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mit ihm vereint die Wege zu suchen, auf denen wir de» 3. Juni verschieden. Sie halte am 8. August " da» Alter von 56 Jahren erreicht. Trotzdem der Todesfall lange erwartet werden mußte, wird er nicht verfehlen, auf da» ohnedies umdüsterte Gemüth» de» Czaaren neue Schatten zu werfen. Die Kaiserin war die Tochter des am 16. Juni 1848 verstorbenen GroßherzogS Ludwig von Hessen und der Großherzogin Wilhelmine Louise (-f 27. Januar 1836). Geboren am 8. August 1824, vermählte sie sich am 28. April 1841 mit dem damaligen Großfürsten Thron folger gegenwärtigen Kaiser Alexander II. von Ruß land. Auf der Höhe einer glänzenden Stellung, verehrt und geliebt von dem russischen Volke, von einem Kreise von sechs Kindern, die ihrer Ehe ent sprossen, umgeben, ist die Kaiserin doch in den letzten Jahren schwer geprüft worden. Tief gebeugt durchs den Tod ihres ältesten Sohnes, wurde sie von einer Brustkrankheit ergriffen, welche keine Kunst der Aerzte zu heilen vermochte. Vergebens suchte die hohe Frau, wenn nicht Heilung, doch Linderung ihre» Leidens in wärmeren Klimaten. Die Krankheit griff immer weiter und gefahrdrohender um sich, und die Kunde von den Gefahren, mit welchen eine ruchlose Seele unausgesetzt das Leben ihres kaiser lichen Gemahls bedrohte, mußte die hinscheidenden Kräfte völlig erschüttern. Aus dem Süden zurück gekehrt, um auf russischem Boden ihr irdisches Da sein zu beschließen, wurde sie Zeugin eines neuen gegen das Leben des Kaisers geplanten Mord- anschlags. Eine scheinbare Hebung ihrer Kräfte war nicht von langer Dauer. Der Kaiser wird, wie aus Düsseldorf gemeldet wird, zur Besichtigung der Gewerbeausstellung voraus sichtlich mit der Kaiserin erst in der zweiten Hälfte des Juni eintreffen. Ein Straßburger Blatt vernimmt, Prinz Heinrich, zweitältester Sohn des deutschen Kronprinzen, werde zu Anfang des nächsten Wintersemesters die Hoch schule zu Straßburg als Student beziehen. Da seinerzeit die Hoffnung, den ältesten Sohn de» Kronprinzen, Prinz Wilhelm, dort immatriculirt zu sehen, nicht in Erfüllung ging, würde man sich^ umsomehr freuen, wenn der andere Kaiserenkel in die Reihe der akademischen Bürger der Universität einträte, sie den Namen seines kaiserlichen Groß vaters trägt. Der Zusammentritt der Botschafterconferenz in Berlin ist — wie au» Wien telegraphirt wird — nunmehr auf den 16. d. M. festgesetzt. Die deutsche Corvette „Vinera", 19 Geschütze, Commandant Capitän zur See Zirzow, ist am 7. d. M. in Aokohama eingetroffen. Der „Berliner Reichsbote" bringt aus Baden, die nachstehende, noch der Bestätigung bedürfende Nachricht: „Man geht in militärischen Kreisen Deutschlands mit dem Gedanken um, zur Deckung des Untersees und des Rheins bei Schaffhausen eine Panzerflotille zu beschaffen und den Hohentwiel, sowie Constanz zu befestigen. UebrigenS wird ohnehin in nächster Zeit die Erweiterung des Seehafens in Constanz zur unabweislichen Nothwendigkeit werden, wenn die badischen Verkehrsanstalten die Erbauung der Arlbergbahn zu ihrem Nutzen auSbeüten und Constanz zu einem Hauptstapelplatz de» Getreide verkehrs au» Oesterreich mit Süddeutschland und der Schweiz erheben wollen." Die „Constanzer Zeitung" bemerkt hierzu: „Wir erinnern daran, daß der Plan, den Hohentwiel zu befestigen, schon vor mehreren Jahren aufgetaucht ist, ohne daß bi« jetzt da» Geringste in dieser Beziehung geschehen wäre." Soeben ist vom kaiserlichen statistischen Amte eine Darstellung des Tabacksbaues, der Taba cksfabrikationund deSTabackShandel» im Deutschen Reiche nach den Ergebnissen der TabackS - Enquetecommission von 1878 erschienen. Danach waren im Deutschen Reiche im Jahre 1871 17,997 Hectar oder genau seiner gesammten vodenfläche mit Taback bepflanzt. Der Ertrag der inländischen TabackScultur betrug 1877 597,262 Centner trockn« Tabacksblätter. Außerdem wurden in demselben Jahre 902,533 Centner vom Auslande ringeführt. Der Vertrieb de» inländischen und aus ländischen Product« ist durch 998 Rohtaback-hand- lunaen besorgt, welche zusammen im Durchschnitt 11,755 Personen beschäftigten. Die Verarbeitung. fabrlkationSgeschSften. Di« Gesanirntz-Hl drr in dich» Industrie thäligenPersonen bezifferte »ch auf 139MHx au» einer Periode der Unzufriedenheit und Schlaff heit, eine« politischen und wirthschaftlichen Unbe hagens uns wieder herausarbeiten können. ES ist Zeit, den inneren Frieden zu schließen und alle nationalen Elemente zu versöhnen, in denen nur die starken Wurzeln der Macht de« Fürsten Bismarck ruhen, und man soll damit nicht warten, bis die Noth dazu zwingt, an jenen Patriotismus zu appelliren, der in der Stunde der Gefahr alle Freunde und Söhne des deutschen Vaterlandes zu einigen vermag. Die orientalische Nachconserenz in Berlin ist ge sichert und Deutschland erläßt, nachdem alle Präliminarien geordnet sind, die Einladungen an die Mächte. Zur Besprechung gelangt indessen nur die griechische Frage. Es ist dies um so bedauerlicher, al« der britische Gesandte Göschen in Constantinopel eine Schlappe erlitt. Der Sultan zeigte sich keines falls entgegenkommend und man vermuthet, daß er an Rußland eine Stütze gefunden. Das Cabinet Gladstone wird der türkischen Frechheit gegenüber sich sehr energisch zeigen müssen, wenn es nicht den Rest der Achtung im Auslande verlieren will. In Oesterreich verursacht die orientalische Frage einige Beklemmungen, da man nicht recht weiß, wie man mit dem englischen Cabinet daran ist. Man fürchtet, John Bull'« Politik werde darauf hinauslaufen, die Thätigkeit Oesterreichs im Orient lahm zu legen. Daneben macht auch die Sprachenfrage viel Kopfschmerzen. In Prag benutzen die czechischen Studenten die Anwesenheit des Kaisers dazu, um gegen da« Deutschthum zu demonstriren. Sie schrien im Saale der Anatomie ihrem Professor, welcher den Kaiser in deutscher Sprache begrüßte, zu, er möge böhmisch reden und brüllten ihre SlavaS, ehe er geendet hat. Ueberhaupt rückt diese heikle Sprachenfrage immer mehr in den Vordergrund und es zeigt sich die Gefahr, daß der Culturkampf der Rassen die Ruhe des Staate« bedroht. Die Slaven commandiren den Pöbel. In Wien erklärt man den ganzen Streit für eine innere Reichs angelegenheit, welche das deutsche Reich nicht« an gehe. ES liegt jedoch auf der Hand, daß wir an einer starken Stellung des Deutschthums in Oesterreich ein sehr bedeutendes politisches Interesse haben, und wenn vir auch zunächst die Deutschen Oesterreichs allein ihre Sache auskämpfen lassen müssen, so dürfte doch sowohl unsere Diplomatie als unser Volk bei wirklichen Vergewaltigungen deutschen Ele ments keineswegs gleichgiltig zusehen, wenn auch die Unterstützung zunächst nur eine moralische sein wird. Die italienischen Kammern sind wieder zu sammengetreten, aber eine feste Mehrheit hat sich noch nicht gebildet. Weder die Ministeriellen noch die andere Gruppe der Linken, welche sich au« rein persönlichen Gründen von der Regierungspartei ge trennt hat, noch auch die Conservativen sind allein im Stande, etwa« auszurichten. Jetzt haben sich die beiden Richtungen der Linken zu gemeinsamer Thätigkeit genähert, aber e» ist fraglich, wie lange diese Freundschaft dauern wird. Die Eifersucht der Parteiführer, von denen jeder allein die Herrschaft führen möchte, ist zu groß, als daß auf Fortdauer der Einigkeit gerechnet werden könnte. Man sagt, das Cabinet wolle sich zurückziehen, wenn die nöthig- sten Budgetvorlagen angenommen sind, um einem Ministerium Farini Platz zu machen. In Frankreich erlitten die Radikalen in der Kammer bei der Verhandlung über die Vorsichts maßregeln der Pariser Polizei zwar eine empfindliche Niederlage, aber trotzdem suchte Rochefort durch eine Duell-Affaire der Scandalsucht des Pöbel» neue Nahrung zuzuführen. Da« Duell fand vorkae Mittwoch in Genf statt und fiel ungünstig für Rochefort au«, indem er von seinem Gegner Köchlin durch einen Degenstich schwer verwundet wurde. — Der 1. Juni war der Todestag Lulu'S, die bona- partistischen Zeitungen erschienen in Trauerrand und Paul de Cassagnac lud Alle, welche die Polizei nicht fürchten, zu der feierlicher Traurrmrsse in der Kirch« St. Augustin ein. Nicht wie die Communard«, welche ihre Tobten nur durch Bedrohung der Le benden zu ehren wissen, ssndrrn al« ruhige und besonnene Männer wollten die Bonapartisten sich zu einer feierlichen Huldigung versammeln und der Welt da» Schauspiel einer großen und einigen Partei geben, zumal die Einigkeit in jüngster Zeit Schiff- de- Rohmaterials erfolgte in 15,OSS TabackS- bruch gelitten hatte. sabrikatlonSgeschSften. Di« Srsammtj«hl der in dtHtt Die Kaiserin Maria Slexaodrowna von Ruß- Industrie thäligenPersonen beziffertes atfflSHMl land ist nach langem Leiden endlich am Morgen oder 0,,,. Procrut der BevblkeruSßQMW Politische Weltjchau. Obgleich sonst im Monat Juni für die Zeitungen die sogenannte „saure Gurkenzeit" anzufaugen pflegt, »eil Diplomaten und Staatsmänner sich in Bärer »der auf Reisen begeben, so macht der Juni d. I. eine Ausnahme. Das liegt in der politischen )> Situation selbst, denn mehrere brennende Fragen Mollen nicht von der Tagesordnung schwinden. Dahin ge^rt vor allen Dingen der Culturkampf gegen . Rom, welchen augenblicklich die Kirchenvorlage im preußischen Abgeordnetenhause hervorgerufen hat. Die zur Berathung derselben niedergesetzte Commission hält seit Mittwoch voriger Woche tägliche Sitzungen. Welches Schlußresultat dem Entwurf beschieden sein wird, läßt sich noch gar nicht sagen. Unseres Er achten« sind drei Auswege möglich: entweder Fort schrittspartei, National-Liberale und Centrum führen gemeinsam die Verwerfung der Vorlage herbei, oder da» Centrum vereinigt sich mit den Conservativen and Freiconservativen zur Annahme der Vorlage, vielleicht sogar noch in einer weitergehenden Gestalt, wie wir sie heute kennen; oder endlich Frei- konservative und National-Liberale des rechten Flügel« schwächen gemeinsam die Vorlage etwas ab vnd führen dann mit den Conservativen die An- vahme derselben herbei. Wir enthalten un« einer Bermuthung darüber, welcher Weg schließlich gewählt werden wird; aber auf den ersten Blick sieht man, daß bei der Entscheidung sehr viel auf dem Spiele steht. Am wenigsten tiefgreifend vielleicht wäre es, wenn die Ablehnung der Vorlage erfolgte; wir glauben, Fürst Bismarck würde die Sache nicht tragisch nehmen, er hätte seine Friedensliebe bekundet und im Uebrigcn bliebe ziemlich Alle» auf dem alten Fleck. Erfolgt aber die Annahme der Vorlage, so hängt Alles von der Frage ab, welche Parteien die Mehrheit bilden. Gelingt es, Centrum, Conservative und Frciconservative zu einer Mehrheit zu vereinigen, so ist die conservativ-llerikale Richtung auf lange hinaus die herrschende und Niemand kann sagen, wohin sie uns führen kann. Wird aber ein Aus gleich zwischen Conservativen, Freiconservativen und dem rechten Flügel der Nationalliberalen herbeige- sührt, so haben wir eine conservativ-liberale Re gierungspartei, in welcher allerdings dem liberalen Gedanken nur ein bescheidenes Plätzchen eingeräumt wird und der Culturkampf dauert, wenn auch viel leicht in milderen Formen, bis in eine unabsehbare Zeit fort. Es ist nicht grade ein Zeichen gesunder Zustände, daß das deutsche Volk fortwährend in solche Verwicklungen geräth, deren Lösung oft nur «m einem Haar hängt. Was offen und frei sich vor Jedermanns Augen entwickeln soll, wird da nur zu oft auf allerhand Hintertreppen verhandelt und giebt zu allerlei Jntriguen Veranlassung. Aber gegen dieses Uebel läßt sich nun einmal aus all bekannten Gründen zur Zeit wenig thun. Eine zweite sehr betrübende Erscheinung bilden die Bestrebungen, mit dem Rufe „Fort mit Bis marck" mehr und mehr Propaganda im deutschen Volke zu machen. Die extremen Parteien leisten gerade jetzt hierin sehr viel. Fürst Bismarck's un bestrittene Meisterschaft in der Führung der aus wärtigen Politik macht schon allein den Gedanken em die Möglichkeit seines Rücktritts dem Volke un gemein peinlich. Mit richtigem Instinkt würdigt man auch den Werth de« Vertrauens, das die brutschen Fürsten für den Canzler hegen, und sollte Nicht vergessen, daß da« loyale Wirken de» Canzler« außer der Hamburger Zollaffaire noch niemals Con- sticte mit Regierungen hervorgerufen hat. Daß er bem Parlamente nicht in allen Dingen zu Gefallen leben konnte» da« liegt im Wesen des Parlamen tarismus. Einen wirklichen Gegner fester constitutio- Ntller Verhältnisse kann man Bismarck nicht nennen, wenn er auch nach seiner Stellung und konservativen Neigung in erster Linie da« Recht der Regierungen vertreten zu müssen meint. Daß er auch bei Ver tretung der Staat-rechte und dabei de« BolkSrechteS ber Mann auf dem Platze ist, beweist sein Ver halten dem Vatikan gegenüber. Ueber den Werth ber Zoll«, Steuer- und Finanzreform, über ein wirthschaftliche« System Bismarck, mögen die Meinungen differiren, zumal Niemand jene« sichere Uriheil haben kann, da« nur der Erfolg bildet, «her daß der Canzler bei seinen Reformen aufrichtig ba« Veste de« Lande« erstrebte, da« werden auch »seine Gegner nicht in Abrede stelle». Warum soll also die Ration ihren edelsten Sohn zu den politisch , Lobten werfen? SS wäre doch wahrlich richtiger, Bekanntmachung Die diesjährigen Beiträge zur Lehrer,PenfionS, und Wittwen Gasse sind im Laufe diese« Monat« an den Unterzeichneten abzuführe». Herren Vorsitzenden im Schulvorstande wollen daher die Schulcassenvrrwaltrr anweisen, gedachte Beikäge rechtzeitig an mich zu bezahlen. Bautzen, am 4. Juni 1880. Der K ön i g li ch e B e z i r k « - S ch u l«I n s p e c t o r . vr Wild.