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Hie besitzende« Classen haben wiederum an Besitz Glicht zugeoommen, der vesitz har sich vielmehr mit Her Zeit bedeutend vertheilt. Was man auch über den Reichthum mancher Emporkömmlinge von heute ^agen mag, es erreicht derselbe doch lange nicht di« Höhe des Besitze«, der sich früher, wenn man den -damaligen Geldwerth in Vergleich zieht, in der Hand eine« einzelnen Grundherrn, eine« Kloster«, '«iue« Landesfürsten zu vereinigen pflegte. Und aller Prunk unserer heutigen Parvenü« erreicht noch lange -nicht den Gipfel, welcher damals die Verschwendung den Höfen und den Sitzen der ihnen nach ahmenden kleinen Grundherren erreicht hatten. Wenn also weder nach oben hin noch nach unten -hin eine Veränderung zum Schlechten eivgetreten äst, wie sollte da dir Kluft größer geworden sein? -Reich und Arm gehen nicht weiter auseinander wie «sonst, im Gegentheil; wie wäre e« da möglich, daß «S schwieriger sein sollte, über diese Kluft hinweg« zukommen? Da« Capital ist beweglicher geworden «l« sonst, wie sollte man da nicht mehr Chancen Haben, «inen Theil davon zu erlangen, al« früher, La e« unbeweglich und unnahbar festlag? Freilich giebt e« noch immer sonderbare Schwärmer, -welche die Menscheit mit reinen Utopien beglücken Möchten. So hat der Hamburger BolkSwirth Hall mann ein neue» Gesetz — da« sogenannte Existenz« Gesetz — erfunden, welche« wünscht, daß alle Nationen, mm die Ueberproduction zu beseitigen, einmal drei Lahre garnicht arbeiten, eine Ruhepause abhalten, .in welcher nach Hallmanns Vorschläge eine neue Lertheilung der Güter sich vollziehen soll. Da» Existenzgesetz fordert also zuerst die Beschränkung Der Production, ferner ein Verbot der ungezügelten Ausbeutung der Dampfkraft und im Gefolge die Verminderung der großen Vermögen, da« Recht auf Arbeit, den allgemeinen mittleren Wohlstand, oder wie Hallmann mit einem Schlagwort sagt: da« Materielle Gleichgewicht der Gesellschaft. Außer Lem neuen national-öconomischen Gesetz wird auch «in neue« Recht proclamirt: da« Recht der mensch lichen Hand! Wer will da« große Völkerrecht der Hand in Abrede stellen? ruft er den alten Volks« wirthen zu und den Arbeitern sagt er: „Denkt an Hie entwertheten Hände, denn die Arbeit gehört Euch und nicht den Raubkräften, welche wie wilde Thier« --einander vernichten!' Diese Raubkräfte sind di« -Dampfmaschinen, deren Segen Hallmann bestreitet; er behauptet, daß die Fabriken sich gegenseitig ruiniren, so daß schließlich auch die Reichen arm werden müssen, während der Mißbrauch der Dampf kraft schon jetzt ein zahlreiche« Proletariat und unab sehbare« Elend erzeugt hat. Es tritt hier nur in -anderer Form der alte Unverstand zu Tage, welcher schon vor Jahrhunderten und leider bi» in die -neueste Zeit bethörte Arbeiter die Maschinen als ihre Feinde zerstören ließ. Ganz ohne bittern Beige schmack ist daö neue Glückseligkeitssystem nicht, denn ^«S soll gerecht sein und die Besitzenden entschädigen. Dazu würde eine große Steuer, die Existenzsteuer, nothwendig sein, die der Hamburger Prophet als LwangSanleihe oder durch ungedecktes Papiergeld -aufbringen will; auch fließe, meint er, da« Geld ja Allen zu und die Geldvermehrung würde eine große -Geldverbreitung zur Folge haben. Diese Logik ist ^ebenbürtig der Anschauung de« seligen Feldmarschall -Steinmetz, daß nämlich je mehr Geld für da« Militär ausgegeben werde, auch desto reicherer Segen -auf die Garnisonsorte herabströme. Die Ideen, be sonder» sein Kampf gegen die '„Geldcolosse, welche .-sich gleich Eisbergen nicht mehr von der Nächsten- - liebe schmelzen lassen,' sind übrigen» socialistisch an gehaucht und gefährlich, besonders, da sie in einem -religiösen Gewände auftreten. Es ist frivol, die Menschheit auf eine dreijährige Bummelzeit zu ver weisen und die Resultate der Arbeit als schädlich -für den Wohlstand hinzustellen, da damit die Faul heit al» wohlthätig gefeiert wird. Nicht durch Zer störung der Arbeit und de» Handel», nicht durch ein .Zurückschrauben der Cultur, nicht durch Zer trümmerung der Maschinen wird der Menschheit -geholfen, sonvern durch Fleiß und Sparsamkeit. Da» Existenzgesetz, da» Recht der Hand — e» sind «ur Utopien, trügerische und kulturfeindliche Schwärmereien, — die zähe treue Arbeit bleibt ,de» Blute« Balsam und der Tugend Quell!' Sachsen. Am DIrn-tag Nachmittag begab sich Se. Maj. der König mittelst Extrazug nach den von den Wolkenbrüchen heimgesuchten Ortschaften der Ober lausitz und kehrte am Mittwoch Nachmittag nach Pillnitz zurück. Bischofswerda, 17. Juni. Ein großer Theil der Oberlausitz ist . am Montag von einer schrecklichen Wassersnot- heimgesucht worden, da« ^-A«Wk ist grrnzealo« und läßt sich bei Weitem noch WUMOW l Häuser sind von den Wellen hin- gerissen worden, vielen andern droht noch immer der Einsturz, leider hat da« Element auch Menschen leben in großer Zahl gefordert. Hunderte sind ihrer Habe beraubt, und obschon abermals Hunderte grthan, wa« in ihren Kräften steht, und sogar ihr Leben helvea- müthig gewagt haben, um Hilfe zu bringen, so müssen doch Tausende helfen, wenn die Noth einiger maßen gelindert werden soll. Der Verlust ist wett größer und empfindlicher, al« wenn eine Feuers brunst die Zerstörung angerichtet hätte, da dann die Calamttosen doch wenigsten« durch Zahlungen au- Versicherungsanstalten einigermaßen hätten ent schädigt werden können. Wir rufen daher hierdurch um Hilfe und bitte» Alle, denen Gott die Mittel verliehen, nach Kräften ihr Scherflein beizutragen. Die Expedition diese« Blatte- ist gern bereit, Gaben der Liebe in Empfang zu nehmen und in diesem Blatt darüber Rechenschaft abzulegea. — 17. Juni. Die Unglücksberlchte au« den heimgesuchten Dörfern lauten trostlos und mau muß gestehen, wenn man die angerichteten Verheerungen in Augenschein genommen, daß dieselben einen über alle Maßen grauenhaften Eindruck hinter lassen. Auch die Opfer an Menschenleben sind große. In Oderwitz hat man 9 Leichen aufgehoben. Ja Zittau fanden 2 Menschen ihren Tod in den Fluchen; in Ruppersdorf werden Freitag 8 und in Bernstadt 11 Leichen der Verunglückten zur Ruhe bestattet, in Bernstadt, Cunnersdorf und Altbernsdorf beläuft sich die Zahl der durch die Ueberschwemmung Verunglückten auf28,daselbstsind 14Häuser vollständig verschwunden, 30 andere dem Einsturz nahe. Herzbrechend war das heute stattgehabte Begräbniß der 9 Opfer in Oderwitz. Die ersten 2 Särge bargen «ine Mutter mit ihren 3 Kindern, wovon in dem einem 2 Kinder von 7 und 11 Jahren, im andern die Mutter mit ihrem 3jährigen Kinde lagen, diesen folgten weitere 5 Särge, in welchen u. A. der Schneidermeister Herschel, dessen Frau und Tochter lagen; dessen jüngster Knabe, welcher zur Zeit der Catastropbe in der Schule war, traf seine Eltern und seine Schwester bei der Heimkehr todt; er war verwaist. Der Aus druck de« tiefen Seelenschmerze« diese« armen Kinde« soll hrrzzereißend gewesen sein. Alle diese Opfer wurden in ein großes Grab gebettet. Tausende von Menschen waren Zeugen dieser ergreifenden und traurigen Handlung. — Das Dorf Oderwitz war binnen einer Viertelstunde in einen See verwandelt, auf welchem Bäume, Balken, HauSgeräthe, ganze Dächer, sowie Menschen- und Thierleichen einher trieben. Stach genauer Ermittelung sind in Nieder- und Mittel-Oderwitz 12 Häuser eingestürzt, 33 müssen eingerissen werden, unv 130 Häuser sind zum größern Theil stark beschädigt worden, ferner sind 6 Neben gebäude weggcschwemmt, 1 dergleichen dem Einsturz nahe und 4 beschädigt. Die Chaussee von Oderwitz nach Zittau, sowie von Oderwitz nach Herrnhut sind tief durchrissen; ferner ist die Chaussee von Ostritz nach Leuba in einer Strecke von 200 Metern gänz lich weggerissen. Die CommunicationSwege sind zerrissen und auf lange Zeit unfahrbar gemacht. Am Dienstag rückten vom 102. Regiment in Zittau 150 Mann nach Bernstadt, sowie 1 Compagnie nach Oderwitz ab, um den Einwohnern hilfreich an die Hand zu gehen; auch die Pionniere sind noch in Oderwitz thätig; am Donnerstag gingen abermals 200 Mann von der Zittauer Garnison nach den verschiedenen Unglücksstätten ab. Auf Befehl Sr. Majestät de« König», welcher Befehl durch da» königl. Kriegsministerium dem Pionnierbataillon Nr. 12 zuging, ist am 17. früh 6 Uhr ein weiteres Commando von 4 Offizieren (Hauptmann Pienitz, Premierlieutenant Richter, SecondelieutenantS Roch und Gottschalck), 14 Unter offizieren, 1 Lazarethgehilfen und 124 Mann zu Aufräumungsarbeiten nach Bernsdorfu. Schönaua.E. bet Zittau abgegangen. Die hier folgenden Zeilen mögen unfern Lesern da« Bild der Verwüstung vom 14. Juni weiter aufrollen: Rennersdorf b. Herrnhut, 15. Juni. Ein entsetzliche» Unglück ist gestern über diese« Dorf gekommen. Infolge zweier in der Nähe nieder gegangenen Wolkenbrüche stieg das Wasser de» PließnttzbacheS in der Zeit von 4 Stund« gegen zehn Ellen. Die angerichtete Verwüstung ist un beschreiblich, der Schaden unberechenbar. Vierzehn Häuser, zum Theil mit sämmtlichen Bewohnern, sind verschwunden; mehr al« zehn andere stehen al» Ruinen da, oder sind wenigsten« ihrer Nebengebäude beraubt. Die verloren gegangenen Menschenleben sind noch nicht zu zählen. In der Pfarrscheuoe liegen neun Leichen, und noch immer werden mehrer« hrrzugrbracht. Drei Menschen mußten auf einem Baume sechs Stunden aushaltrn, ehe sie unter höchster Lebensgefahr gerettet werden konnten. Nach 8 Leichen wird noch gesucht. Mit Dank gegen Gott muß auch die Erhaltung der 50 in der alte» Schule befindlichen Kinder erwähnt werden, welcht unbedingt di ß .'M W 'M M «it ihrem Lehrer verloren gewesen wär«, «an WW nicht in da« obere Stockwerk de- de« WassriAM audrange Stand haltenden neue« Gchulhause»M hätten flüchten können. Die Roth der ihrer Häuser W und Habseligkeiten Beraubten ist groß und r- wtWM sehr zu wünschen, daß auch von außen bald in oder jener Weise Hilfe geleistet würde. zum Wegräumen der Trümmer, nothdürftigstrÄ M tzlu-befstrn der Wege und Brücke» und sonstige» W Ordaungschaffeu bedürfen die schwer heimgrsuchte» W Reaner-dorfrr dringrnd fremder Hilfe. Doch auch W wenn dies« geleistet wird, werden wohl Jahre oder H Jahrzehnte vergehen, ehe die Spure» verwischt sind» D welche die schreckliche Ueberschwtmmung de- 14. Juui O 1880 angerichtet hat. — I» Ruppersdorf fiatz^ z wie der „S. P." mittheilt, die Beschädigungen eben» H falls enorm groß. Das Wasser ging so hoch, wie W die Plumpe« im Dorfe stehen, eS hat die Wohnhäuser 7, 8, 38, 52, 53, 54, 108, 109, 122, 148, sowie M 11 Nebengebäude und Scheune», i« Ganzen 21 M Gebäude weggertffen; 8 Leichen find aufgefischt, K M Kinder fehlen noch. Drei Inwohner haben de» W Verlust von Frau und Kind und ihrer gesammte» 'x Habe zu beklagen. — Jo Schönau a. d. Eige» j allein nahm da« Wasser fünf Wohnhäuser, mehrere 1 Scheune», Schuppen, sämmtlich« hölzernen Brück« und Stege mit fort. Leider gingen auch Menschen leben mit zu Grunde; auch werden mehrere Person« noch vermißt. Pferde, Kühe, Fevervieh sind ertruokar. Wie e- nun ««»sieht, nachdem da« Wasser zurück gegangen, ist schwer zu beschreiben. Lei vickeu der bedrohten Häuser sind Wände eingedrückt oder andere Beschädigungen eingetreteu. Ja dm Parterre wohnungen find Fenster zertrümmert, Thürm aug gehoben, die Gerät-« durcheinander geworfen öder fortgeschwemmt, selbst die Dielen au-gehobea; eine hohe Schlammschicht bedeckt den Erdboden. Hohe Bäume, steinerue Zaunsäulm sind umgestürzt, die Wege zerrissen, die Gärten verwüstet, kurz, unser Thal bietet ein traurige« Bild. — Ebenso schlimme Nachrichten kommen.au» de» läng» der Gaule liegende» Ortschaften Kierdorf und Dittersbach. Zugleich wird auch mitgetheilt, daß auch Küpper und Wittigs welche ebenfalls in die Neisse münden, durch Wolken brüche angeschwsllen sind. Da« „Dresdner Journal" berichtet unter de« 15. d.: Wolkenbruchartige Regengüsse, welche seit Sonntag Nacht» bi« gestern spät Abend» mit un geschwächter Heftigkeit niedergingeo, haben eins« Theil der Oberlausitz in der Umgebung der Linie« Löbau-Herrnhut, Zittau-Oderwitz undZittau-Nikrisch- Seidenberg mit einem Male zu einer Stätte ärgster Verwüstung und unbeschreiblichen Jammer« gemacht. Leider sind auch Menschenleben zu beklagen. Der Schaden an Hab'und Gut ist ein enormer, der Wohlstand zahlreicher Familien auf Jahre hinan» zerrüttet und auch die Höhe der dem Staate er wachsenen Schäden eine ganz beträchtliche. Herr Krei-Hauptmann v. Beust in Bautzen ist am heutige» Tage von dort in den Löbauer Bezirk abgereist. Gestern Abend 10 Uhr begab sich auf Befehl de» königlichen Kriegeministerium« ein Rettungskommando von 1 Offizier (Premierlimtmant Seyfert), I Unteroffizieren und 18 Mann de« Pionnierbataillon», mit 2 Schaluppen und entsprechendem Werkzeug ver sehen, nach Oberoderwitz bei Zittau, um bei der dort infolge eines Wolkenbruchs eingetretenm schwere» WasserSnoth hilfreiche Dienste zu leisten. Diese» Commando hat denn auch, nach einem hier ein- gegangenen Telegramm, seine Thätigkeit bereit« i» der vergangenen Nacht begonnen. Heute früh 8 Uhr ging ein zweites Commando, bestehend au« L Offizier (Secondelieutenant Gottschalck II), 2 Unter offizieren und 12 Mann, mit 3 Schaluppen dahi» ab. Bis zum Schlüsse unsere« Blatte« liegen na» folgende Mittheilungen vor: Zittau, 15. Juni, früh 7 Uhr 22 Min. Wolkenbruchartige Reg«»- güsse im Manvau- und im Neissegebiet verursacht«» " gestern Nachmittag große Uebrrschwemmungen. An» ? Schlimmsten betroffen scheinen: Nieder- und Mittel» oderwitz (9 Menschen verunglückt, 7 Häuser ganz weggerissen, über 100 Häuser beschädigt), die Zittauer - Vorstadt, Hirschfelde (da« Wohnhaus der Müller'fchär . Ä Fabrik ist halb weggerissen), Reichenau (1 Han» W weggerissen). Der an Brücke«, Wegen, Feldern mch H Gärten angerichtete Schade« ist ungeheuer; die Commuoication ist nach allen Seite» unterbroche». Noch gestern wurde von hier eia Militärkommando M nach Hirschfelde, diese Nacht ei« solches «ach Oden» . ,« Witz abgesendet. — Hirschfelde, 14. Sunt, stündig ununterbrochener wolkenbracharti-er Schlegel überschwemmt; viel Schaden an Häuser» eine Chausseebrücke im Kemnltzthale und das HSM M de« Fabrikbesitzer« Müller in Hirschseld« sind «eß»? M gerissen. — Oberoderwitzf, 14. Juni, NachMltt. -W Furchtbare Wasserflut-«» sind in Niederodenoitz M niedergegangen, Häuser wurden mit fvrtgerifftn^W gegen 200 Häuser stehen unter Wasser. 6 MenschEM