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11878. da« Abgeordnetenhaus den Candidaten der Regierung, Koloman Ghiczy, mit großer Majorität zum Präsidenten erwählt, gesichert scheint. Dagegen fetzte die Zerfahrenheit der sogenannten Berfaffungs- partei und die wachsende Abneigung der ReichS- rathsmehrheit gegen den Grafen Andrassh der Reubildung des österreichischen CabinetS durch de» Baron von PretiS so ernste Schwierigkeiten entgegen; daß der Letztere bekanntlich sein Mandat zur Bildung eiyes neuen parlamentarischen Ministeriums in die Hände des Kaisers zurückgegeben hat. Eine neueste Wiener Depesche vom Freitag läßt durchblicken, daß man bei solcher Lage der Sache bereits in gewissen Kreisen daran gedacht haben könnte, den ReichSrath nach der Wahl der Delegationen aufzulösen. Diese Gerüchte werden indeß als völlig unbegründet be zeichnet und so steht denn wenigstens Cisleithanien vor einem schwer zu lösenden Räthsel. In Italien ist die Lösung der Ministerkrisis in dem Sinne geschehen, daß sich das Cebinet nun mehr in erster Linie bloS auf die Linke stützen zu wollen scheint und wenn die verschiedenen Gruppen der neuen Mehrheit auch nicht eben leicht zusammen zuhalten sein werden, so muß doch Jedermann zu geben, daß diese Majorität gleichförmiger ist, als diejenige der Partei Cairoli mit ver Rechten, an deren Constituirung der Deputirte von Pavia, nach der ursprünglichen Zusammensetzung seiner Admini stration zu urtheilen, eine Zeit lang gedacht haben mochte. — Zu den Diebstählen im größten Umfange, welche gegen Staatsbanken oder ansehnlich finanzielle Privatinstitute begangen werden, meldete vor wenigen Tagen der Telegraph auch eine Unterschlagung von 2,400,000 Francs bei der Nationalbank in Genua. In Bezug auf diesen Fall bringen inzwischen venezianische Blätter nähere Mittheilungen, deyrn zufolge die genannte Bank von ihrer Filiale in Ancona drei Felleisen empfing, die angeblich 7 Millionen Francs in Banknoten enthielten. Beim Oeffnen der Felleisen sand man nun in einem derselben statt Noten Holzbrettchen. Der Verdacht, diesen Betrug verübt zu haken, fiel nun auf den Cassirer dieser Filiale, der die Sendung effectuiW hatte, und wurde derselbe auch sogleich Ungezogen^ Dieser behauptet aber und bringt auch Beweist, dafür, daß er die Felleisen gehörig gefüllt habe, so Politische Weltjchau. Die Ausführung des Söcialistengesetzes hät in der verflossenen Woche erhebliche Fortschritte gemacht. Mit einer Energie, die den vollen Erfolg des Ge setzes sichert, sind die Behörden an die Beseitigung der Eiterbeulen gegangen, die unser öffentliches Leben verunstalten und vergiften. Einzelne ultramontane Blätter haben ihrer Zeit, als es wahrscheinlich schien, daß die Kissinger Verhandlungen zu einem Frieden zwischen dem Vatikan und Deutschland -führen würden, dem Vatikan damit gedroht, daß tsie lieber in das socialdemokratische Lager übergehen, als auf ihre oppositionelle Stellung verzichten würden. Wenn solche Gelüste wirklich bestauben, — heute dürsten sie wohl verschwunden sein. Dem .Martyrium" der Socialisten fehlt der theatralische Effect, den die Ultramontanen brauchen, um auf die Mafien zu wirken. Der Uebergang in das socialistische Lager würde für den Ultramontanismus leiblicher Und geistiger Tod sein. Die Herren müssen sich also wohl oder übel mit einer platonischen Liebe begnügen. Ueberdieß sind ja in der letzten Zeit die Hoffnungen auf einen Frieden zwischen Kirche und Staat wiederum in weite Ferne gerückt. Der Papst scheint Forderungen zu stellen, die der Minister eines deutschen, vorwiegend protestantischen Staates unmöglich erfüllen kann. Der deutsche Handelsrag war am 30. und 31. Oct. in Berlin versammelt, um über die wichtige Frage seiner Fortexistenz zu berathen. Die Letztere erscheint zur Zeit gesichert; wenn indeß die Reichs regierung den Wünschen der Versammlung entgegen- . kommt, dürfte an die Stelle des Handelstages ein volkswirthschaftlicher Senat treten, welcher zum Theil aus kaiserlicher Ernennung, zum Theil aus Wahlen hervorgchen wird. In Oesterreich-Ungarn ist die Minister krisis noch immer in der Schwebe, doch werfen die kommenden Ereignisse schon ihre Schatten voraus. Ministerpräsident Tisza hat die Mehrheit des ungarischen Reichstags durch die Behauptung, die Occupation Bosniens sei unerläßlich gewesen, um das Reich vor den Umschlingungen des Panslavismus zu retten, für seine Politik gewonnen, so daß der Fortbestand seines Ministeriums, zumal nachdem > Dreiunddreißigster Jahrgang. Bischofswerda, Stolpen und Umgegend- Amtsblatt der Kgl. Amtshauptmannschaft und der Kgl. Schulinspectis» ZN Kauhea, sowie des Königlichen Gerichtsamtesund des Stadtrathes zu Dischofswerbü. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kostet einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SO Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden dir Dienstags und Freitags früh » Uhr angenommen. 90. I Mittwoch, den 6 November.