kleinen Seilerjungen niederfallcn, wenn sie das Rad nicht stets im vollen Schwünge drehten. Da kam ein kleines, zusammengedrücktes Männchen mit breitkrämpigem Hut und weiten Schifferhosen daher. Sein Oberkörper war in eine abgetragene Friesjacke geknöpft und in jeder Hand trug er einen Korb mit wohlgepfropften Bier krügen. Er nahte schüchtern dem polternden Werkmeister und fragte leise, ob vielleicht neuer Vorrat nölig sei. Was da, was gibt's? rief dieser und rannte in seinem Eifer den kleinen Bierzapfer beinahe über den Haufen. Aha! seid ihr's Adrian de Ruiter! Euer Bier wird alle Tage schlechter und die Stüber immer rarer. Wenn ihr euch nicht bessert, und der Verdienst bedeutender wird, habt ihr meine Kundschaft am längsten gehabt. Ach, lieber Herr, entgegnete Adrian de Ruiter, und setzte die schweren Körbe auf die Erde, das solltet ihr nicht sagen. Euer Verdienst mag nicht so groß sein, wie ihr ihn wünscht und verdient, aber mein Bier ist gut und es ist nicht wohlgetan, so verächtlich davon zu reden, weil ich dadurch meine Kund schaft verliere, denn was ihr tut, machen die andern nach. Ist ein saures Brod, das Brod eines Bierzapfers, der sich viel muß Herumstoßen lassen und oft das Seinige verliert durch die Bicrprobe und schlechte Zahler. Nun, flennt nur nicht wie ein altes Weib! brummte der Werkmeister, und setzt mir ein Dutzend von den Krügen in mein Schauer; meine Griete wird euch das Geld geben, und euch nicht durch Borgen ruinieren .... Frisch, fort an die Arbeit! Er trieb damit einige Seilerknechte vor sich her, die ebenfalls herbeigekommen waren, um einen Krug Bier zur Erquickung zu erhaschen. Der Bierzapfer bediente seine Kunden mit möglichster Schnelle, und gut gelaunt über die vielfachen unerwarteten Baarzahlungen, griff er nach einem größer» Kruge, reichte ihn dem Werkmeister und sagte flüsternd: Das ist ein absonderlicher Tropfen für Euch; habt die Güte und sagt mir, was macht mein Sohn? Führt er sich gut auf und profitirt er im Gewerke? Hört, Adrian, sagte der Werkmeister rasch, behaltet Euer Bier, ich kann Euch nichts dafür zur Liebe sagen. Euer Michael ist dumm und bleibt dumm, und wird bald aus der Bahn gejagt werden. Was Ihr ihm heute sagt, hat er morgen vergessen; sobald er zur Arbeit geht, ist er schläfrig und träge, gilt es aber, einen dummen Streich zu machen, ist er allemal der Anführer, er und der verdammte Negerjunge Jon Eompannei. Dieses schwarze Ungetüm hat euren Jungen vollends verdorben. Wenn der Michael nächsten Sonnabend fortge jagt wird, könnt ihr einen Bierzapfer aus ihm machen, das ist Alics, wozu der niederträchtige Junge taucht. Herr Werkmeister! sagte Adrian de Ruiter tief gekränkt, dergleichen Worte müßt Ihr nicht sagen. Wir sind arme Leute, wir de Nuiters, vom Großvater her, aber wir sind ehrlich und brav, und es ist nichts Niederträchtiges in uns. Mein Michael ist auch gut und brav und nie hat er etwas Unrechtes getan. Zum Teufel mit eurem Michael! schrie der Werkmeister. Ich dulde ihn nicht länger auf der Bahn! Er oder ich! Der Werkmeister hatte sich in Zorn gesprochen und stieß noch heftigere Drohworte aus, als von der äußersten Rhede her ein Schuß fiel, und ein großer Dreimaster mit breitem Bord unter vollen Marssegeln langsam heransteuerte. Die Seiler knechte steckten die Köpfe zusammen, den neuen Ankömmling beschauend und sich ihre Bemerkungen zuflüsternd. Der Werkmeister aber hatte bei diesem Ereignis all seine Heftigkeit vergessen und rief: Hurrah! Das ist Admiral Jacob Heems- kcrk! Nun gibts Bestellungen und Arbeit vollauf! Nicht zu gedenken der lustigen Geschichten von gesunkenen und ge enterten Schissen, von abgeschossenen Beinen und gespaltenen Köpfen, denn wo der Jacob Heemskerk kommandiert, daß sie hineinschlagen sollen, da wächst fürder kein Gras. Er ist der beste Offizier in der Flotte und fürchtet selbst den Teufel nicht, das habt ihr anno 1607 vor Gibraltar gesehen oder hättet es doch sehen können, wenn ihr Courage genug gehabt hättet, dabei zu sein. Frisch Jungens! dem müssen wir bei seiner Heimkehr ein lautes Hurrah bringen! Die Scilerknechtc folgten seiner Anweisung, und voll Begeisterung für seinen Seeheldcn, unter dessen Befehlen er einst stand, bemerkte er es nicht, daß alle Räder aufhörten sich zu drehen, sondern plauderte gemütlich weiter von türkischen Schebecken, spanischen Gallonen und dem Ruhm der nieder ländischen Flagge. — Unterdessen hatte der Bierzapfer seine Körbe ausgenommen und war unter ein Schauer getreten, wo einer der Radjungen, ein leichtes, behendes Bürschchen von kaum zehn Jahren, mit einem Negerknaben tn Streit geriet. Obgleich dieser Letzte von starkem Wüchse war und ein paar kräftige Fäuste emporstrcckte, während seine Augen wie ein paar Kohlen glühten, zeigte der Junge doch nicht die geringste Furcht, sondern dem Gegner keck entgegentretend, sprach er laut: Sage es noch einmal, verdammter Schwarzer! Sage es nur noch einmal! Was weißt du davon, und was hast du mit den Spaniern und Franzosen zu schaffen, da du doch hier bist und niederländisch Brod frißt? Was! Uns sollen die Spanier unterkriegen? Ich will es nicht, ich leide es nicht! Sieh die großen Fluiten, die draußen liegen, und den großen Dreimaster der dort einsetzt! Sieht mir recht darnach aus, als ob er einen Spanier an Bord kommen ließe.
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