Suche löschen...
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 22.05.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190605223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19060522
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19060522
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-05
- Tag 1906-05-22
-
Monat
1906-05
-
Jahr
1906
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ein, welche Summe sich noch um einiges erhöhen dürfte, da verschiedene auswärtige Vereinsmitglieder in dankenswer ter Weise einen Beitrag in Aussicht gestellt haben. — Schönheide. Als am Sonnabend in der Abend stunde die Frau deS Fleischermeisters Louis Schwotzer sich nach deni oberen Stockwerk begab, um daselbst Geld zu wechseln, mußte sie die unliebsame Entdeckung machen, daß die eiserne Geldkassette verschwunden war. Da dieselbe eine sehr ansehnliche Summe enthielt, wurde sofort die Polizei benachrichtigt. Nach einer genauen Durchsuchung aller Räum lichkeiten fand inan die Kassette auf dem Boden unter Stroh, allerdings leer. Dieselbe war auf der Hinteren Seite an 2 Stellen angebohrt. Bei der weiteren Nachforschung entdeckte man auch noch den Dieb. Als Herr Schwotzer in das Stroh stach, rief eine Stimme: „Fei nel, Louis'. Als Täter ent puppte sich der 21jährige Sticker Kurt Feustel. In seinem Besitz befand sich das Geld, Stemmeisen, Klammern usw. Schon am Vormittag mußte die Stube aufgebrochen werden, weil der Schlüssel entwendet worden war. — Dresden, 10. Mai. Einen Beschluß von weit tragender Bedeutung haben heute die Metallindustri ellender Dresdner Kreishauptmannschaft gefaßt. Sie wollen den Metallarbeitern mit Bewilligung einer 2öprozentigen Er höhung des Lohnes für Ueberstunden entgegenkommen. Ob wohl die Einigungsverhandlungen bezüglich anderer nicht wesentlicher Punkte noch nicht ganz zum Abschluß gelangt sind, wird doch mit Bestimmtheit auf baldige Schlichtung aller Streitigkeiten gerechnet. Jedenfalls ist der drohende Generalausstand, soweit die Dresdner Kreishauptmannschaft in Frage kommt, glücklicherweise bereits heute als abgewendet zu betrachten. Die Wiedereinstellung von Arbeitern ist be reits für die nächste Woche zu erwarten. — Chemnitz, 17. Mai. Jener Geschäftsmann L., der Ende März in dein Inserat einer Zeitung in Chemnitz XXX) Mark öffentlich ausschrieb für den, der ihm ein derartig hohes Einkommen nachzurechnen imstande sei, als er laut Steuer zettel zu den Steuerleistungen herangezogen sei, stand unter der Anklage der Beleidigung der Steuereinschätzungskommis sion vor dem Landgericht. L. wurde der Beleidigung schul dig befunden und zu IM Mk. Strafe verurteilt, weil er mit dem Inserat die Einschätzungs-Kommission verhöhnt und ge- brandmarkt und sie als superklug hingestellt habe. — Schöneck, 17. Mai. Eine eigenartige Wette wurde ani Sonntage in einem hiesigen Gasthaus zum Aus trag gebracht. Zwei junge Kaufleute saßen nach dem Mittagsmahl bei einer Tasse Kaffee, während des Einen „Rcnommierhund", ein stattlicher Bernhardiner, init seinem soliden Gebiß einige Bouillonknochen zerkleinerte und ver schlang. Dadurch kam der Besitzer des Bernhardiners auf den schier unstillbaren Appetit seines vierfüßigen Freundes zu sprechen, was den anderen zu der Bemerkung veranlaßte, er wette mit, daß der Bernhardiner weniger verzehre, als er, der die Wette vorschlagende Kaufmann. Nachdem der erste Gang, zwei Beefsteaks, vertilgt war, (nach einer kritischen Durchsicht der Speisenfolge, die alles das, was ein Hunde magen verschmäht, ausschloß), bestellte der essende Kaufmann „Noch zivei Beefsteaks!" Der Besitzer des Hundes frohlockte im stillen: der Wcttgewinn — 6 Flaschen Berneastler Doktor — war ihm sicher. Auch das zweite Beefsteak verschwand in dem unergründlichen Magen des Bernhardiners: bedächtig kauend verzehrte der Kaufmann das seinige. Dritter Gang': „Ober, bringen Sie zwei Stücke Schwarzbrot, eins für Tyras, eins für mich!" Während der junge Mann sich mit regem Appetit an die Vertilgung der edlen Himmelsgabe machte, beschnupperte Turas wohl das ihm vorgesetzte Brot, hütete sich aber, anzubeißen, schien vielmehr zuversichtlich ein drittes Beefsteak zu erwarten, und zog sich, als es ausblieb, grollend zurück. Inzwischen hatte der schlaue Eßkünstler sein Schwarz brot verzehrt, und mit süßsauerer Miene bezahlte der Be sitzer des „unersättlichen" Hundes die vier Beefsteaks und den verwetteten Wein. Schöneck, 18. Mai. Zwei gepaschte Ochsen wurden am Freitag früh zwischen Marieneu und Saalig von Grcnzbeamten beschlagnahmt und an die Grenzoberkontrolle Adorf abgeliefert. Tie Schmuggler entkamen. — Jetzt beginnt die Zeit der immerwährenden Dämmerung, die schönsten Wochen auf der Höhe des Jahres. Möchte ihnen ein heiterer Himmel leuchten. Die Periode, während deren es bei klarem Himmel selbst über Mitternacht nie ganz dunkel wird und vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang das Licht der Sonne in dämmernden Strahlen um den nördlichen Horizont spielt, endet nach den astronomischen Angaben mit dein 10. Juli. Theater in Eibenstock. Laut Inserat gibt die Direktion Richter am Mittwoch wieder eine Gastvorstellung. Zur Aufführung komnit das gemütvolle oberbayrische Ge sangsstück „Almenrausch und Edelweiß". Wir wünschen der leistungsfähigen Direktion einen besseren Besuch dieser Vorstellung, als ihn die Aufführung von „Hofgunst" in voriger Woche zeitigte. Wie bereits wiederholt erwähnt, verfügt die Direktion über wirklich gutes Personal und desgl. Ausstattung. Letztgenanntes Stück wurde in ganz vorzüglicher Weise wiedergegeben. Das gleiche dürfte wohl auch von dem für Mittwoch ange kündigten erwartet werden. Der Entdecker der „Meueu Wett". Ein Charakterbild Cbristoyh Columbus' anläßlich seines 410. Todestages, '506 — 21. Mai - I9c6. Von I)r. Hector Baum. Nachdruck verbotenI Wohl kaum eiiio zweite Persönlichkeit der gesamten Welt geschichle erstellt sich" einer so großen Volkstümlichkeit, wie der Entdecker Amerikas. Er schuf — wenn inan so sagen darf — die Welt gewissermaßen zum zweiten Riale. Seine Entdeckung ivar eine der größten Revolutionen, die unser Erd ball jemals gesehen. Nicht nur die Wissenschaft, sondern Handel und Wandel wurden in neue, bisher nicht gekannte Bahnen gelenkt. Tas ist Christoph Columbus' großes Ver dienst, dessen 400. Todestag wir heute in Ehrfurcht begehen. Schiller hat den Toten in würdiger Weise besungen in seinem „Kolumbus" überschriebenen Gedicht: Sieure, mutiger Segler! Es mag der Witz dich verhöhnen, Und der Schiffer am Steu'r senken die lässige Hand. Immer, immer nach West! Dort muß die Küste sich zeigen. Liegt sie doch deutlich und liegt schimmernd vor deinem Verstand. Traue dem leitenden Gott und folge dem schweigenden Weltmeer! Wär sie noch nicht sie stieg jetzt au- den Fluten empor. Mit dem Genius steht die Natur in ewigem Bunde: WaS der ein« verspricht, leistet die and're gewiß. Es soll heute nicht unsere Ausgabe sein, den Schwer punkt unserer Zeilen auf die Auffindung des neuen, von Columbus entdeckten Erdteils zu legen. Nicht den kühnen Entdecker wollen wir feiern, dem Gewaltiges gelungen. Unsere Würdigung soll dem Menschen gelten, der in zäher Beharrlichkeit an dem einmal für richtig anerkannten Ziel hing, der sich durch keinerlei mißliche Umstände und Wider wärtigkeiten von seinen Plänen abhalten ließ. Und wahrlich eine entschlossene Männlichkeit muß dem Entdecker der „Neuen Welt" innegcwohnt haben! Christoforo Colombo war ein Genuese. Jene wunder bare Hafenstadt, die im Angelpunkt des von den beiden italienischen Rivicren gebildeten Winkels liegt, darf sich stolz die Geburtsstadt des größten Entdeckers nennen; dort erblickte er im Jahre 1446 das Licht der Welt. Gleich seinem Vater erlernte auch er die Wollweberei, machte aber auch hier und da Seereisen, die ihn nach der Levante, nach Spanien, Frank reich, England, ja sogar nach Island brachten. Mit dreißig Jahren etwa verließ Columbus sein Heimatland und wandte sich nach Portugal, wo er sich vermählte. Jedoch waren alle diese ersten Lebensjahre nicht müßig an Columbus vorübergcgangen. Früh schon beschäftigten ihn Pläne, einen näheren Seeweg, als den bisher gebräuch lichen, nach den sagenhaften Ländern des Morgenlandes auf- zufindcn. Die Reisen Marco Polo's und die Berichte des italienischen Seefahrers Toscanelli bestärkten ihn in seinem Vorhaben. Hierzu kamen noch die legendären Erzählungen von Matrosen, die von einem im fernen Westen liegenden Lande zu berichten wußten, sowie fremde, an der portugisi- schen Küste angeschwennnte Gegenstände, unter denen sich einmal auch zwei einer bis dahin noch unbekannten Rasse angehörende menschliche Leichname gefunden. Columbus rückte mit seinen Plänen heraus. Beim por- tugisischen Hofe hatte er wenig Glück. Nach langen Wider wärtigkeiten, die fast an den hohen Forderungen *) unseres Helden scheiterten, gelang cs ihm, den spanischen Hof für seine Pläne zu gewinnen. Es wurden drei Schiffe ausge rüstet, und nach langen Widerwärtigkeiten gelang es Christoph Columbus, am 12. Oktober 1402 Amerika zu entdecken. Wir überschlagen die an denkwürdigen Daten so reiche Geschichte der einzelnen Entdeckungen durch Columbus, und wenden uns jenem Gewitter zu, das sich gegen ihn seit seiner zweiten Reise am spanischen Königshose zusammengezogen. In einflußreichen Kreisen hatte sich eine immer offener zu Tage tretende Mißgunst gegen seine kostspieligen Unternehm ungen geltend gemacht. So kam es, daß der nach den neuen Kolonien entsandte Francisco de Bovadilla, als er am 20. August 1500 in Sau Domingo landete, sogleich Columbus und seine beiden Brüder in Fesseln legen und nach Spanien absühren ließ. Doch es gelang Columbus, den gefärbten Berichten seiner Widersacher zuvorzukommen und sich auf's neue eines ehrenvollen Empfanges seitens des Königspaares zu sichern. Eine vierte, wenig günstig sich gestaltende Entdeckungs fahrt, ließ den greisen Entdecker als einen Schiffbrüchigen nach Spanien zurückkchren. Man nahm keine Notiz mehr von ihm. Die Königin Isabella war gestorben und ihres Schützlinges schien man gänzlich vergessen zu wollen. Colum bus hatte sich nach Sevilla zurückgezogen, wo er vergebens aus die Wiedereinsetzung in seine Rechte wartete. Nichts von alledem trat ein. Erst als er (1505) sich selbst an den span ischen Hof begab, kam man ihm mit dem Vorschlag, seine ihm zustehenden Gerechtsame gegen in Castilien gelegene Be sitztümer abzutreten. Zuerst wollte sich der greise Mann auf nichts derartiges entlassen. Dann wollte er seine Würden wenigstens für seinen Sohn Diego retten. Allein der spanische Hof war fest in seinen Forderungen. Eine felsenfeste Ueberzeugung an die Richtigkeit seiner Theorien war Christoph Columbus eigen. Dazu kam ein feiner Sinn für Natnrbeobachtungen der mannigfachsten Art. Aber auch seine Charakterschwächen treten stark hervor. Es lag etwas Doppelzüngiges in seinem Wesen, das von Fana tismus, ja von Grausamkeit nicht ganz frei war. Derartige Charaktereigenschaften konnten nicht viele Freunde schaffen, sie mußten notgedrungen zur völligen Isoliertheit führen. So kam cs denn, das; Christoph Columbus enttäuscht und gebrochen an Leib und Seele heute vor 400 Jahren, am 21. Mai 1506, in Valladolid starb. Erst im dortigen Franziscancrkloster beigesetzt, wurden seine Gebeine später nach Sevilla, noch später aus San Domingo in Haiti ge bracht. Als später San Domingo an Frankreich abgetreten wurde, brachte mau die Ueberreste des großen Toten nach Havana. (Auch von betrügerischen Manipulationen mit den Gebeinen des genialen Entdeckers wissen die Historiker zu berichten; doch lohnt es sich wohl kaum, darauf näher ein- zugelen.) Man hat Christoph Columbus an verschiedenen Orten der Erde Denkmäler errichtet: eins derselben steht in seiner Geburtsstadt Genua, eins in Meriko, eins in Cardena (Cuba). Die 1802 gefeierte 400jährige Jubelfeier rief eine reiche schrift stellerische Produktion über den großen Seefahrer wach. Außerdem aber besitzen wir eine stattliche Anzahl von Bio graphien über den Verstorbenen, dessen Leben und Wirken zahlreiche Dichter (u. a. auch Fr. Rückert) poetisch gestaltet haben: die unerschrockene Kühnheit und die Tragik dieses Lebens riesen geradezu zur künstlerischen Behandlung heraus. An den Schluß unserer heutigen Betrachtung wollen wir deshalb auch einige Zeilen aus einem der besten Columbus- Gedichte setzen: „Wohlan denn, es sei noch! doch hebt sich der Strahl Und zeigt nns kein rettendes Land, So siehst Du die Sonne zum letzten Mal, So zittre der strafenden Hand! - Die Sonne sank, der Tag entwich, Des Helden Brust ward schwer; Der Kiel durchrauscbte schauerlich Da- weite, wüste Meer. Die Sterne zogen still herauf; Doch ach, kein Hoffnungsstern! Und von des Schiffes ödem Lauf Blieb Land und Rettung fern. Vom Trost des süßen Schlafs verbannt, Die Brust voll Gram, durchwacht. Nach Westen blickend unverwandt. Der Held die düstre Nacht. „'Nach Westen, o nach Westen hin Beflügle dich mein Kiel! . . ." Zerrissen war jede- geheiligte Band ; Schon sah sich zum schwindelnden Rand Der treffliche Führer gerissen, und — „Land! Land!" — rief eS und donnert eS, „Land!" Ja, — er entrann der Meuterei auf seinen Schiffen! *) Columbus fordert« für den Fall deS Gelingen- seine- Unternehmen-: Erhebung in den Adelstand, Würde eine- atlantischen Admirals, den Zehn ten der Kroneinkünfte au- seinen Entdeckungen, Macht und Titel «ine- Vize- königS, da- Recht, für alle Aemter in den von ihm entdeckten Landesteilen drei Bewerber Vorschlägen zu können, einen Achtelanteil an etwaigen Handels monopolen rc. 150. K hält empfof Das deueu Wi Zurüstung Dora mit glänz, die für sie — Ei oder war e Himmekfl Oberer BI Gc sollte sie ihrem erst junge Mä besetztes K „Du Baronin r nur nicht, Auftreten benehmen dir einen ! Ball schoi Bruder hu Mauerblüi Und I Helle Aufr, Dora sicht eines Zweifel do Und l Zeit so he Dora eine unbeß aus, daß wirst einen Sie st silbergraue Reste einer zu sagen p Dora Lust und 1 Ausdauer. Auch Emmy wa Die d Samtkleid sehen entsc! erwachsenei Auch f gezierte To teil hindert würdig en nächsten Ai „Wir Frau von Nach einer jungen Da leiten mitzi Frau das alles r Theater — nur immer machen. du das 6 hauen! — Ein läng hältnisse." Die! vernünftig eigentlich Gxunde g „Wil lassen?" „Es Kindes in höchst wü „Gut arbeiten." „Ich zu lange - zu und lv „Wei lust hätte, nicht hätst Er fand das Land, von dem er träumte. Freilich war es nicht das von ihm erwartete Ostindien, sondern ein neues Land, das eine Welt für sich werden sollte. Ihm, der dieses Land entdeckte, gelten unsere heutigen Zeilen, die nichts weiter wollen, als dem nunmehr 400 Jahre in kühler Gruft schlummernden Christoph Columbus einen Ehrenkranz dar bringen! Zwei Uaare. Roman von C. Köhler. (ki. Fortsetzung.) „Nun, Emmy ist im stände und heiratet ihn," dachte Dora, die frischen Lippen trotzig aufwersend. Am meisten aber ärgerte es sie doch, daß Emmy eine Nelke aus ihrem Haar löste und die Blume an Bering gab. Und dieser Mensch nahm die Blume und steckte sie ins Knopfloch, als ob sich das von selbst verstände. Es war entschieden eine Taktlosigkeit von beiden Seiten — ja, ganz entschieden! Die Zeit verging rasch; die Tage wurden kälter, kürzer, der Aufenthalt im Freien bot nicht viel Angenehmes mehr und Frau von Rosen langweilte sich sehr, denn die Landrätin war mit ihrer Tochter nach Breslau zurückgekehrt. Fritz war rastlos tätig. Er sah die Seinen kaum öfter als bei den gemeinschaftlichen Mahlzeiten, ihm entging daher Doras verändertes Wesen. Die Baronin hingegen hatte so viel mit sich zu tun, über ihre Kränklichkeit, die Langeweile, die sie empfand, zu klagen, daß ihr keine Zeit für die Tochter blieb. Dora wußte selbst nicht, was ihr fehlte; sie sehnte sich von Hause fort und dachte doch wieder ungern an eine Entfernung vom Rosenhofe. Eines Tages war Fritz bei Tisch ungewöhnlich lebhaft und gesprächig: er hatte einen äußerst vorteilhaften Getreide verkauf abgeschlossen. „Du bist heut so gut gelaunt, Fritz," bemerkte die Baronin; „ach Gott, wer doch auch so 'röhlich sein könnte! Aber meine Nerven spielen mir wieder schlimme Streiche, dazu diese eintönige Lebensweise, man hat ja in dieser Wildnis nicht die geringste Ansprache, kein Vergnügen." Gewöhnt an solche Jammerreden, achtete Fritz deren nicht sonderlich; heut aber meinte er bei sich, der Mama könnte eine kleine Zerstreuung wohl gut tun. Sein Blick glitt über Dora, das Mädchen sah ja ganz bleich und ernst aus. Auch ihr würde eine Veränderung wohl bekommen. „Wißt ihr was?" rief er munter, „wir wollen uns einige gute Lage gönnen. "Nach dem Weihnachtsfest muß ich für einige Zeit nach Breslau. Ihr beide — du, Mama, und Dora, kommt mit. Wir können vierzehn Tage dort bleiben und Tora soll Bälle, Konzerte, Theater besuchen, vorausge setzt natürlich, Mama, dag du mit dieser Einteilung einver standen bist." Die Baronin errötete vor Vergnügen. Dora sagte gar nichts, aber ihre Augen blitzten — sie hätte kein junges Mädchen sein müssen, wenn die Aussicht auf Bälle, Konzerte und Theater ihr nicht Freude bereitet hätte. Fritz von Rosen betrachtete lächelnd die beiden Damen. „Nun, Dora, du sagst ja nichts? Ist dir mein Vorschlag nicht angenehm?" fragte er. „O gewiß, Fritz, ich freue mich sehr," versicherte das junge Mädchen eifrig, aber ihre Stirn umdüsterte sich sofort, als die Baronin sagte: „Vielleicht kehrst du als Braut heim, Kind — das wäre meine höchste Freude — „Ach, die bewußte gute Partie," unterbrach Dora sie bitter. „Mama, vergälle mir meine Freude nicht, sonst bleibe ich wahrhaftig lieber daheim." „Nun, da sehe doch einer das Kind an, murmelte die Baronin; „'mal mußt du doch daran denken zu heiraten!" „Ruhe, Frieden, Frieden, meine Damen!" sagte Fritz halb belustigt, halb geärgert. „Vorläufig denke nur daran, dich zu unterhalten, Dora, und laß dir deine Jugendlust nicht durch unnütze Sorgen verkümmern. Mama, haft du schon an deine Toilette gedacht? Ich werde dir eine bescheidene Summe zur Verfügung stellen, damit müßt Ihr aber auskommen." Die Baronin war sofort Feuer und Flamme für diesen Gedanken. „Ja, ja, daran müssen wir denken!" stimmte sie bei. „Alice, wir wollen heute noch beraten, wie alles am besten und billigsten zu beschaffen ist." Fritz hörte eine Weile geduldig zu, dann stand er auf und ging nach seinem Zimmer. Vor dem alten schweren Schreibtisch aus dunklem Eichenholz, einem Erbstück noch von Großvcuers Zeiten her, blieb er stehen. Nach einer Weile bückte er sich, um ein geheimes Fach aufzuschließen, in einem Papierumschlag lagen darin zwei Tausendtalerscheine -- seine Schuld an die Marchesa Lubiani. Wo mochte sie jetzt weilen? Wie mochte es ihr ergehen. Einem Geizhals gleich hatte er gespart und Taler um Taler zusammcngescharrt. Durch Geduld und festen Willen war es ihm gelungen, und mit einem Ausdruck tiefer Dank barkeit dachte er an die edle Frau zurück. Sie war damals sein rettender Engel — sie hatte ihm die Augen über sein leichtsinniges Treiben geöffnet. Wie lange noch hätte dieses flotte Leben dauern können — dann wäre der Zusammenbruch dagewesen, nicht für ihn allein, für sie alle: für die schwache Mutter, die jugendliche Schwester — wie war er doch so Herz- und gewissenlos gewesen! Fritz von Rosen verschloß wieder sorgfältig das Fach. Binnen wenigen Monaten war er ein ganzer Mann ge worden ; er hatte Freude an der Arbeit, er dachte und urteilte über viele Dinge so ganz anders als früher. Vielleicht konnte er der Frau, deren aufrichtige Beichte diese Veränderung in ihm bewirkt hatte, nie mehr danken, ihr nie mehr sagen, was sie eigentlich an ihm getan, und doch hätte er ihr so gern diese Freude bereitet. Ein leises Pochen an der Tür unterbrach ihn. Frau von Rosen rauschre herein. „Ich störe dich doch nicht, Fritz?" fragte sie liebenswürdig. „Ich habe mit Alice gesprochen. Wenn" — sie drehte die Ringe an ihren schlanken weißen Fingern etwas erregt hin und her — „wenn du mir Geld geben wolltest — es ist doch viel zu besorgen und die Zeit eigentlich sehr kurz; Weih nachten steht vor der Tür und der Ballstaat für ein junges Mädchen — auch brauche ich unbedingt ein neues Seiden kleid Fritz unterbrach sie mit einem herzlichen Lachen. „Du willst das Eisen schmieden, so lange es heiß ist, Mama," rief er, „sei unbesorgt, ich halte mein Versprechen. Morgen sollst
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)