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Wochenblatt für. Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannschaft und -er Kgl. Schnlinspection zu Kautzen, sowie -es Königlichen Gerichtsamtes un- -es Sta-trathes zu Dischosswer-a. Dies« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabend» und kästet einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich t Mark bl) Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden bis Dienstag« und Freitags früh N Uhr angenommen. 71.1 Sonnabend, den 31. August j 1878. Der Deutsche Nationalfesttag. Es mag der lebenden Generation schwer fallen, von den Gedenktagen, die eine Geschichte ohne Gleichen zählt, die Ruhmcsthaten zu trennen, aus denen das neue deutsche Reich hervorgegangen ist, mit größerem Rechte „an Siegen und an Ehren reich", als im Lied vom deutschen Vaterland dem Staate gespendet wurde, der manches Jahrhundert lang die „Vormacht" Deutschlands schien. Aber je mehr man von den Siegesthaten absieht, und nur an die Summe des Erfolges denkt, je mehr man demnach den Blick auf das Ganze geheftet hält, um ebenso viel mehr wird die Bedeutung wachsen, die man einem nationalen Festtage selbst beizulegen vermag. Man hat lange geschwankt, ob man als den deutschen Nationalfeiertag denjenigen Tag pro- clamiren soll, an dem durch den Friedensschluß die Erfolge, die man errungen hatte, so weit sicher ge- gestellt wurden, als dies auf solchem Wege über haupt geschehen kann, oder den Tag, an dem auf einen Schlag die Feindesmacht zusammenbrach und einem Unheil erlag, dessen vernichtende Consequenzen auch die äußerste Kraftanstrengung und der größte Opfermuth nicht abzuwenden vermochte. Fiel die Entscheidung schließlich nicht auf den FriedenStag, sondern aus Rücksichten der günstigeren Jahreszeit für ein Volksfest auf den größten Siegestag, so soll man trotzdem nicht die That feiern, so unvergleich lich'sie sein mag, sondern das, was durch diese That dem deutschen Volke gewonnen wurde, und wie an dem Siege „rings um Sedan" alle deutschen Stämme betheiligt waren, und wie aus dieser Waffen verbrüderung der Gedanke erwuchs, eine sichtbare Form der deutschen Einigung zu suchen, so feiern wir am Ruhmestage des zweiten September die deutsche Einigung, das neue deutsche Kaiserthum, nicht wie das alte: ein heiliges römisches Reich deutscher Nation, sondern ein Kaiserreich aus ur eigener deutscher Kraft und nationaler Selbst bestimmung. Das ist der wahre nationale Feiertag, das die Bedeutung, die man ihm geben muß, um ihn höher zu heben, als er durch die Erinnerung an den größten Wasfenerfolg, von dem die Weltgeschichte zu berichten weiß, gehoben werden kann, das die , Dreiunddreißigker Jahrgang Idee, welche für alle Zukunft befruchtend wirkt und darum den Widersachern der neuen Ordnung am meisten verhaßt ist, das ein Banner, zu dem sich alle Parteien bekennen, die unbeschadet ihrer Gegner schaft unter sich, doch darin Eins sind, daß sie treu zu Kaiser und Reich stehen. Es sind auch nur zwei Parteien, die sich von der nationalen Feier ausgeschlossen und dadurch sich selbst als reichsfeindliche beurkundet haben: die Röm linge und die Rothen , beide in gleicher Art unzu frieden mit der neuen Ordnung der Dinge, beide nicht gewillt, sich den Rücksichten zu fügen, welche an die Staatsidee und an ein Vaterland geknüpft sind, beide internationale Verbindungen gegen die bestehende Ordnung im eigenen Baterlande unter haltend und in dieser Beziehung längst und treffend gekennzeichnet, die eine als die schwarze, die andere, als die roth- Internationale. Lassen wir sie bei Seite stehen und erinnern wir uns des Tages, an welchem vor nunmehr acht Jahren das deutsche Reich wie ein Phönix aus der Asche stieg! Wir fühlten schon damals, daß auf der Wahlstatt von Sedan, wo Preußen, Baiern und Sachsen vereint um die Palme gerungen, die Deut schen sich als Brüder wiedergefunden hatten und durch die Bande des Blutes aus's Neue zu einer Volksfamilie zusammengekittet worden waren; und der Opfer gedenkend, die für un» gefallen waren, gelobten wir in wehmüthiger Dankbarkeit, daß wir fortan sein wollten „ein einig Volk von Brüdern, in keiner Noth uns trennen noch GefahrUnd wir reichten uns die Hand zum neuen Bunde, zur Be gründung des neuen Reiches, das als die Erfüllung eines alten, von unseren Edelsten gehegten, aber von Vielen belächelten Traumes zum Staunen der gesammten Mitwelt an'S Licht trat und kräftig emporstieg. Acht Jahre sind seitdem vergangen; viel Gutes ist über uns ausgegossen worden; aber wie kein Licht ohne Schatten ist, so blieben schwere Prüfungen und Verwirrungen auch uns nicht erspart. Durch die Noth der Zeit begünstigt, wuchs ein vater- landSloseS, ein Herz- und gewissenloses Treiben unter uns auf, aus dem schreckliche Unthaten, meuchel mörderische Angriffe auf das greise Haupt Deffen hervorgingrn, der uns in jene» Heldenkämpfnr ge führt, und uns seitdem allezeit vorgeleuchtrt har als