Volltext Seite (XML)
Mittwoch, denn. Februar. 188» Bestellungen werden bei allen Postanstalten bet deutschen Reiche«, für Bischofswerda und Umgegend in der Expedition diese« Blatte« angenommen. KünfnnddreißdttJahrgang. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittlvock« u. Sonnabends, und kostet einschließlich Sonnabend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich l Mk. 5U Pfg. Inserate, welchr in diesem Blatte dir weitefte BerbrritunG find«,, »«den bi« vienltag und Freitag früh» Uhr an«» noaunrn und kosttt dir dreigespaltrnr Lkorpulzrilr 1» Pf. Beringfier Jnsrratrnbetrag 2ü Pfg. Der sächWe Erzähler, Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen «ud Umgegend. Amtsblatt -er Königl. Amtshauptmannschatt, -er Königl. Schul-Znspectian u. -es Köaigl. Hauptsteueramte» zu Dautzen, sowie -es Aöuigl. Amtsgerichtes un- -es Ita-trathes zu Aijchofswer-a. aushilft und Wagner wurde von ihm ungern auf« gegeben, denn er nannte ihn sein „ConversationS- Lexikon" und bat in guten Zeiten LaSker wiederholt, ihm seinen „Unentbehrlichen" in Ruhe zu lassen. Mit Staatsmännern und Ministern aber verfuhr er, wie seine Gegner nicht mit Unrecht sagen, wie mit Streichhölzern. Gehorsam gilt dem Canzler al« die erste Pflicht, und daher rühren seine Conslicte mit selbstständigen Naturen. 3m preußischen Abgeordnetenhaus« gab die Br- rathung de« CultuSetatS wieder Anlaß zu einer sogen. Culturkampfvebatte, aus der recht augenscheinlich hervorging, daß die Verhandlungen der Regierung mit dem Vatikan einem Friedensschlüsse noch fern stehen. Die LentrumSmänner ereiferten sich gegen Puttkammer wie gegen Falk. Namentlich erklärte Schorlemer-Llst: Er gebe gerne zu, daß die Reden - de« Minister» von Puttkammer nicht mehr so vom Eia besondere« Moment sei Folgende«: Wen» Geiste de« Fanatismus gegen die katholische Kirche früher von der Möglichkeit de« Friedens die Rede beseelt seien wie die Reden Falk'S, indeß könne auch die gegenwärtige Politik seine Partei nicht zufrieden stellen. Die Wirkungen der Sera Falk beständen darin, daß jetzt sehr Biele dasjenige verachteten, wa« früher angebetet worven. Die Abnahme de» GlaubenS an Gott und Jesum Christum, sowie die Socialdemokratie seien Wirkungen dieser Aera Falk. Abg. vr. Falk: Daß er da- Wort ergreife, dürfe nach dem Gehörten nicht wundern. Er habe während der sieben Jahre Anschauungen vertreten, die in weiten Kreisen der Bevölkerung gehegt werden. Er sei überzeugt, daß der Kern der von ihm vertretenen Anschauungen schließlich doch zum Siege gelange. Die Ueberzeugung habe er aus der Geschichte der neuesten Zeit geschöpft. Ganz richtig habe ein Vor redner bemerkt, die Conservativen seien berufen, die liberalen Erbschaften durchzuführen. Seine Ver waltung sei dtScrcditirt worden, deshalb müsse er reden. Da« Fazit der Anschuldigungen sei, daß seine Verwaltung eine rein negative, zerstörende ge wesen. Darin aber habe man ganz Unrichtige« ge troffen. Redner wendete sich zunächst gegen den Vorwurf, daß er die Religiosität de« Volke« unter graben habe und erinnert diesbezüglich an seine bekannte VertheidigungSrede vom vorigen Winter. Wo seien Gründe für den ihm gemachten Vorwurf? Redner rechtfertigte hierauf die zwangsweise Er lernung der deutschen Sprache in den polnischen Schulen, ging dann auf die Ausführungen Windt- horst'« über, meinte, auch durch seine Verwaltung sei rin christlicher Pulsschlag gegangen und rühmte gegenüber einer bezüglichen Anspielung Windthorst'« die tiefe Religiosität de« vorigen Unterstaat-secretär« Ehdow. Den Vorwurf der Förderung der Social demokratie habe er schon im vorigen Jahre in seiner Haltlosigkeit gewürdigt. Wie lange sei e« denn her, daß die Herren von der Centrum«partri mit Hilfe der Socialdemokraten in den Reichstag gelangten? Redner ging «eiter auf den Borwurf de« Fanatis mus ein und erinnerte an die Provokationen de« Eentrum«; am wenigsten sei der Abg. v. Schorlemer- dem Treiben der «>>» Alst »« einem Borwurf berechtigt. Wa« den be- loser Strenge und Entschiedenheit entzegeuzutreteu. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch, den 11. Februar 1880, Nachmittag 6 Uhr. Tagesordnung: Statut zur Errichtung einer Volksbibliothek. — Verkauf eine» Streifen städtischen Areal« am Mühlbassin. — Petition der Herren Fischer und Genossen um Verlängerung der Fleischergaffe. — Wahl des Expedient Lehmann in Königstein zum hiesigen Sparcaffrn-Controleur.— HauS- chaltplan für die Haupt- und Begräbnißlirche auf da» 3ahr 1880. — Haushaltplan für den Bauetat auf da« Jahr 1880. — Anträge de« GaSauSschuffe«. — 'Petition de« Schulgelder-Einnehmer Hille und de« SchulhauSmann» Appolt um Erhöhung der ihnen ausgesetzten Pension. — Petition der Herren Gnauck und ^Genossen in der Wallgasse um Anführung von Röhrwasser. Huste, Vorsteher, sie zurückstoße? evangelische Kirche unter dem Culturkampfr am meisten gelitten habe, gehöre in die Lategorie der iudle vaurenue. Sri denn nicht die orthodoxe Richtung in der evangelische» Kirche gerade durch die Sircheuverfaffuug in den Stand gesetzt, ihre An schauungen sieghaft zur Geltung zu bringen? Wa den Culturkampf betreffe, so habe man ihm eine gewisse Friedlosigkeit vorgeworfen. Aber er habe dem Centrum da« Ziel de« Frieden- ja oft genug ge zeigt und bei den verschiedensten Anlässen seine ver söhnliche Gesinnung bethätigt. Er erinnerte dies bezüglich an verschiedene von ihm erlassene Ver fügungen. Maa habe so viel über die Gründe seine» Rücktritts gesprochen: Diejenigen hätten da« Rechte getroffen, welche gemeint, die Gesammtsituatioa aller Verhältnisse sei für ihn bestimmend gewesen. war, so habe er seine Ueberzeugung dahin geäußert, daß er für Herbeiführung de» Frieden- nicht der geeignete Manu sei. Diese Ueberzeugung habe sich in ihm befestigt; er habe wiederholt geltend gemacht, daß große Kreise der Bevölkerung in ihm ein Hivder- niß für den Frieden erblickten. Da» sei doch ein Beweis von Friedlichkeit. Die längst in Oesterreich schleichende Minister krisis ist jetzt zum Durchbruch gekommen. Die Lösung derselben kann man schon in wenigen Tagen erwarten. Die Rechte drängt, wahrscheinlich mit Rücksicht auf frühere Abmachungen, auf die Besetzung de» Unter richtsministerium» durch eine ihrer Partei nahe stehende Persönlichkeit. In der That sollen bereit» mit dem früheren Chef der UnterrichtSsrction im „StaatS- miaisterium", Ritter von Kriegsau, ernste Unter handlungen wegen Uebernahme des Portefeuilles für Unterricht eingeleitet worden sein und dessen Er nennung in naher Aussicht stehen. Der Verfassungs partei aber ist e» kein Geheimniß geblieben, daß im Falle der Ernennung de« Herrn v. KriegSau zum Unterricht-Minister, Herr v. Stremahr und wahr- fcheinlicherweise auch der Handelsminister Korh- Weidrnheim und der Lande-vertheidigung-minister Herr v. Horst au« dem Cabinete scheiden würde«. Die Regierung würde somit den Character der Coalition, den sie bi« jetzt angenommen hat, voll ständig ablrgrn und eine Gestaltung annehmen, wie sie der Rechten de« Hause- entspricht und genehm ist. Die Bemühungen de« Grafen Taaffe , Herr« von Stremahr al« Justizminister in dem so neugr- bildeten Ministerium zu erhalten, werden al« ganz erfolglos geschildert. Interessant ist noch zu er wähnen, daß wenn Herr v. Stremahr in den nächsten Tagen au« dem Cabinete scheidet, er gerade, mit einer kurzen Unterbrechung, zehn Jahre al« Minister im Amte «ar, nachdem am 13. Februar de« Jahre» 1870 Herr von Stremahr in da« Miuiftertma berufen wurde. Die italienische Regierung scheint entschlossen, ,Italia Trredeata" mit nachfichtS- klagten JndiffereutiSmuS der Gebildeten gegenüber Die diesfalls an di« Präfekten erlassenen Geis«««» der Kirche betreffe, so hätten seine Bestrebungen der de« Ministers d«S Innern lasten an Deutlich«» Beseitigung diese« Jndifferentirmu« gegolten. Werden und Energie nicht« zu wünschen übrig. RanreMUch diese »reist aber denn gewonnen für die Kirch«, «erden darin di« Präfectra angewiesen, auf die ihrer wenn mm» dieselben la Acht und Aberacht erkläre Administration untergebenen Provinzen iu derArt Politische Wettschau Seitdem Fürst Bismarck wieder in Berlin an wesend ist, werden die Vorlagen für den Reichstag, welcher bekanntlich nächsten Donnerstag zusammen- tritl, sehr beschleunigt. E» wird als geradezu er- Htaunlich geschildert, mit welcher Ruhe, Sicherheit «nd Consrquenz der Reich«canzler die verschiedensten Dinge neben und durcheinander behandelt. Wenn er auch nicht, wie einst Julius Cäsar, sieben Briefe auf einmal dictirt, so giebt er doch in ununterbrochener Folg« der Geschäfte seine Entscheidungen mit einer Schnelligkeit und Präcision, die nur dadurch möglich werden, daß bei ihm Alle» einem leitenden Gedanken «ntergeordnet ist, und daß er bei jeder Gelegenheit -Leine ganze Geisteskraft auf einen Punkt concentrirt. Lin hochgestellter Diplomat hat versichert, daß wicht« lehrreicher sei, al» ein Nachtischgespräch ViSwarck'S und die Art und Weise, wie er sein Opfer auf unscheinbare Art und mit voller Offenheit «Umälig einzuspinnen verstehe, so daß der Unglückliche iu der Meinung nach Hause gehe, nicht nur auf einmal «in staatsmännische» Genie, sondern auch der Ver traute de- Fürsten geworden zu sein. Im dienstlichen Verkehr hört bei dem Reichskanzler jede Vertrau lichkeit auf. Im GcneralSrock verlangt er nicht -allein militärische DiSciplin, sondern auch militärische Knappheit und Präzision, so daß ein Vortrag von zehn Minuten das höchste ist, wa» er an Zeit be- willigt. Ein alter Rath, der zweimal die KukukS- nhr hatte rufen lassen, erschien nie mehr vor seinem Lugesicht. Fürst Bismarck ist offen, und wen die» unan genehm berührt, der meint wohl auch, die Offenheit -«inner« an die klassische Grobheit. Er zählt keines wegs zu de« Naturen, welche keinen Widerspruch /vertragen, im Gegentheil, aber der Widerspruch muß Furz und gut motivirt sein; auch darf er nie den Anstrich haben, al» wolle der Gegner nur da» Ge wicht seiner Erfahrung oder seiner Person einsetzen. .Neben sich oder gegen sich gesteht der Fürst Niemandem Bedeutung zu. Hierin bleibt da- Bei- Hpwl de» Grafen Arnim lehrreich, wobei nicht ver gessen werden darf, daß einst die DiSciplin in Diplomatik, wie die Affäre Usodom und die Ent- -hüüuogen Lamarmora» bewiesen, Manche» zu wünschen übrig ließe. Daß der Canzler, der Wankel- wurh und Schlaffheit stet» erkennt und vielen Zeit- gruoffe» in da» Herz geschaut hat, den Personen im Dienst gegenüber kein leichter und angenehmer Vorgesetzt«; ist, versteht sich von selbst und viele Heiner Untergebenen versichern, daß sie eine gewisse Furcht vor ihm nicht ganz zu überwinden verstehen. Wie er «ach Außen nicht mit Theorien, sondern wur mit realen Mächten rechnet, und, nach seinem «ignen drastischen Spruch, die Politik, wie die Schnepfenjagd auf sumpfigem Terrain betreibt, den -rechten Fuß erst vorwärt» setzt, wenn der linke den -Halt gefunden hat, wie er dieselbe Praxi« im Ber- jehr mit den politischen Parteien betrieben hat und cSet» di« Hand derer ergriff, die seine Zwecke förderten, -so ist ihm auch jede Person, jede« Ding nur so viel -w«ch, al» sie im gegebenen Augenblick und für den ichchtimmtea Zweck in da« Gewicht fallen. Lothar Akuher sieht bri ihm so fest, weil feine hervorragend« ^Befähigung dem Canzler in den schwierigsten Fällen