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Marelln sagt jedoch au» , der Begleiter Weimar- Habe jüdische» Aussehen gehabt, wa» auf Troscht- sthan-ki nicht paßt; auch behauptet letzterer, er sei «st am 28. August 1878 au» Cholmogory entflohen. Der Mord fand aber schon am 4. statt. Zwei wichtige Zeugen, der Artillerieoberst Engelcke und der WiMiche StaatSrath Bogdanowski, erklären Server, Weimar» Pferd sei rin schönere« Thier «wesen und habe einen kürzeren Hals gehabt, und . Weimar selbst erzählt ohne eine Spur von Erregung, « habe sein Pferd unmittelbar kurz vor seiner Ab reise nach dem Kriegsschauplätze an einen jungen, Ihm nicht weiter bekannten Mann von etwa 30 Jahren verkauft. In Bezug auf den Revolver, den Solowiew gebraucht, erklärt der Waffenhändier, den Revolver habe er an seinen Hausbesitzer Herrn Weimar verkauft. Weimar dagegen will den vor« Agenden Revolver nicht wiedererkennen und wieder holt seine aus dem früheren Prozeß schon bekannte Nussage, er sei von einem Patienten gebeten worden, Vhm zur Bärenjagd einen Revolver zu besorgen, und Habe da» au» Gefälligkeit gethan; e» wäre aber Möglich, daß der Revolver in andere Hände über gegangen und zu anderen Zwecken benutzt worden Hei, doch wisse er davon nicht». Was da« Gift an belangt, welches Weimar laut des Giftbuches der Apotheke sich im Juni 1877 verschafft hat, so erklärt der Angeklagte, er habe das Gift zur Tödtung eine« Hunde» benöthigt; ein Zeuge bestätigt diese Aussage, Üdem er erklärt, sein Hund sei um dieselbe Zeit Lurch rin von Weimar verschriebene» Gift gelödtet worden. In der Sitzung vom 24. Mai fand da» staat-anwaltliche Plaidoher statt. Die Anklage richtete sich zunächst gegen die Angeschuldigten Eaburoff, Berdnikoff, Löwenthal, Bulanoff und LroschtschanSki, sowie gegen die Frauen Natanson und Witanjewa. Der Staatsanwalt wies nach, daß LroschtschanSki in engem Zusammenhänge mit der Nihilistischen Partei gestanden habe, die Witanjewa habe sich durch ihren Verkehr mit der Kolenkina und MalinoffSkaja der Verbindung mit der revolutionären Partei schuldig gemacht. Bezüglich Michailows führte die Anklage den Nachweis, daß derselbe bei Ler Flucht de» Mörder» de» Generals Mesenzew al» Kutscher fungirt habe. Der Staatsanwalt führte alsdann au«, daß die Kolenkina und die MalinoffSkaja an der nihilistischen Propaganda be« »heiligt gewesen wären, die strafbarere sei die Kolen- kdia, welche zwei Schüsse auf einen Gendarmen ab gegeben und ihr Bedauern, denselben verfehlt zu haben, geäußert hätte. Zum Schluß wandte sich die Anklage gegen Weimar, welchen dieselbe als den Hauptschuldigen bezeichnete. Der Staatsanwalt sah Leu Beweis als erbracht an, daß das Pferd, welches Leu politischen Mördern zur Flucht gedient hatte, La» Eigenlhum de» vr. Weimar gewesen sei. Ebenso habe diesem auch der Revolver angehört, womit zwei politische Attentate verübt wurden. Die Anklage erwähnte auch noch der Beziehungen, welche Weimar mit den Führern der Nihilisten in Paris Unterhalten habe. Die Rede des Staatsanwalts war von großer Wirkung. Das Urtheil wurde am Mittwoch früh 3^ Uhr verkündigt. Nach demselben werden verurlheitl: Adrian Michailow u. Wladimir Soburow zum Tode durch den Strang, Wassili LroschtschanSki zu 20jähriger, Orest Weimar und Heonti Berdnikow zu je 15jähriger Zwangsarbeit in Len Bergwerken, Maria Kolenkina zu 15jähriger Fabrikzwangsarbeit, Leib Löwenthal zu lOjähriger Festungsarbeit, Olga Nathanson zu bjähriger und Olga Witanjew zu 4jähriger Fabrikzwangsarbeit, Alexandra Malinowskaja zur Verbannung nach Lodolsk mit Verlust aller Rechte, Leonid Bulanow zu gleicher Strafe ohne Verlust der Rechte. Bei Weimar und der Kolenkina waren Milderungögründe bewilligt worden. Italien. Rom, 26. Mai. Der König eröffnete heute La» Parlament mit einer Thronrede, in welcher hervorgehoben wird, daß e« nothwendig gewesen sei, La» Parlament schleunigst zu berufen, um eine sofortige Berathung um Erledigung der von der Ration erwarteten Gesetzentwürfe herbeizuführen. Rom, 27. Mai. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde der ministerielle Candidat Fariui mit 406 Stimmen zum Präsidenten gewählt. Hierauf Wahl der übrigen Mitglieder de« Bureaus, wofür jede der drei Parteien eigene Eandidalen aufstellte. Vermischte-. — Da» größte Floß, da» wohl je zusammen- Zrbaut worden ist , hat kürzlich der Mississippi nach Le« Bestimmungsort New-Orlean» geführt. Zu Le« Floß waren nicht weniger al» 3,388,924 ' Fuß Bauholz verwendet worden. Außerdem trug - Laffübe noch 1,000,000 Schindeln und 9,000,000 ^Latten. — »«» Lonstanz wird die Auffindung der beiden Leichen de» am 18. d. M. bei einer Kahn« parthie auf den Bodensee (s. vor. Nr.) verunglückten stuck, jur. Hans Kroenig und de» Lieutenant» Richard Srornig gemeldet. Die Beisetzung der beiden Brüder im Erbbegräbnisse zu Potsdam wird daher voraus sichtlich noch in dieser Woche stattfinden. — In Oberammergau haben zu Pfingsten die berühmten Passion»spiele wieder angefangen. Die Bauern spielen mit einer Kunst, Andacht und Jnnbrunst wie kein Hofschauspieler, und jeder Zu schauer wird tief ergriffen 15,000 Gäste au» aller Welt waren zur ersten Aufführung gekommen, das offene Theater faßt aber nur 5000. Die Vorstellung wurde zweimal durch Blitz und Donner und Regen güsse unterbrochen. — Ein ganz cvriose» Wortspiel, welche» bei seiner Eigenthümlichkeit wohl auch vielen unserer Leser Spaß machen dürfte, ist da» Folgende: ES soll das Wort „Laden" sechsmal im sinngebenden Zusammenhang ohne jede» Bindewort neben einander gestellt werden. In folgendem Satze findet sich diese Aufgabe bestens gelöst: „Spediteure, welche vor einem Chocoladen-Laden Laden laden, laden Ladenmädchen auch zum Tanze ein!" — Der glückliche Gewinner der bei der letzten Verloosung der oloenburgischen Staats-Obligationen auf Nr. 43218 gefallenen Prämie von 60,000 M. ist ein Schnitter Füller in Niederbaiern, von dem kürzlich ein Schreiben mit der Adresse: .An den Herrn Minister in Oldenburg" hier einging, worin er anfragte, ob sein Loos bereit« herauSgekommen sei; wo nicht, so wolle er es verkaufen, da er Geld brauche. Nunmehr erhielt er vom Ministerium die freudige Nachricht, daß sein Loos am 1. Mai mit der großen Prämie gezogen worden sei. — Während des Feldzuges 1870 gab der Soldat Schlosser des 6. bairischen Jnf.-Regim. seinem Unteroffizier eine Ohrfeige und wurde deshalb zum Tode und später zu 20jähr. Gefängniß verurtheilt. Der Rest der Strafe (11 Jahre) ist ihm nun von dem König von Baiern geschenkt worden. — Die Frequenz der Universität Jena bleibt dieses Semester hinter der des letzten Sommersemester etwas zurück. Während früher die Zahl der Hörer mehrmals nahe an 600 kam, beträgt sie in diesem Jahr bis jetzt nur 520. — Ein raffinirte« Manöver, falsches Geld an zubringen, ward in jüngster Zeit in Mühlberg von einem elegant gekleideten Herrn ausgeführt. Derselbe ging Abends bei einer Movewaarenhandlung vorüber, als er plötzlich scheinbar auSglitt und eine Glas scheibe des Schaufensters zeriümmerte. Ein Laden diener verlangt natürlich sofort Zahlung für die Scheibe und der Herr weigerte sich auch keinen Augenblick, bat nur, nicht noch mehr Aufsehen zu erregen. Die Glasscheibe kostete 15 Mk. und der Herr entnahm seinem Portefeuille eine 100 M.-Note, auf welche ihm sofort die 85 M. retour gegeben wurden. Damit verschwand der Herr. Später mußte der Chef des Geschäftes zu seinem Schrecken bemerken, daß der Hundertmarkschein falsch war. — In Ober-Flörsheim bei Worms wurde ver sucht, die neu hergestellte protestantische Kirche in Brand zu stecken. Im Innern der Kirche lag überall Stroh, da» mit Petroleum übergossen und angezündet war. Kirchenstühle, Treppen und Emporen standen bereit« in Flammen, als man aufmerksam wurde und rasch löschte. — Die größte Meerestiefe ist, nach den bis herigen Messungen, vom Capitän Belknap von dem Vereinigten-Staaten-Schiff „Tuscarora" ermittelt worden. In dem Nord-Pacific, und zwar unter 44 Gr. 55 Min. nördlicher Breite und 152 Gr. 26 Min. westlicher Länge (Greenwich) fand da» Blei erst Grund bei der erstaunlichen Tiefe von 8513 Meter, also nahezu bei fünf und ein Viertel (See)-Meilen. — In Alb «heim a. E. bei Grünstadt hat am 25. Mai ein entsetzliches Unglück stattgrfunden, in dem in einer Herrn Bürgermeister Krauß gehörigen Sand- und Erdgrube 9 Menschen verschüttet worden sind. Fünf von den Verschütteten wurden todt auf gefunden, wählend vier theils leichtere, theil« schwerere Verletzungen dävontrugen. — Da» Swinemünder Schiff .Alice Starrett", Capitän Buhtz, von New-Jork in Stettin angekommen, traf unterwegs auf dem Atlantischen Ocean einen tobten ca. 80 Fuß langen Walfisch, der eine Harpune im Leibe hatte. Die Besatzung de» Schiffe» nahm den Speck und befindet sich auch die mächtige Harpune an Bord. — Da» allgemeine Turnfest, welche» im Juli d. I. in Frankfurt a. M. stattfinden soll, ver spricht die großartigsten Dimensionen anzunehmen. E» sind bereit» gegen 20,000 Turner au» Deutschland, Oesterreich, Holland, Belgien und namentlich au» Amerika angemrldrt. Die Stadt tüfft Vorkehrungen zum glänzend« Etnpfaftg Liv Gäste. — Au» Straßburg i.E.wird berichtet: Der Wirth zum CafL de Commerce hier, in der Schlosser» gaffe, Herr Gier», hatte seinen damals noch sehr jugendlichen Sohn im Jahre 1871 für Frankreich optiren und dort in da» Militär eintreten lassen. Der Letztere stand zuletzt al« Unterlieutenänt beb dem in Toul und Bar-le-Duc garnisonirenden französischen Linien-Regiment Nr. 106. Mit Be willigung de» hiesigen Gouverneur« war der erst 24 Jahr alte Offizier Pfingsten zum Besuche seiner Eltern nach hier gekommen und hatte bei eine« Ausfluge nach einer benachbarten Landgemeinde da» Unglück, dort mit dem Pferde derartig zu stürzen^, daß er nach achtzehn Stunden seinen Geist aufgab. Die Leiche de« jungen Kriegers ward nach hier verbracht. Von der ritterlichen Gesinnung geleitet,, welche das deutsche Offiziercorp« stet« den Offizieren fremder Armeen gegenüber bewahrt, hatte der Gouverneur, General-Lieutenant v. Schkopp, der tiefgebeugten Familie angeboten, dem Verstorbenen alle diejenigen militärischen Ehrenbezeigungen, wie sie einem deutschen Offizier gleichen Ranges gebühren, bei seiner Beerdigung erweisen zu lassen. An der^ Spitze des Trauerzugs marschirte die Capelle unL- ein 40 Mann starke« von einem Premier-Lieutenant commandirtes Detachement de« preußischen 25- Infanterie-Regiments. Es folgte der reichgeschmückte Sarg, auf welchem der Säbel und die Uniformstücke de« Heimgegangenen lagen; neben dem Sarge schritten entblößten Hauptes, in bürgerlicher Kleidung, die weißen Sargschleifen haltend, acht französische Offiziere, welche von dem Regimente Nr. 106 hier anwesend waren. Der Zug bewegte sich zunächst nach dem Münster, an dessen Portal die Leichen parade salutirenv Aufstellung nahm. Nach beendigtem Gottesdienst begleitete die gesammte Versammlung, die irdische Hülle des Verewigten auf den Friedhof St. Urban vor dem Metzgerthor: noch ein kurzes Gebet und dumpf rollten dann die drei Ehrensalven der deutschen Krieger über das Grab des jungen Offiziers. Tief bewegt und mit sichtlicher Mühe ihre Rührung bekämpfend, standen an der offenen Gruft die acht französischen Offiziere, welche man zum Schluß ein blauseidenes Täschchen hervorholen sah, da« sie mit Erbe von dem Grabe ihres so- frühzeitig geschiedenen Kameraden füllten. — Der Schauplatz eines gräulichen Stück» Proselytenmacherei war, wie man dem „Börs.-Cur." aus Dresden schreibt, vor Kurzem Meran in Tirol. Eine Dame aus Dresden, Frau I—n, geborene Berlinerin, nahe verwandt mit einer der ersten Familien Berlins, befand sich in Meran mit ihrem einundzwanzigjährigen, an der Lungenschwindsucht dabinsiechendcn Sohn, für den sie in der milden Luft des südtiroler CurortS Besserung suchte. Der Zustand de« jungen Mannes verschlimmerte sich aber mehr und mehr und nahte bald dem Stadium der Auflösung Die Mutter, darniedergebeugt von dem Schmerz um den Sohn, wich nicht von dem Bette des Kranken und eine barmherzige Schwester leistete ihr bei der Pflege hilfreiche Hand. Nacht für Nacht hatte die Mutter an dem Bette de» sterbenden Sohnes gesessen, als die barmherzige Schwester sie eines Tages, als sie sich nur noch mit Mühe an dem Sterbelager ihres Sohnes aufrecht erhielt, bat, doch in einem Nebenzimmer für kurze Zeit Ruhe zu suchen. Die Mutter willigte ein, um. neue Kräfte in einer Stunde des Schlafes zu finden. Während sie diesen aber suchte, trat in da« Kranken zimmer und an das Bett ihre» sterbenden Sohne» ein höherer katholischer Geistlicher, der augenscheinlich von der barmherzigen Schwester, mit der er sich im Einverständniß befand, herbeigerufen worden war. Man wollte den Sterbenden, der jüdischen Glauben« war, in den Schooß der allein seligmachenden Kirche hinüberführen oder richtiger hinüberzwingen, da der Betreffende in diesem Zustande völlig willenlos war. Ein Geräusch weckte die Mutter im Nebenzimmer. Sie eilte herbei und — mußte sehen, wie der katholische Geistliche bereit»- alle Vorbereitungen getroffen hatte, um die Taufe an dem Sterbenden zu vollziehen. Mehr al4 da»; der Geistliche wollte eben da» Zimmer verriegeln, um nicht nur gegen jede andere Störung von außea^ sondern auch gegen da» Hinzukommen der Mutter selbst geschützt zu sein. ES entspann sich nun am Sterbelager eine entsetzliche Scene. Die Mutter verlangte, daß der Geistliche sofort da» Zimmer verlassen soll« ; dieser weigerte sich und e« begann ein förmliche- Ringen zwischen der Frau und dem Priester, der von seiner „Seclenrettung" nicht lassen wollt«. Bei diesem Ringen wurde dem Geistlichen sein Ornat buchstäblich in Fetzen zerrissen. Erst auf den Hilferuf der Frau eilten ander« Meraner Badegäste herbei und befreite« di« D»M P»st Gegenwart de» Proselyten ma'*—^ «»««>!