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Vehmungen statt. Am Dienstag wurden die Mutter und Schwester des Verbrechers, welche Letztere Hier selbst als Krankenpflegerin in einer öffentlichen An stalt fungirt, vor dem Untersuchungsrichter vernom men. Die Mutter ist vor Gram über den unge- rüthcnen Sohn kaum wiederzuerkennen. (In Posen wurden vorgestern die beiden dort wohnenden Halb schwestern N.'S vernommen.) Die Verhandlungen des Staatsgerichtshofes gegen Hövel wegen des Mordversuches gegen den Kaiser finden bekanntlich am 10. und 11. Juli öffentlich statt. Der Zuschauerraum des Sitzungssaales faßt im Ganzen etwa 100 Personen, und soviel Personen werten auch Einlaß erhalten. Der Botenmeister beim Kammergericht ist angewiesen, bei der Vertheil- ung der Einlaßkarten, welche erst kurz vor der Er öffnung der Sitzung erfolgen soll, die ZeitungSbericht- erstatler besonders, zu berücksichtigen. Lej. sämmtlichen Waffengattungen der bairischen Armee, der Infanterie, den Jägern, der Cavallerie, Artillerie, Pionnieren und dem Train sind endlich die Ab- und Ranzzeichen wie in der preußischen Armee eingesührt worden- Die Offiziere tragen jetzt nicht mehr als Zeichen des Dienstes den Ring kragen mit der Namens-Chiffre res Königs von Baiern, sondern wie die preußischen Offiziere silberne Schärpen mit den bairischen Landesfarben durch wirkt, eben so Epauleites mir den Gradzeichen der Armee und im kleinen Dienst Mützen mit der bairischen Cocarde. R ii ß I a n d. Die .Ostdeutsche Zeitung" läßt sich aus Kalisch vom 25. d. melden: Die am 23. ausgebrochene Revolte sei durch das Einschreiten des Militärs un terdrückt worden, der Gouverneur habe einen Tages befehl erlassen, wonach alle Läven am folgenden Tage geschlossen bleiben sollten und nicht mehr als drei Menschen aus der Straße zusammengehen dürfen. 80 Personen, darunter 10 Geistliche, seien ver haftet, gegen 300 andere Personen seien zur Anzeige gebracht, welche alle vor das sofort eingesetzte Kriegs gericht gestellt werden würden Man schätzt den an- gestifleten Scharen auf über 200,000 Rubel. Frankreich Der Bericht der Oberrcchnungskammer über das Jahr 1870—71 ist erschienen. Wie der TempS" wisst n will, hätte sich herausgestellt, daß der Kaiser 26 000 Hectaren Wald ungesetzlicher Weise verkauft habe, um Überschreitungen seiner Civtlliste auszu gleichen; die bonapartistischen Blätter leugnen dies. In Pari« spricht man von einer Verlängerung der Ausstellung, ja einige Blätter haben den Vor schlag gemacht, die Ausstellung für eine Winter- Campagne auszustatten. In Frankreich scheint eine partielle Amnestie be vorzustehen. Die „France" versichert, daß der Präsident der Republik sich auf die dringenden Vorstellungen der Minister Dufaurc Barooux entschlossen Hal, den nationalen Festtag vom 30. Juni durch einen Be- gnadigungsacl zu verherrlichen, der vermöge seines Umfangs einer partiellen Amnestie gleichkäme. Auf Grund der Vorschläge des Gnadenausschuffes und deS Justizministeriums soll die Wohlthat dieses Actes der Milde mehr als 800 Deportieren von Reu-Caledonien zu Gute kommen. Für daS betrefftrid« Nationalfest, welches am nächste« Sonntag stattfinden soll, werden in Paris bereits allenthalben groß artige Vorkehrungen getroffen, von welchen nur einige Ziffern einen Begriff geben mögen. Das Boulogner Gehölz soll von 100,000 in den Bäumen angebrachten farbigen Ballons, von 30,000 auf dem Boden ruhenden bunten Lämpchen, von 32,000 Flammen in den Guirlanden ringsum und von 24 elektrischen Sonnen beleuchtet sein; von dem Hauptthore dieses LustwaldeS bis zum Triumphbogen sollen sich 220 Lustres von je 200 Lämpchen hinziehen und diese Lichlketten dann durch die elysseischen Felder bis zum Concordien platze herabsteigen, wo dann der Tuileriengarten auf'S Neue 35,000 Lämpchen absorbiren wird. Auf der Seine werden sich die Ruderergesellschaften mit 120 Booten, die von 12,000 Lichtballons geschmückt sind, in pittoresken Trachten zu einem venetianischen Feste vereinigen, in welchem sich von fünf großen, in Sammt und Seide prangenden Barken Musikbanden vernehmen lassen werden. Der Zapfenstreich wird von vier Banden, hundert Trommlern und hundert undfünfzig Trompetern ausgeführt; ihnen werden hundert Cürassiere mit Gasfakeln und dreihundert Infanteristen mit Laternen und Oriflammen daS Geleite geben. Im Tuileriengarten endlich ei» Riesenconcert von vierhundert Sängern und dreihundert Jnstrumenlisten mit einem koßmopolitischenProgramm, in welchem man neben der unvermeidlichen Cantata: Oloire s la kranoe! (Text von Victor Hugo, Musik von Francois Bazin) auch Nummern wie „Loreleh" von Mendelssohn und die „Aufforderung zum Tanze" von Weber bemerkt. Spanien. Die Königin von Spanien ist am 26. Juni ge storben. (Die Königin Maria de las Mercedes, die jüngste Tochter des Herzogs v. Montpensier, war am 24. Juni 1860 geboren und seit dem 23. Januar d. I. mit dem König Alfons vermählt. Die so früh Heimgegangene Fürstin hatte somit eben erst das 18. Lebensjahr überschritten.) Madrid, 26. Juni. Die Leiche der Königin wird morgen öffentlich ausgestellt werden. Am Feitag soll dieselbe nach der königlichen Begräbniß- stätle im Eskurial übergesührt werden. In der Sitzung der Kammern, welchen das Ableben der Königin mitgetheilt worden war, gab der Präsident dem allgemeinen Bedauern über den entsetzlichen Verlust, den das Land erlitten hat, Ausdruck. Die Sitzungen wurden darauf bis auf Weiteres aufge hoben. In der Stadt herrscht infolge des HinscheidenS der Königin große Niedergeschlagenheit. Türkei. In Constantinopel heißt es, daß der deutsche Botschafter, Prinz Reuß, Constantinopel sehr bald verlassen und noch im Juli seinen neuen Posten in Wien anireten werbe. — Es verlautet daselbst, daß eongreßmäßig die Schleifung sämmtlicher Donau- und bulgarischer Festungen beschlossen sei. Athen, 27. Juni. Nach hier vorliegenden Nachrichten aus Kreta haben sich die Türken bei Kanea concentrirt. Die Verbindungen sind unter brochen. Die Zahl der von den Türken nieoerge- metzelten Kretenser ist noch nicht festgestelll. Alt-tN-