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London moralisch hinau-zuwerfen. Die Rode, welche D'Donnel im englischen Unterhause gegen den französischen Botschafter am englischen Hofe hielt, »war da» Stärkste, welch«» in dieser Beziehung je Hagewesen. Die österreichischen Provinziallandtage bringen wunderliche Ding« zum Vorschein. In Tirol, wo mit Genehmigung der Regierung zwei Protestantische Gemeinden sich gegründet, verlangt der Landtag die Wiederherstellung der Glaubens einheit mit der landesverrälherischen Drohung: nur so lange die» Volk nicht erlahme durch die Hoffnungs losigkeit, die letzte Veste der Glaubenseinheit zerstört und Tirol zu einem paritätischen Lande erniedrigt zu sehen, werde e» eine unerschütterliche Grenzmarke zum Schutze des Reiche» bilden. — Im steierischen Landtage haben di« Feudal-Klrrikalen eine Art Jnter- Pretakionögesetz zum Reichs-Volksschulgesetz eingebracht, wonach dem tz 21 desselben, welcher die achtjährige Schulpflicht vorschreibt, auch durch sechsjährige Schulpflicht und Wiederholungs-Unterricht in den Sonntagsschulen entsprochen» werden könne. Dieser Versuch, das Reichsvolksschülgesetz durch LandtagS- beschlüsse zu umgehen, ist äußerst charakteristisch für die Tactik der Feudalen, die nicht bloS darin besteht, die Alpenbevölkerung in der frommen Unwissenheit »zu erhalten, sondern zugleich auch Bresche in die Reichsgewalt zu schießen. Die Regierung der französischen Republik ist auf der schiefen Ebene schon bei der vollen Amnestie -für die Communard« angelangt. Gambetta ist für dieselbe eingetreten und die gesammte republikanische Presse unterstützt die weitgehende Lösung der Frage, wie sie der einflußreiche Kammerpräsident vorschlägt. Allerdings reservirt Präsident Grevy sich noch seine Entscheidung, allerdings ist der Senat noch in voller Gegnerschaft und das gesammte Ministerium ziert sich noch, ehe es nachgiebt, aber von einem ernstlichen Widerstreben, selbst nur von einer längeren Ver tagung der vollen Amnestie dürfte kaum noch die Rede sein. Und dabei sind die Hetzereien der ratikalen "Presse heftiger denn je; am Jahrestag der Bewäl tigung der Commune wurde offen ein revolutionärer Putsch versucht; Rochefort ist wieder der Held des Tages und der alte Verschwörer Blanqui ist durch »seine Niederlage in Lyon nicht bekehrt. Trotz alle rem wird die Amnestie kommen, und man kann nur hoffen, daß die Republik nicht ihre Kraft erschöpft, wenn sie die alten Umsturzelrmente wieder nach der -Heimath ruft. In England scheint man nicht allzugroße Hoffnungen auf die Erfolge der Gladstone'schen Politik in der Türkei zu setzen; wenigstens war die Rede Granville'» bei dem Festessen der Londoner Fischhändler-Gilde sehr zurückhaltend. Er nahm e« schon als einen Erfolg der Regierung in Anspruch, wenn der Friede erhalten bleibt, und in dieser Be ziehung stützte er sich auf das Zeugniß des deutschen Botschafters in London, Grafen Münster, welcher Meint, daß die Anzeichen bezüglich de« europäischen EoncertS im gegenwärtigen Augenblicke äußerst günstig find. — Gladstone hat weder durch den Antrag, einem Gegner da» Wort zu entziehen, also die be rühmte englische parlamentarische Redefreiheit zu be schränken, noch durch sein Budget, da» nicht seinen früheren Glanzleistungen entsprach, die Zahl seiner Freunde sonderlich enthusiaSmirt. Der Pforte ist die itentische Note der Groß mächte überreicht; auch die Berliner Conferenz dürfte energisch auftreten, so daß der Sultan wohl Zur Einsicht kommen wird, es sei am besten, den Berliner Vertrag rasch und ehrlich vollständig durch- zuführen. In Rumänien wägt man sich mit der Hoff- «ung, die Berliner Conferenz werde sich mit der Lage der verschiedenen Nationalitäten Makedonien», «nter welchen sich fast eine Million Rumänen be endet, al» einer mit der griechischen Grenzregulirung im Zusammenhänge stehenden Frage beschäftigen. Da die Conferenz nur zur Berathung der griechischen Frage zusammrngetreten ist, so dürfte sich diese -Hoffnung nicht erfüllen. 3n dkv Bereinigten Staaten gilt die Mahl Granfield» zum Präsidenten al» gesichert. Der Sieg der Chilenen über Peru läßt hoffen, Haß in Südamerika bald der Friede zu Stande -kommt. —— Wie nu» Cm» gemeldet wird, hat Se. Maj. der ffaiser am 20. Juni früh im besten Wohlsein sein« Brunnenkur begonnen. Später unternahm Se. Maj. -«inen Spaziergang. Sn Berlin findet am 22. eine Sitzung der ^Conferenz-Delegirten, am Mittwoch eia« Sitzung der -Eovfrrenz-Bevollmächtigten statt. Die Frage der ^Entsendung einer Local-Commission an Ort und StAle «egen der Sreuztracirung, welch« die Zeitungen WtWdina» Dieder vielfach veatiltrrn, kann nach der , MWlM noch nicht zur Verhandlung stehen. E» führt« da« Musikchor de« rothen Husarrn-RegiMWW au» Rathenow Concert au« und im neuen großW Concertgarteu ließen drei verschiedene GesangchßßP. der Militärverriae ihre Weisen ertönen. Am Juni ordnete sich der große Zug der weit uud brM herbeigekommenen Militärvereine auf dem Antons platze, um auf dem Feldschlößchen da« Fest dW Fahnenweihe zu begehen. Zahlreiche Vereine mit mehreren Tausend in Dressen anwesenden Mit gliedern marschlrten nach 2 Uhr von genannten« 1 Sammelplätze ab. Boran, unter Leitung de« Musik- > director» Trenkler, da« volle Musikchor de« II. Garda»- Grenadier-Regiments, den Kaisermarsch spielend, hinter diesem kamen Festjungfrauen in weißen Kleider». Dann die Militärvereine au» Metz, der deutsche Kriegeroerein mit einem Schützenzug in Ober- und Untergewehr (die Ehrencompagnie der zu weihend«»' Fahne), die Sängerchöre der Dresdner Militärvereiue, der Beteraneuverein, die Vereine au» Titsche», Reichenberg und HainSbach in Böhmen. Unter An führung eine» zweiten, böhmischen, Musikchore» marschlrten 9 Berliner Vereine, dann u. A. diejenigen au» Stolpen, Chemnitz, Pristewitz, Dahlen, Kamenz, Kötzschenbroda, Pirna, Burgstädt, Laubegast. Hinter dem nun folgenden Pionnier-Musikchor Vereine au» Bautzen, Meißen, Reichenberg, Nossen, Loschvitzz Löbau, Leipzig, Großenhain, Elstra, Pulsnitz, Röhr»- dorf, Lockwitz, Chemnitz, Blasewitz, Wilsdruff, Frankenberg, Rabenau, Tharandt, Reichenbach, Calles berg, Langebrück, Cölln a. d. Elbe, Cossebaude «. A. m. Ein viertes ebenfalls sehr zahlreiche» Knaben- Musikchor (?) führte Vereine au» Mickten uaw Umgegend, Radeburg, Taucha, Kreischa, Meißen, Burgstädt, Leipzig und Umgegend, Annaberg, Scheibenberg, Buchholz, Moritzburg, Leisnig, Reud nitz, Lindenau, Stolpen, Arnsdorf. Da- fünfte Musikchor, de» Dresdner Schützenregimeut«, ging dem Dresdner Militär-Verein I, den Holsteiner» und der Kameradschaft voran, da« sechste, ein Civil» Musikchor, den Dresdner Vereinen Jäger unv Schützen, den beiden Saxonia'-, den Invaliden. Da- siebente Musikchor endlich gehörte zum Dresdner Vereine Germania; eine Abteilung de« Deutsch« Kriegerverein- machte den Schluß. Der Zug be wegte sich durch die von dichter Menschenmenge ein gefaßten Straßen über den Postplatz, Altmarkt, durch die Waisenhaus- und Plauensche Straße nach de« Festplatze. Auf demselben erschienen um H4 Uhr, durch tausendstimmige Hochs begrüßt, die känigl. Majestäten in Begleitung vieler hochgestellter MilitaW" und der Ersten der Refidenzverwaltunz. Herr Archidiaconus vr. Frommholt hielt die Weihrede für die neue prächtige Fahne, in deren Schaft S«, Majestät der König einen goldenen Nagel eintrich und an deren Spitze Ihre Majestät die Königin eine Schleife befestigte. — Der Bierconsum auf de« Feldschlößchen war während der ersten beiden Fest tage ein ungewöhnlich starker, wie dies bei der Bor trefflichkeit des Stoffes, dem kolossalen Besuche uud bei der Hitze, die namentlich an diesen Tagen herrschte, nicht gerade zu verwundern ist. Au» dem Riesen faß, welche- von der 1875er Dresdner Ausstellung stammt, sind 30 Hektoliter verzapft worden, uud am Sonnabend während des Kellerfeste«, sowie «r den 19 Vierau-gaben, welche am Montag hergestellt waren, sind nahe au 370 Hektoliter verzapft worden. Alles in Allem wären die» etwa 80,000 Sla». Nicht unerwähnt mag auch bleiben, daß Se. Maß. der König einen ihm kredenzten Pocal Lagerbier huldvoll eutgrgennahm. D Umschau in der Lausitz, 20 JunL In der Lausitzer WafferSuoth sind in 2 Städte» und 10 selbstständigen Gemeinden 63 Personen ums» Leben gekommen, eine wird noch vermißt. — Aste 10. d. M. hat auch in der Gegend von W.ißknl« (pr. L.) ein furchtbare» Gewitter getobt und Schloße» viel Schaden angerichtet. — Zu Sabrov (pr 8^ sind die Gebäude de» NahrungSbefltzer« BritschG abgebrannt. — Zn Röschen bei Bautzen ist der 14- jährlge Israel au» Pielitz bei Postwitz vom Gtbäffik auf'» Tenne gefallen und so beschädigt worden, daß er kurze Zeit darauf im Slterlichen Hause gestorbt» — Den 13. d. ist zu Pielitz da» h jährige Töchter lein de« Häusler« Winkler in einen Brunnen -v» fallen und von Anna Birk« todt hrrauSgrzoge» worden. Glücklicherweise wurde e< dach tiatzwe Zeit wieder in'« Lebe« gebracht. Aitf die NrvM schwemmten hat di« Expck>itioa de« Kreisblatte« M Bautzen bi» dm 18. d. 1549 M.25Pf. gesamnwL Dabei warm Beiträge von 50» 100 und -Oy M (vernd-Bautzm, Hermaan-Weivlitz and »erriniM «autzner Papierfabrik») Di« Wolkenbrüche in der Ober!»»ttD handelt sich vorläufig um Feststellung der Grenzlinie. schlößchen-Ctabliffemmt«, in dem sich überhaupt« Nach deren Aixirung wird erörtert, wie die Türkei uach Tausend« zählende Menschenmenge^ beW und Griechenland von dem Conferenzbeschluß zu - """" - " verständigen seien, womit auch die Frage der Ent sendung der Local-Commission zusammenhängt. Wie man aus Pari« unterm 21. d. schreibt, beschloß heute der Senat mit 140 gegen 119 Stimmen die Dringlichkeit der Berathung de» An trag« auf Aufhebung de- Feldprediger-Jnstitut», trat sodann sofort in die Berathung de- Anträge- ein und beschloß die Specialberathung der einzelnen Ar tikel für morgen. — (Deputirtenkammer.) ! Berathung der Amnestie-Vorlage. Gambetta wie« nach, daß die Gewährung der Amnestie keineswegs > eine Politik der Schwäche darstelle, sondern die Politik der Concentrirung sei; man müsse die Amnestie so lange al» möglich vor den Neuwahlen gewähren, damit die der Republik feindlichen Parteien au» ihr keinen Nutzen zögen; man müsse eineu Grabsteiu auf die Verbrechen der Commune setzen und Allen zurufen: „Sin einzige» Frankreich, eine einzige Republik!" Ein Amendement de» Deputaten Barths, die Verbrechen gegen da» gemeine Recht von der Amnestie auszuschließen, wurde abgelehnt und darauf die Amnestie-Vorlage mit 333 gegen 140 Stimmen angenommen. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Rede Gambetta'« in allen Communen Frankreichs öffentlich anzuschlagen. Die Amnestievorlage erstreckt sich, wie man der „N. Z." au» Paris vom 19. Juni meldet, aus nahmslos auf alle Mörder und Mordbrenner. Die Vorlesung der Motivirung der Vorlage in der Kammer durch Freycinet wurde durch mindesten- 300 Mitglieder de» Linken lebhaft beklatscht, etwa 50 Mitglieder wollen in einer Collectiv-Erklärung ihre ablehnende Haltung motiviren. Sachsen. Wie verlautet, sind die Dispositionen zu der von Sr. Majestät dem König im Juli projectirten Ge- birgSreise folgendermaßen getroffen: Am 5. Juli von Meerane über Glauchau durch den Mülsener Grund nach Zwickau; am 6. Juli mit Eisenbahn nach Wiesenburg, Hartenstein, Stollberg, Hohneck, Lößnitz, Niederpfannenstiel, Aue; am 7. Juli nach Auerhammer, Bockau, Schönheider Hammer, Schöneck, Klingenthal, Markneukirchen, Elster; am 8. Juli nach WilschhauS, Karlsfeld, Wildenthal, Eibenstock, Auersberg, Johann georgenstadt; am 9. Juli nach Breitenhof, AntonS- thal, Erla, Schwarzenberg, Fürstenberg, Grünhain, Bernbacher Höhe, zurück nach Schwarzenberg; am 10. Juli nach Raschau, Pohlau, Rittersgrün, Teller häuser, Fichtelberg, Oberwiesenthal, Cranzahl, Chemnitz; am 11. Juli Besichtigung von Chemnitz und Rückfahrt nach Dresden. Se. Majestät der König hat allergnädigst geruht, 3000 M. und Ihre Majestät die Königin 2000 M. für die Wassercalamitosea der Oberlausitz an die Expedition des „Dr. I." auszahlen zu lassen. Im Auftrage Sr. Maj. ve» König« überreichte Herr Kreishauptmann von Beust am 20. d. Herrn Amtshauptmann von Thielau in Löbau da» Ritterkreuz I. Classe vom Verdienstorden. Da» ersprießliche Wirken de» Herrn Amtshaupt« mann von Ehreostein für den ihm unterstellten Be zirk Pirna hat auch an allerhöchster Stelle ehrende Anerkennung gefunden. Wie der Pirnaer Anzeiger vernimmt, traf am Freitag Se. Excellenz der Herr Staatsminister von Nostitz-Wallwitz in Pirna ein, um im Auftrage Sr. Maj. de« König» dem Ge nannten da» Ritterkreuz des Verdienstorden» zu überreichen. Bischofswerda, 22. Juni. Die vom Stadt rath allhier in hiesiger Stadt zu Gunsten der durch die Wolkenbrüche Beschädigten in der Oberlausitz veranstaltete Haussammluog nimmt einen höchst er freulichen Fortgang und ist gegründete Hoffnung vorhanden, daß ein Betrag von ungefähr Eintausend Mark an da- Hilfscomitv wird abgesendrt werden können. Allgemein ist die Theilnahme bei der hiesigen Einwohnerschaft an dem traurigen Geschicke, welche- einen großen Theil der Oberlausttz betroffen hat, und selbst die ärmsten Leute tragen gern «in« reichliche Gabe dazu bei, um die Noth der armen Wassercalamitosen mildern zu helfen. Am 19. d. Abend- fand, gewiffermaßrn al« Vor feier de» Fahnenweihfeste« de« deutschen Krieger verein«, eia von Brauereiverwaltung und Restaurateur veranstaltete» Krllerfest auf dem Feldschlvßchru in Dresden statt. Die weiten, gegmwärttg nicht belegten KellereiabtheUungm, welche sich unter de« 0- und bl-Flügeln de» Brauhof«, theil» doppelt, theil» dreifach neben einander liegend, -iazirhrn, waren, reichlich «st Nadrlholzretßig decorirt, dem Publik«« «öffnet. Kalte Büffet» und BirrauSgaben spendeten Speise uud T«mk, da» Musikchor de» ersten Sarde^ßrenadier-Rrgiment« Nr. 100 coacertirte in der Unterwelt. I« alte» Gart« de» Feld-