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dterHätjken aller clertkaten Blätter, Louis Deuillot vom „Univcrs", in einer langen Audienz fstr die der Kirche geleisteten Dienste den wärmsten Dank bezeugt. Eine Thatsache ist es ferner, daß der Exjesuit Curci sich in einem an den Papst ge richteten demüthigen Schreiben dem „unfehlbaren Lehramte" in Bezug auf die Lehre von der welt lichen Herrschaft unterworfen hat und daß ein Buch des früheren Ministers Minghetti über „Staat und Kirche", welches einerseits für die Trennung beider, andererseits aber für die Souveränität des Staates eintritt, auf die Liste der verbotenen Bücher gesetzt worden ist. Wie es heißt, wird der Papst zu dem nächsten Consistorium, das im Laufe des MonatS Juni abgchalten werden soll, die Nuntien von Wien, Paris, Madrid und Lissabon nach Rom berufen, um sie zu Carvinälen zu ernennen. Aus Frankreich haben wir anläßlich des Atten tates auf Kaiser Wilhelm Worte vernommen, die in ganz Deutschland einen freudigen und dankbaren Widerhall fanden. So schrieb beispielsweise der „Gaulois": „Ob Deutsche, Russen oder Franzosen, die Socialisten sind überall dieselben. Auf das Un glück ihres Vaterlandes, auf das Verderben der ganzen Welt gründen sie den Erfolg ihrer nichts würdigen Pläne. Dank der Vermittelung des Kaisers Wilhelm, begann man in Europa einen friedlichen Ausgang des zwischen Rußland und England aus gebrochenen Conflicts zu erhoffen. Der Friede in Europa bedeutete aber die Befestigung der bestehen den Gewalten, den russischen Thron gestärkt auf den Grundlagen, welche der Socialismus zu untergraben sucht, die Revolution auf lange gelähmt, wenn nicht für immer besiegt. Der deutsche Socialismus reichte nun über die Grenzen hinweg dem russischen die Hand. Der Kaiser Wilhelm konnte den Kaiser Alexander und mit ihm das russische Reich retten; da trachtete ein deutscher Socialist den Kaiser Wilhelm aus dem Wege zu räumen. Angesichts eines solchen Ver brechens muß man für einen Augenblick den schweren Groll vergessen, der seit den deutschen Siegen auf uns lastet, und rückhaltslos Entrüstung über das Attentat und Freude über sein Mißlingen bekunden. Indem die Vorsehung den Kaiser Wilhelm vor den Kugeln des SocialisrnuS rettete, hat sie ohne Zweifel Europa vor einem allgemeinen Brande bewahrt. Ihre Rathschlüsse erfüllen uns mit Dankbarkeit." — Wir sind heute überzeugt: Kaiser Wilhelm könnte allein durch die Straßen von Paris fahren, ohne sich der Gefahr auszusetzcn, die sich ihm unter demSchutze seiner Hof burg nahte. Noch eine andere Thatsache trägt dazu bei, die gegenseitigen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich so freundlich zu gestalten, als es die Verhältnisse irgend erlauben. Die Er öffnung der deutschen Kunstabtheilung im A usstellungs Palast des Marsfeldes gestaltete sich zu einem warmen Austausch gegenseitiger Sym pathie-Bezeugungen zwischen Deutschland und Frank reich durch die Worte des deutschen Botschafters Fürsten Hohenlohe und des Handelsministers Teisserenc de Bort. Die deutsche Kunstausstellung selbst ist ein Gegenstand des lebhaftesten Besuches. Das mit einer gewissen neugierigen Erwartung in den deutschen «Gaal stch begehende HM^üm Hk m feinet allgemeinen Kritik einstimmig: daß die deutsche Abtheilung ein künstlerisches Ganze darbietet, welches den Künstlern, deren Werke hier vertreten sind, und den mit dem Arrangement vertrauten Männern zur höchsten Ehre gereicht. Die deutsche Sektion nimmt einen hervorragenden und würdigen Platz unter den schönen Künsten der Weltausstellung ein. Wie man auch überden russisch-englischen Conflict und dessen endlichen Ausgang denken mag, jedenfalls bat derselbe seinen acuten Character ver loren, ist in das Fahrwasser ruhiger diplomatischer Verhandlungen eingelenkt und wirkt infolge dessen nicht mehr so unmittelbar beunruhigend, als vor wenig Wochen noch, wo jeden Augenblick zu befürchten war, daß am Marmara - Meer die ersten Schüsse fallen würden. Allerdings läßt sich heut noch nicht ermessen, ob eine friedliche Beilegung möglich sein wird, un verkennbar aber ist auf beiden Seiten der gute Wille dazu vorhanden und dies allein genügt, um die von den Aussichten auf einen allgemeinen europäischen Krieg beunruhigte Welt wieder zu beschwichtigen. Die „Agence Russe" ließ sich dieser Tage über die politische Lage aus und hob dabei hervor, England habe, nachdem es lange Zeit hindurch das System der Nichtintervention befolgt und für die internatio nalen Angelegenheiten kein Interesse an den Tag gelegt habe, das Bedürfniß gefühlt, zu beweisen, daß es noch das alte England sei, dessen mit größter Schnelligkeit auf dem englischen Continent, in allen Meeren und in den entlegensten Colonieen angehäufte Actionsmittel seine Macht bestätigten. Rußland seinerseits, das kaum aus einem heroischen und kost spieligen Kriege hervorgegangen, habe durch große Vorbereitungen dargethan, daß es bereit sei, die patriotischen Acte des ruhmreichen Heldenmuthes einer dicht um ihren Souverän geschaarten Nation von 85 Millionen zu erneuern. Die Spalten der Jour- - nale seien seit den letzten Monaten angefüllt mit den Details, welche diese doppelte Demonstration consta- tirten, und man müßte an der menschlichen Weisheit verzweifeln, wenn die Regierungen, welche über solche gigantische Actionsmittel verfügten, vor deren An wendung sich nicht fragen sollten, ob die schrecklichen Uebel, die sie sich gegenseitig zufügen könnten, ausge wogen würden durch die besonderen Vorthcile, die daraus hervorgehen könnten, und ob diese furchtbare Macht, wenn sie nicht mehr angewendet werde, um sich gegenseitig zu schaden, sondern um sich im Orient, in Europa und Asien gegenseitig beizustehen, nicht viel größere Vorthcile für diese Mächte, für Europa und für die Humanität zur Folge haben könne. Wenn nun aber diejenigen, denen mehr daran liege, das, was sie thun, zu verantworten, als sich von Leidenschaften und Gereiztheiten beein flussen zu lassen, sich die Frage stellen, was ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten erheischen, so sei der daraus zu ziehende Schluß ein leichter. Bei einer ruhigen und verständigen Beurtheilung sehe man leicht, daß England und Rußland sich lange Jahre gegenseitig schweres Unheil zufügen können, ohne daß sie auf den Punkt gelangen, wo der eine Theil den andern dahin gebracht habe, sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben; vergeblich suche man aber nach .