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(Centrum) spricht gegen die Vorlage, die keine wirk samen Garantien für die Unterdrückung der sociali- stischen Agitation, ja nicht einmal für die Verhinde rung neuer Attentate biete, während die Agitation wirksamst nur durch die Wiederbelebung des Christen- thumS bekämpft werden könne, indeß wolle seine Partei sich nicht rein negativ verhalten, sie wolle die Verweisung an eine Commission, wo man auch unter suchen könne, welcher Verbesserungen ras Strafgesetz buch nöthig sei. Helld orf (deutschconservativ) ist für das Gesetz und gegen eine Bestimmung über die Giltigkeitsdauer des Gesetzes. Er empfiehlt die Correctur ves allgemeinen Wahlrechts und die Ver längerung der Legislaturperioden. Bebel bestreitet den Zusammenhang der Attentate mit der Social demokratie und verlangt Kenntniß von dem Resultate der Untersuchungen gegen die Attentäter. Ueber die Ziele der Socialdemokratie befände sich der größte Theil des deutschen Volkes in Unkenntniß, wie solle da die Polizei darüber entscheiden können. Die Socialisten wollten nicht Abschaffung des Eigenthums, sondern nur andere Gestaltung der Eigenthums- verhältnisse. Die Regierung habe die Socialdemo kratie früher nicht gefürchtet, sondern gesucht. Das Socialistengesetz greise ein in Privateigenthum und schäbige die socialistischen Zeitungen und Druckereien und Genossenschaften. Minister Eulenburg: Ueber die Zulassung des Materials des Nobiling'schen Protestes haben die Justizbehörden zu entscheiden. Ich weiß, daß Nobiling aussagte, er habe social demokratischen Versammlungen beigewohnt, daran Gefallen gefunden und theile die Grundsätze der Als Grund dafür,! daß der Kronprinz nicht > wie ursprünglich beabsichtigt — den Reichstag «» öffnete, wird u. A. von bestunterrichteter Ged» die baldige Wiederübernahme der RegierungSgeschäste durch den Kaiser selbst angegeben. Hierauf soll es auch zurückzuführen sein, daß die diesmalige Thron rede nur von dem der Berathung untÄiegeadm Socialistengesetzentwurfe handelt. Da der Abg. Liebknecht in der 1. Sitzung de- Reichstages bei dem auf den Kaiser au-gebrachteu H Hoch sitzen geblieben ist, die Abgg. Bebel und Fritzsche sich aber vorher aus dem Saale entfernt hatten, so soll die Geschäftsordnung des Reichstags dahin rr- weitert werden, daß solche« Benehmen, wie da« Liebknecht'«, durch einen Ordnungsruf gerügt werde. Das Verhalten Bebel's entspricht jedenfalls den ge- sellschastlichen Regeln und Formen eine« anständigen Umgangs besser. Den Manövern des 1 l. ArmeecorpS bei Kassel werden der Kaiser, der deutsche Kronprinz, die Prinzen Wilhelm und Albrecht, die Großhcrzöge von Sachsen und Oldenburg, der Fürst von Waldeck-Pyrmont, sowie der Prinz Alfred von Großbritannien beiwohnen. Von preußischen Offizieren der Chef de« General stabes, Feldmarschall v. Moltke, der Generatfeld- marschall v. Manteuffel, General v. PodbielSki, Generallieutenant v. Bülow, General der Cavallerie Frhr. v. d. Goltz, Generalmajor v. Lucadou ; außer dem russischen Militärbevoümächtigten, General lieutenant v. Reutern, werden militärische Gäste aus Rußland, Frankreich, Spanien, Schweden nnd Belgien erwartet. socialdemokratischen Partei. Die socialistische Presse hat den Attentäter exculpirt, den Attentaten in Ruß land zugestimmt, die ausländische Presse der Partei hat den Unlhaten Hödel's und Nobiling's zugejauchzt. Marx sagt: Unsere Zwecke können nur durch gewalt samen Umsturz erreicht werden. Aehnliche Aussprüche finden sich in Bebels Schriften. Ueber frühere Ver bindungen der Regierung mit der Socialdemokratie weiß ich nichts. Ich betone aber, die Regierung hatte die Pflicht, die Wurzeln der Bewegung und ihre Verbreitung kennen zu lernen. Daß in neuester Zeit Verbindungen mit der Socialdemokrati« erneut angeknüpft, muß ich auf das Bestimmteste bestreiten. Bamberger (national) spricht für das Gesetz; Bebels Rede sei der unwiderlegbare Beweis für die Noth- wendigkeit, den Gefahren der Socialdemokratie enl- gegenzutreten. Bamberger will aber die Beschrän kung des Gesetzes auf eine gewisse Zeit und eine Revisionsinstanz, die größere Garantien biete. Der selbe beantragt Verweisung an eine einundzwanzig- gliedrige Commission- — Die weitere Debatte wurde auf den 17. Sept, vertagt. In Rcichstagskrcisen verlautet, daß der am 16. d. M. um 12^ Uhr Mittags hier eingetroffene Reichscanzler Fürst-Bismarck der morgigen Sitzung im Reichstage beiwohnen und Gelegenheit nehmen wird, auf die heutigen 'Anklagen Bebel's des Näheren zu erwidern. In der morgigen Sitzung werden, wie man hört, noch das Wort ergreifen die Abgg. Hänel, Löwe (Bochum), v. Kardorff und Freiherr von Hertling. Die erste Lesung wird jeden falls morgen ihr Ende erreichen. Nachdem am Sonnabend um 6 Uhr Abends das Comitee für die WilhelmSspende von dem ge schäftsführenden Ausschüsse Bericht über die Samm lungen entgegengenommen, erfolgte Sonntag Mittag 12^ Uhr die Uebergabe der Spende an den Kron prinzen. Das Comitee war sehr zahlreich vertreten, an seiner Spitze erschien Graf Moltke, ferner Graf Eülenburg-Prosten, Freiherr v. Forckenbeck, Bürger meister Duncker, der Präsident der Seebandlung, Excellenz Bitter. Die Uebergabe erfolgte in einem Depositenschein über 1,800,000 Mark, welche in der Seehandlung deponirt sind. Die Zahl der Geber beziffert sich auf 11,500,000, die der mit Beiträgen vertretenen Gemeinden auf 75,000. Die Audienz währte nahezu eine halbe Stunde. Die Enthüllungen, welche der Chef der Admiralität, von Stosch bei Beantwortung der Interpellation Mosle über den Zusammenstoß der Schiffe König Wilhelm und Großer Kurfürst vor versammeltem Reichstag zum Besten gegeben hat, haben überall einen peinlichen Eindruck gemacht. Herr von Stosch hat der öffentlichen Meinung die älteren Seeoffiziere recht eigentlich als die Gegner seiner Verwaltung und als seine persönlichen Feinde denunzirt. Die Vorgänge hinter den Coulissen, welche den Chef der Admiralität zu diesem nicht gerade gewöhnlichen Vorgehen verführt haben, werden vielleicht nicht auf die Dauer unbekannt bleiben. Nach weitverbeitetru Gerüchten sind gelegentlich der letzten Anwesenheit de« Chefs der Admiralität in Siel Differenzen zwischen ihm und einigen Marineoffizier«» auSge- brochen, welche für die Betheiligtrn sehr greifbare