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retten. Endlich finit da» Wasser immer mehr mA- mehr, die Familie ist gerettet bi» auf den 10 Wochen alten Säugling, der ist in Mutterarmen gestorben. Noch viele solcher SchreckenSscenen ließen sich er zählen, da dir verheerende Fluth überall unerwartet rasch herankam und oft in wenig Sekunden die Zimmer bi» an die Decke füllte. Wie bereit» gemeldet, ist auch da» Dors Schönau a. d. E., da» im Pließnitz-Thale eine Stunde lang sich hinzieht, von der Wasserfluth am 14. Juni auf'» schwerste geschädigt worden. Verstärkt durch die von beiden Seiten von der Höhe in'»- Thal strömenden Gewässer und einmündenven Bäche raffle die daher brausende Fluth alle» mit sich, wa» sich ihren, Weg entgegenstellke. E« ist ein trauriger herzzerreißender Anblick, wenn man jetzt durch da«- Dorf geht: wo vorher Häuser gestanden haben, lieht man jetzt nur noch wenige Trümmer liegen, sehr viele Gebäude, die wohl noch noihdürflig stehen,, müssen geräumt werden, da sie jeden Augenblick drohe» einzufallen, da» Gotteshaus ist innen vollständig: demolirt und mit fußhohem Schlamme bedeckt und aller Orten trifft man auf angeschwemmtes Mobiliar, Geräthschaften u. s. w. Was aber das Elend unserer sogenannten kleinen Leute, von denen viele ihr Hau-- und sonstiges Hab und Gut verloren haben, nocch sehr erhöht, ist die Calamität, daß 2 Tage vorher ein gewaltiges Hagelwetter über die Schönauer Fluren sich entlud und die Erntehoffnung vernichtete.. Dadurch sind auch die Besitzenden selbst zu Cala- mitosen geworden und vermögen in der entsetzliche» Nothlage, in welche das Dorf versetzt worden ist, nur geringe Hilfe zu bieten. Auch das zu unserer Parochie gehörige benachbarte Nieder-KieSdorf hat durch die Überschwemmung, wenn auch nicht in der Weise wie Schönau, schwer gelitten, ist aber durch das Hagelwetter um so schlimmer heimgesucht worden. Am 21. d. M. früh ist ein weiteres Commando des Pionnieröataillons in der Stärke von 1 Unter offizier und 20 Pionnieren nach Oberoderwitz abgegangen. Wegen Beginn der großen Ponronnier- Übungen auf der Elbe bei Harburg werden jetzt diejenigen Pionniere, welche Schiffer sind, von» Commando in der Lausitz zurückgezogen und durch Zimmerleute und andere Handwerker ersetzt. * Kalender und statistisches Jahrbuch für da« Königreich Sachsen nebst Marktver- zeichnissen für Sachsen, Thüringen Und die angrenzen den königl. preußischen Regierungsbezirke auf da»- Jahr 1881, herausgegeben vom statistischen Buream de» königlich sächsischen Ministeriutn des Innern (C. Heinrich'« Verlag in Dresden, Preis 1 Mark)- Wie in früheren Jahrgängen bringt diese amtliche Veröffentlichung zunächst den astronomischen Kalender, bearbeitet von dem Director der Stern warte in Leipzig, Geheimen Hofrath Professor vr- Bruhn«, eine Uebersicht de» Planetensystems, ver vollständigt bis zu den Entdeckungen Ende Februar 1880, sodann die Resultate au» den meteorologischen Beobachtungen im Königreiche Sachsen im Jahre 1879, dazu einen Aussatz über die EigenbeweguM der Fixsterne. Dem vollständigen Marktver zeichnisse folgt al» zweiter Hauptheil da« statistische- Jahrbuch. Unter Redaction des Direktor» de»- königl. sächsischen statistischen Bureau», RegierungS- rath Prof. vr. Böhmert, enthält dasselbe in kurzem Uebersichten alle diejenigen Ziffern, welche nach neuestem Ermittelungen auf Grund umfänglichen Material«- die Zustände Sachsen» darstellen. So zunächst die- Gerichtsbezirke nach ihrer Größe und Bewohnerzahl^ die BrvölkerungSzahlen der Reichstagswahlkreise nach dem Stande vom 1. December 1875; verschiedene. Tabellen zeigen die Bewegung der Bevölkerung im- Jahre 1878. (Geburten, Trauungen, Sterbcfälle)^ Verunglückungen und Selbstmorde 1878 und 1879, sowie di« Ein« und Auswanderung während 1870» bi« 1879. Die folgenden Abschnitte geben au» der: Finanzstatistik unter Anderem: da» Staatsbudget auf 1880/81, die Einkommensteuerabschätzuag 1879 au» derWirthschaftSstatistik: da» Berg« und Hütten-- wesen, di« Kohlen- und Eisenproduction; au« der. Eonsumstatistik: Fleischverbrauch, Brauerei und Brennerei; au» der Verkehrsstatistik: Chaussee-, Eisenbahn-, Post-, Telegraphen- und Schifffahrts wesen, Sparkassen«, Landrenten- und Laudescultur- rentenbauk, Kranken- und Unterstützung-caffen beim- Kohlenbergbau. E» folgt die Brände- und Ber- ficherungsstatistik; di« Beruf«- und Gewerbestatistik (letztere behandelt z. B. Dampfkessel und Dampf maschinen, Mühlen, den Gewerbebetrieb im Umher ziehen)^ die Justizstatistik umfaßt die Iah« 1871. bi« 1877; die Mediclnalstatistik berichtet über de», Krankenbestaud der sächsischen Krankenanstalteu, über: Impfwesen und da» Mrdtclnal- und veterinärärzd' lichr Personal. Ein so reichhaltiger und vielseitiger: Inhalt wird da» Ganze immer mehr al» praktische«, Nachschlagebuch für Behörden, Beamte mch.MchWM al» er bemüht war, seiner Tochter bei Rettung de« Mehr» behilflich zu sein. Da« Auszügler-Ehepaar Gleißenberger ertrank in seinem Auszugsstübchen, nachdem e» den Hausgenossen Hilfe geleistet hatte. Der Weber Hauptmann in Cunnersdorf war im Begriff, die HauSthür zu schließen, al« ihn die Wassermasse erfaßce und sammt einem Theile de» Hause« hinwegspülte. Sein Leichnam ward in Alt- bernSdorf gefunden. Die» sind nur einige dem Referenten genauer bekannt gewordene Verunglückungs fälle. Theils sind die bis jetzt gefundenen Leichname der Verunglückten begraben, einige sind noch nicht zu erlangen gewesen, da sie von dem Wasser zu weit fortgetragen oder vielleicht unter Schutt und Trümmern begraben sind. Die ungeheure Schnelligkeit de« Anwachsen« der Fluthen, un mittelbar nach einer eben erst glücklich und ohne wesentliche Gefahr vorübergegangenen bedeutenden Erhebung des Baches, der Umstand, daß bestimmte Nachrichten über die ankommende Hochfluth entweder nicht vorhanden oder doch nicht genügend bekannt waren, die Sicherheit, in welcher sich die Anwohner der Pließnitz wiegten, deren Hochwässer ja seit undenklicher Zeit Niemandem eine ernste Gefährdung bereitet hatten, sind die vereinten Ursachen der so außerordentlich zahlreichen tödtlichen Verunglückungen. Bernstadt hat 12 Todte, 1 Vermißten; 8 Häuser und 6 Scheunen sind gänzlich vernichtet, 30 bis 40 Häuser dem Einsturz nahe. Cunnersdorf a. d. E. hat 12 Todte; 10 Häuser sind vernichtet, 15 bi« 20 dem Einsturz nahe. Bernsdorf a. d. E. hat 2 Todte; 4 Häuser, 1 Scheune sind vernichtet, 20 Häuser dem Einsturz nahe. Schönau a. d. E. hat 3 Todte, 3 Häuser und 2 Scheunen sind vernichtet. Kiesborf a. d. E. Hal 1 Todten; 3 Häuser sind vernichtet, 20 und einige dem Einsturz nahe. Berzdorf a. d. E.: 1 Scheune ist vernichtet, 3 bis 4 Häuser dem Einsturz nahe. Dittersbach a. d. E.: 9 Brücken und mehrere Holzschuppen sind weggerissen. Ruppersdorf hat 1 Todten; 2 Häuser sind vernichtet, 14 dem Einsturz nahe und 40 beschädigt. Ober- oderwitz hat 8 und Niederoderwitz 5 Todte. Ober- und NiederrennerSdorf haben 16 Todte; 14 Häuser sind vernichtet, 18 dem Einsturz nahe, 12 beschädigt; 6 Schweine, 2 Ziegen, 1 Kuh, 1 Kalbe und 1 Bulle sind in den Fluthen umgekommen. Zittau hat 2 Todte; 9 Verbindungsstraßen, 3 Dorfbrücken, 1 Mühlsteg und eine neue Brücke sind weggerissen. Au« Bernstadt wird unterm 18. d. M. ge meldet: 22 Leichen in 18 Särgen, alle ein Opfer einer schrecklichen Stunde! Kein Wunder, wenn den weiten Grabschacht, welcher sich auf dem hiesigen Gottesacker zu deren Aufnahme öffnete, eine unab sehbare Menge umstand, und viel Klagen und Weinen gehört ward. Zarte Säuglinge, fröhlich aufblühende Kinder, rüstig sorgende Väter und Mütter, Männer und Frauen nahe dem Greisenalter vom Tode un erwartet hingerafft, so zu gleicher Zeit zur letzten Ruhestätte bringen zu sehen, da« ist rin Anblick, der wohl kein Herz ungerührt lassen konnte — eine ge waltige Predigt der Vergänglichkeit und de« Unbe- stände« alles menschlichen Wesen» und Glücke». Der Ortsgristliche, Pastor von Mosch, zeichnete in schlichten, aber markigen Zügen ein Bild der Un glücksstunde. Wir lassen noch eine vom „Pirn. Anz." erzählte Episode folgen, welche zu der durch die Wasserfluthen hereingebrochenen Noth eine drastische Illustration liefert. Tragisch war da» Schicksal einer Frau in Cunnersdorf, die mit 5 Kindern (da« älteste 11 Jahr, da» jüngste 10 Wochen) allein in einer Parterrestube verblieben. Such diese Familie wurde überrascht von der Gewalt de» Elemente», sie konnte das Zimmer nicht mehr verlassen. Aengstlich klammerten sich die Kleinen an die Mutter an; da» jüngste Kind trägt die Mutter in der Schürze. Da« Wasser steigt immer mehr, die Mutter muß aufrecht stehen, während die Kleinen am Halse sich krampfhaft fest halten. Doch immer noch steigt da« Wasser, kaum ist ein Stuhl hinlänglicher Schutz — die geängstete Frau springt auf da« Fensterbret. Mit der Hand erfaßt sie einen Drath, an dem die Lampe aufgehängt wird. Heiße und inbrünstige Gebete murmelt die ärmste Frau, ab und zu die jammernden Kinderchen tröstend. Doch immer und immer noch steigt die Fluth, e» wird dunkel, denn die Fensteröffnungen sind überfluthet, nur noch etwa 2 Spannen hoch sind Raum in der Stube. Die Luft wird schwerer — da ein Krach! — „Kinder betet! Jetzt kommt der Tod!" Doch wa« ist da»? Die Zwischenwände find durchbrochen, eia Hoffnungsstrahl winkt — da« Wasser sinkt, nachdem r» einen Au«w«g gefunden. Doch noch ist der Schrecken nicht zu End«. Die Mutter zerstößt, um da« Fallen de» Wasser» zu be schleunigen, da« Fenster entzwei ; jetzt fällt zwar da» Wasser, gleichzeitig wird ein Kind hiaweggertflea. Zum Glück kann die schwergeprüfte Mutter den blonden Krau«kopf «och cu» seine« Locken fassen und KUchlea. Go wird au» dem Pkteßnitzthale ge- ^wlrldet, daß r» unmöglich fei, in Worten die Ber- Wüstungen zu beschreiben, durch welche die kochenden i Wirbel der anstürmenden gelbbraunen Wassermenge Ihre Bahn auf lange hinaus kenntlich gemacht haben. Am Entsetzlichsten find die Wirkungen de» »atfesseltrn Elemente» unbedingt in Cunnersdorf a. d. Eigen, wo nicht nur, wie auch sonst in den be- Acoffenea Ortschaften, Häuser und Brücken, sondern selbst au» mächtigen Granitblöcken erbaute Wehre, Ufermauern und Straßcnbetten der Fluth keinen Widerstand mehr zu bieten vermochten und an einigen Stellen ein wahre» Steinmeer gebildet ward. Die gesammte Physiognomie de» CunnerSdorfer Thal«« ist au« dem Lieblichen in» Gräßliche verändert. An einigen Stellen ist die frühere Situation der Häuser nur schwer festzustellen, so daß mit Recht selbst Eingeborene des Orte» verzweifelt auSrufen: Ach, man findet sich nicht mehr in unserem Dorfe zurecht. Einzelne Häuser sind vollständig vom Erd boden verschwunden, andere zur Hälfte oder übereck weggerissen, noch andere zu einem unförmlichen Trümmerhaufen in sich zusammengebrochen; von einem Hause ist der Unterbau ein Stück wegge schwemmt, da« Dach aber am Standorte des Hause« fast unversehrt zur Erde niedergesunken: Ein Beweis von der ost momentanen Wirkung de« gewaltigen Anprall«. Ein in den Grundzügen gleiche«, in den Einzelheiten aber unendlich abwechselnde« Bild bietet sich dem entsetzten Auge in allen betroffenen Ort schaften. In Bernstadt wurde eine Scheune von den da» Kirchwehr seitlich abströmenden Fluthen au« ber Reihe der übrigen herausgerissen, 5 auf dem rechten Pließnitzufer gelegene Häuser sind vollständig verschwunden, da« stattliche, auf gleichem Ufer gelegene 1740 erbaute Mangeleigebäude, jetzt Heioig« Färberei, au dem sich noch ein Merkmal der bisher denkbar höchsten Pließnitzfluth von 1804, etwa 2j Elle unter dem Niveau der jetzigen Fluthhöhe befand, ist arg beschädigt und der Grund desselben bis tief hinab bloßgelegt. Das in der Nähe der dem Kloster Marien st ern gehörigen Oberförsterei gelegene massiv aus Ziegeln erbaute Haus de« pensionirten Steueraufseher« Rothman» wurde nebst drei benach barten Häusern vom Wogenprall erfaßt und sammt seinen augenblicklichen Insassen, dem genannten Hausherrn, dessen Ehefrau und Stiefsohne, sowie vem au« der Stadt zur Rettung herbeigeeilten Schwiegersöhne hinweggespült. Dem schon bejahrten Herrn Rythmann gelang e«, nachdem er über da« schäumende Wehr und eine demolirt« Brücke hinweg- Ätrieben worden war, einen am Ufer feststehenden Stamm zu erlangen und sich in fast unmöglich scheinender Weis« zu retten. Ein Gleiche« war schon schneller dem Schwiegersöhne gelungen, während die Ehefrau und der Stiefsohn de« Herrn Rothman» in den Wogen untergingen. Da« erwähnte große und ganz massiv erbaute Oberförstereigebäude konnte vur mit Noth dem Druck« de« Wassers und der «»schwimmenden Bäume und HauStheile widerstehen. Der Grund ward an der Vorderseite unterwühlt und einzelne Werkstücke aus derselben gerissen. Der angrenzende wohlgepflegte Garten ist in rin Trümmer feld verwandelt. Au« einem der benachbarten zu gleicher Zeit zerstörten Häuser ertrank die Ehefrau be« Tischlermeisters Lorenz nebst ihrer etwa lljähr. Tochter. In der ehemaligen Micharlsen'schen Fabrik wurde rin mit Beaufsichtigung und Avwartung der Ptillstehendrn Maschinen beschäftigter Arbeiter von ber Fluth überrascht und rettete sich auf einen im Fabrikhofe stehenden Baum. Vergeben» versuchte der benachbarte Herr Pastor v. Mosch den in augen scheinlicher Gefahr Schwebenden zu retten, indem er sich an ein Seil binden ließ und dann muthvoll die Wirbel zu durchschwimmen versuchte. Er vermochte aber deren Gewalt nicht zu Übeiwinden und mußte zurückgezogen werden. Doch gelang e« bald danach Mittelst zusammengeschobener Leitern, dem von der Fluch umbrausten Manne einen Rettung«weg zu biete«. Am Ostende der Görlitzer Gasse, die etwa bi» zur Hälfte vom Wasser heimgesucht war, ertrank ii« der Unterstube eine« Hause« eine Frau mit zwei eigenen Kindern und dem 11jährigen Sohne de« HäuSbesitzrr». Der verheirathete Handschuhfabrikant Günther verließ sein auf derselben Gaffe etwa» höher gelegene» Hau«, wahrscheinlich um Beran« Faltungen zur Rettung seiner umfänglichen und werthvollen Waarenvorräthe zu treffen, wurde aber »o« der au« einer Seitenstraße andringrnden Strömung erfaßt und unwiderstehlich hinweggerifleo, bhru von seiner Schwimmfähigkeit Gebrauch machen za können. Sein Leichnam ist noch nicht gefunden. Der Tuchmachermeister August Neitsch wurde in seinem am Graben gelegenen Hause von dem eiv- briaaeuden Wasser überrascht, al» er seine Tuch- vorräthe iw oberen Stockwerke, bergen wollte, und ward ia der Wohnstube todt aus-rfundeu. Ja Daa»er«dors ertrank der Gartenbesitzer Starrdke,