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Zwei Eutm au einem blaue» Moulage. Die ffonst hochosfiziöse Wiener ,Mo»tag«revue' hat am Montag außer der Demission Gladstone'- auch die Demission des Fürsten vi-marck zum Besten gegeben. Hofintriguen sollen dazu Anlaß gegeben haben. Die offiziösen Abendblätter nehmen von der Nachricht überhaupt nicht Notiz, die .Kreuz zeitung' sieht sie für unbegründet an und meint, ein attiver Staat-Minister hab« erklärt, von einer derartigen Absicht de« Eanzlrr« nicht« zu wissen. Daß die Nachricht in Berlin nicht einen Gläubigen gefunden hat, bedarf kaum der Erwähnung. Viel leicht handelt e« sich wieder um einen Wink für irgend welche Kreisel Berlin, 1. Nov. Mittag« 1 Uhr fand heute die feierliche Enthüllung de« Wrangel-Denkmal« am Leipziger Platz statt, welcher der Kaiser, militärische Deputationen, die Spitzen der Eivilbehörden und die Generalität, sowie große Menschenmassen beiwohnten. Der Krieg-Minister hielt eine Ansprache an den Kaiser, worin er den Dank der Armee für da« Denkmal aussprach. Die Hülle de« Denkmal- fiel unter den Klängen de» Hohenfriedberger Marsche». Als der Kaiser den Platz verließ, brachte der Kriegs minister ein dreifaches Hoch auf den Kaiser au», in welche- die ringsum versammelten Menschenmassen enthusiastisch einstimmten. Da- neue Ministerium ist am 31. October in Belgrad wie folgt gebildet worden: Pirotschanac (Präsidium und Justiz), Miatovic (Auswärtige« und Finanzen), Garaschanin (Innere«), Gudovic (Bauten), Leschanin (Krieg) und Makovic (CultuS). Bern, 1. Nov. Nach den bis jetzt vorliegenden, aber noch der Vervollständigung bedürfenden Ab stimmungs-Ergebnissen ist bei der gestrigen Volks abstimmung die Revision der Bundesverfassung mit 247,788 gegen 119,205 Stimmen abgelehnt worden. Aus Paris schreibt man unterm 31. Oct.: Eine Deputation angesehener Katholiken von Marseille ging gestern zum Präfecten, um einen Protest gegen die Märzdecrete zu überreichen. Der Präfect lehnte den Empfang der Deputation ab und erklärte, daß er Alle al« Rebellen betrachte, welche dem Gesetze nicht gehorchten. Der Führer der Deputation wie» die Bezeichnung Rebellen entschieden zurück und erklärte: „Wir protestiren nicht gegen das Gesetz, sondern gegen die Decrete." Die Deputation ließ den Protest im Präfeclen-Bureau zurück; der Präfect schickte denselben jedoch den Unterzeichnern wieder zu. roth wird «au vor Scham, daß auf solch« harin- los« Dtug« so viel Zeit und Geld v«rw«ud«t wird; blau ist drr Duuft, wrlchrr zuwrileu au« diesen Aktenstücken aufsteigt; grün und aelb wird man vor Lerger, wen» man sich in die Lrctüre vertieft und schlkepich doch nicht« gefunden hat. Au« Italien find weitere Nachrichten nicht zu verzeichuen, al« daß am 15. November die Kammern «öffnet werde». Tm Vatikan findet augenblicklich «d» lebhafte« Jntriguenspiel wegen Ernennung de« Nachfolger« für den bisherigen Cardinal-Staats sekretär Nina statt. In Aussicht genommen ist be kanntlich drr bisherige päpstliche Nuntiu« in Wien, Cardinal Jacobint, dessen Candidatur aber in maß- gebend«» Kreisen heftigen Widerspruch erfährt, wo durch denn auch die Neubesetzung de« einflußreichen Posten« verzögert wird. Auch schreibt man dem Papst die Absicht zu, eine Allocution gegen Frank reich halten zu wollen. Damit der Gegensatz nicht fehle, will der alte Garibaldi mit seinem Schwieger sohn Canzio nach Pari« kommen und bei Rochefort Wohnung nehmen. Der Laternenmann läßt bereit« ein Zimmer genau so einrichten, wie dasjenige, welche« der alte Parteigänger in Caprera bewohnt. In Frankreich war dieser Tage drr Minister de« Innern, Herr Constan«, nahe daran, seine Ent lassung zu fordern. Er hatte am 22. v. M. dem Abgesandten de« Deputaten Laisant, welcher in der Cisseh'scheo Angelegenheit eine Volksversammlung be rufen wollte, bemerkt, er erachte diese Versammlung nicht gerade für bedenklich, behalte sich jedoch die radgiltige Entscheidung darüber vor, bis er im Ministerrath die Ansicht seiner College» vernommen habe. Diese waren aber der Mehrzahl nach gegen die Erlaubniß zu dieser Versammlung. Man be hauptet, daß Gambetta, der die Freundschaftsdienste, die ihm Herr Constans als Mitglied de» Minister- rathe« zu erweisen pflege, nicht gern entbehren wolle, den Minister vorzüglich bewogen habe, fein Ent- laffungSgesuch wieder zurückzunehmen. Was die Aufregung betrifft, welche die Ausführung der Decrete gegen die geistlichen Körperschaften hervor ruft, so erweisen sich die Erzählungen der klerikalen Presse al» höchst übertrieben, obgleich die Hetzereien der letzteren an den Orten, wo die Bevölkerung noch nicht recht in das republikanische Regiment eiugelebt ist, unleugbar da« Ihrige thut. — Die französischen Kammern sind auf den 9. November einberufen und der Zusammentritt de« ConflictS- gerichtS ist endgiltig auf den 4. November anbe raumt. Für die englische Regierung lassen es die Zustände in Irland immer mehr als unabweisbare Pflicht erscheinen, energisch einzugreifen, um dem ^Gesetz wieder zum Ansehen zu verhelfen und Leben und Eigenthum der dort unter dem Schutze der englischen kröne lebenden Staatsbürger zu sichern. Wie jetzt ganz bestimmt verlautet, gedenkt das Cabinet dreizehn der hauptsächlichsten Agitatoren, Mr. Parnell an der Spitze, wegen Verschwörung in Anklagezustand zu versetzen. In Dublin cursirte dieser Tage da« Gerücht, die Regierung beab sichtige, den Prozeß gegen die anzuklagenden Agitatoren nach London zu verlegen. Ein solches Vorgehen würde indeß so anti - constitutione!! sein, daß ein Zweifel in die Glaubwürdigkeit de» Gerücht wohl statthaft ist. Die Regierung ist sich allerdings wohl der Schwierigkeit bewußt, von einer irischen Jury die Schuldigsprechung der Angeklagten zu er langen. Selbst wenn e» gelänge, eine Jury au- laut« Großgrundbesitzern zusammenzusetzen, so würden es auch diese doch nicht wagen, ein Ver- dammungSurtheil zu sprechen, weil sie wüßten, daß dann ihre Stunden gezählt wären. In irischen Kreisen ist man deshalb von der Drohung wenig eiugrschüchtert und agitirt ruhig fort. Gladstone hat aber mit den irischen Angelegenheiten den Kopf so voll, daß er von d« orientalischen Frage etwa« abgekommen zu sein scheint. Uebrigen« droht auch von Afghanistan her ein neue» Gewitter. Der Bicekönig von Indien kann weder da» Gerücht wtdnlegen noch bestätigen, wonach in Kabul rin Aufstand ausgebrochen und der Emir ermordet sein soll. Seit dem 21. Oct. habe er weder eine Post »och irgend eine Botschaft au« Kabul erhalten. Diese unbestimmten Aeußerungen lassen ohne Frage Las Schlimmste befürchten. Die orientalische Angelegenheit ist wieder einmal in'« Stocken gerathen und fast scheint r», al« ob sie sich zum Winterschlafe neige. Die Pforte giebt allerdings fortwährend neue Ver sprechungen, au deren Erfüllung sie wahrscheinlich ebeuso wenig denkt, al« früh«. Die Mächte ver halten sich ruhig und ihre Officiösen singen Frieden«- ««der. In diese elnzustimmen wird e« Zeit sein, wenn di« Montenegriner in Dulcigao ringrzogen find. Vorläufig ist e« noch nicht so weit. Sachsen. Se. Majestät der König trifft au» Genua über Verona und München kommend morgen Mittwoch Morgen« mittelst des fahrplanmäßigen Zuge« in Reichenbach i. V. ein und begiebt sich von dort mit Extrazug nach Strehlen, wo die Ankunft bald nach 10 Uhr Vormittags erfolgt. Am 31. Oct. d. I beging da« königl. sächsische Gardereiter-Regiment die Feier seine» 200jährigen Bestehen« durch rin Diner im OffizierScasino. Eine größere Feier, an welcher alsdann auch die Mann schaften theilnehmen, soll, wie verlautet, im nächsten Frühjahre abgehalten werden. q. Umschau in der Lausitz, 1. November. Vor Kurzem wurde in KottbuS (pr. L.) der dortige Arbeiter Hannschke vom heranbrausenden Eisenbahn zuge in dem Augenblick überfahren und sofort ge- tödtet, al« er über die Bahn fahren wollte. — Den 31. Oct. waren e« 200 Jahre, daß Kurfürst Johann Georg lll. das heutige Gardereiter-Regiment errichtete. Von jeher haben in diesem Regiments viele Lausitzer, namentlich Wenden, gedient. — Den 28. wurde in Zittau unter Vorsitz de« Henn Be- zirksschulinspector Professor Michael die Hauptconferenz der Directoren und Lehrer de« dortigen Bezirks abgehalten, wobei u. A. Herr Bürgerschullehrer Pertzsch dort einen sehr eingehenden Vortrag über: „Der deutsche Aufsatz in der Volksschule" hielt. — In Bautzen Unweit der Bürgerschule steht eine Linde, die sich, nach 8 jähriger Beobachtung eine« Corresp. der „8. N." jedes Jahr Ende August zum 2. Male mit neuem Laube schmückt. — In Bautzen wird am RathhauSthurm da« voraussichtliche Wetter de« Tage« jeden Morgen durch rothe Scheiben signalistrt. Hängt 1 Scheibe au«, so ist schlechte«, sind 2 au«- gesteckt, ist veränderliche« und bet 3 gute- Wetter zu «warten. — Herr Schuldirrttor Michael zu Ebersbach, der 1834 dort al« Elementarlehr« in'« Amt trat, tritt Ostern in den wohlverdienten Ruhe stand und wird dessen Stelle, die mit 2250 Mark dotirt ist, «ledigt. In Neustadt b. St. ist dir Trichinose au«- gebrochen. Viele Einwohner liegen darnieder; auch in Sebnitz zeigten sich bei mehreren Familien, welche au« Neustadt bezogene Würstchen genossen hatten, Spuren einer Erkrankung, die auf Trichinös!« schließe» lassen. Kamenz, 28. Ott. Heute vormittag ist die^ ' feierliche Beisetzung der irdischen Hüll« de« bekannt- lich am 1. Ott. auf der Reise von Pau l» Frank» reich nach d« Insel Madeira auf dem Schiffe im- Alter von erst 44 Jahren 10^ Monaten verstorbene» Herrn Reich-grafen Alfred von Stolberg«Stolberg, Majorat-Herr auf Brauns rc„ in der Familiengruft zu Brauna unter sehr zahlreicher Bethriligung vor» Nah und Fern erfolgt. Bon der höheren katholischen Geistlichkeit hatten sich zu dem Begräbniß u. A. die Herren Bischof Bernert, Hofprediger Wahl (welcher bei dem Trauergotte«dienst die Predigt hielt), Stift«- Propst vr. Effekt, Canonicu« Barth eingefunden. Die Stadt Kamenz war dabei durch Deputirte de» Stadtrath«- und de« Stadtverordneten-Collegium«^ die Parochie Kamenz durch Deputirte de« Kirchen vorstandes vertreten. (K. W.) Wie man hört, wird die schon mehrfach ge nannte Bolle'sche Dampfdroschke auch nächsten» in Dresden debutiren und hoffen die Inhaber derselben, sie werde auch dort einen ebenso großen Erfolg, wie in Berlin erzielen. 8 In Dresden wurden 1877 von 19,802 ge schlachteten Schweinen 6, 1878 von 29,833 Schweine» 12 und 1879 von 37,470 Schweinen 13 al« tri chi- nöS erkannt. In Königstein erschien am 28. Oct. in einem dortigen ConfectionSgeschäft ein Herr, angeblich im Auftrage zweier Engländer, welche in „Stadt London" logirten, und verlangte für diese zwei Ueberzieher und drei Paar Beinkleider. Der Geschäftsinhaber war aber so vorsichtig, selbst mitzugehen; die Folge davon war, daß der Jndustrieritter unterwegs ver schwand. Letzterer war aber dreist genug, da» Manöver in einem zweiten Geschäft zu wieder holen. Auch hier ging der Kaufmann mit, al» Beide in die Hausflur de« Hotel« kommen, nimmt, der Schwindler da« Packet mit der Angabe, daß er es den Engländern übergeben wolle, inzwischen möge der Händler ein Gla« Bier in der Restauration trinken. Der Schwindler schlich sich bald danach zum Hause hinaus und erreichte glücklich den Bahnhof und fuhr nach Dresden. Durch Vermittelung de» Telegraphen wurde er in Dresden beim Aussteigen verhaftet. Außer den genannten Kleidungsstücken fand man noch fünf Billardbälle bei ihm. Aus Gram über den dahingeschiedenen Hof schauspieler Dettmer hat sich die 2 l jährige, ehemals an der Dresdner Hofbühne thätig gewesene Schau spielerin Fräulein Louise Lange in Stettin am Abend des 27. Oct. erschossen. Die Leiche derselben wurve am Sonntag Nachmittag gegen 5 Uhr auff dem neuen Kirchhofe in Löbtau, dicht neben Friedrich Dettmer, zur Ruhe bestattet. Die beklagenSwerthe Familie der Verstorbenen lebt in Dre-den. Der Ertrag des am 27. und 28. Oct. auSge- fischten Moritzburger Großteichs ist wider Erwarten bedeutend gewesen und bezifferte sich allein an Karpsen, von denen die größte Menge in 5- und 6-jährigen 5- bis 8-Pfändern bestand, auf rund 200 Centn«. Man fand aber auch darunter wahre Prachtexemplare von Riesenkarpfen; einer derselben wog 10,5 Kilogramm. Unter den Hechten kamen Stücke von 6 bis 8 Kilogramm vor. Im Königreiche Sachsen bestehen zur Zeit 24S fiskalische Chaussee- und Brückengelder - Einnahmen, welche in ihren dienstlichen Beziehungen den Haupt steuerämtern untergeordnet sind. Die Erhebung eine» Chausseegeldes ist bekanntlich schon seit langer Zeit im Landtage Gegenstand der Anfechtung gewesen, da dieselbe mit verhältnißmäßig sehr hohen Kosten ver knüpft ist, welche das Gesammterträgniß aus dem Chausseegelde ungemein schmälern, man hat sich indeß bi« jetzt noch nicht für seine Aushebung entscheiden können, da die Staatsfinanzverwaltung bisher imm« erklärte, die 235,000 Mark, welche da« Chauffeegeld jährlich zur Zeit einbringt, nicht missen zu können, und zum Anderen mag dabei auch die Erwägung, daß mit der Pensionirung einer großen Anzahl von Ehausseegeldeinnehmern die ohnehin bereit« sehr hohe Pensionslast de« Staate« eine weitere beträchtliche Steigerung erfahren würde, mit ausschlaggebend gewesen sein. In der Aula der Paulinerkirche in Leipzig vollzog sich die Doppelfeier de- Reformation-feste« und de» Äectorwechsel«. Au« dem Berichte de» abtretrnden Rector« Magnificu« Prof. vr. Lange war zu entnehmen, daß die Frequenz der Leipzig« Universität am 30. Oct. 3231 inscribtrte Studirrad« betrug. Die neue Jnscription hat 847 Name» ergeben, 133 in der theologischen, 356 in der juristischen, 98 in der medicinifchen und 260 in d« philosophischen Facultät. Von den 847 waren IN. Sachsen, 736 Nichtsachsen. Consistorialrath Domherr vr. tllevl. Luthardt, d« neue Rector Magnificu«, trat sein Amt mit rinn Inauguralrede üb« »die sittliche Würdigung de« Berufe« an.