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11878 Mittwoch, den 22. Mai. / ve'-i gesammelten Kräften den gemeinsamen Feind be kämpfen will. DaS Ereigniß vom 11. Mai ist eine ernste Mahnung an Alle! Beherzige sie ein Jeder zunächst für sich selbst, bevor er gegen Andere Vorwürfe erhebt! Neben der Orientfrage steht in Oesterreich als gleichwichtig das Ausgleichsdrama auf der Tages ordnung. Die Regierungen der beiden Reichshälften haben den ganzen Complex der noch bestehenden Differenzen zur Austragung gebracht, und sie legen ihre neuen Vereinbarungen den legislativen Körper schaften als ihren letzten Versuch vor, der Monarchie den inmrn Frieden wiederzugeben. Auf rin neues Markten und Feilschen wegen den Detailbestim mungen wollen sie sich nicht mehr einlassen, und so handelt es sich denn um die klar und ent schieden formulirte Frage: Annehmen oder Ablehnen? Bei der eigenthümlichen Entwickelung, welche die Angelegenheit des Ausgleiches durchgemacht, können die Ministerien die Cabinetsfrage nicht mehr stellen, allein die Volksvertretungen stehen trotzdem unter einem starken Drucke, unter einem stärkeren viel leicht, als ihn die Cabinetsfrage zu üben vermag, und sie haben deshalb mit der größten Gewissen haftigkeit zu prüfen, welches Votum geringere Nach theile im Gefolge haben mag. Durch das gestellte Entweder — Oder scheint übrigens ein Entschluß der Abgeordneten wesentlich erleichtert, denn sie können nunmehr mit klaren und unzweideutigen Factoren rechnen, freilich darf man sich keiner Täuschung darüber hingeben, daß die Volksvertreter vor eine peinliche Alternative gestellt sind. Die Regierung hat übrigens einen Fehler begangen, die Situation dadurch zu erschweren, daß sie es unter ließ, vor der Abmachung mit den ungarischen Ministern in Fühlung mit den Abgeordneten zu treten. Die Entscheidung, welche unmittelbar bevor steht, dürfte indeß nach dem Urtheile Solcher, welche die Stimmungen der parlamentarischen Kreise zu beurtheilen verstehen, zu Gunsten der getroffenen Vereinbarungen ausfaüen. Aus Italien kamen in letzter Zeit fast nur Nachrichten von dem bevorstehenden Siege der Partei der Unversöhnlichen. So hieß eS, der Papst habe den fanatischen Exbischof Lachat von Basel Politische Weltschau. Kaiser Wilhelm hat für die innige Theilnahme, welche ihm von allen Seiten infolge des ruchlosen Attentats zu Theil geworden, der deutschen Nation seinen Dank ausgesprochen und die Reichsregierung bereitet Vorlagen an das Parlament vor, um den nächsten Agirationen der Socialdemokratie Schranken zu setzen. Die Presse, sowie das Vereins und Versammlungsrecht sollen davon betroffen werden. Ob diese Maßregeln auch den gewünschten Erfolg haben werden, ist freilich noch fraglich. Fürst Bismarck selbst that gelegentlich die Aeußerung, daß das Wirksamste zur Verhinderung der Ausbreitung socialistischer Anschauungen eine bessere Belehrung und die selbstthätige Arbeit aller Nichts ocialisten sein werde. Alle Vereine aber, die sich mit der Verbreitung einer gesunden Volksbildung beschäftigen, klagen über geringe Betheiligung, über Mangel an Opferwilligkeit auf Seiten gerade Derjenigen, welche an der Bekämpfung der Lehre von der Aufhebung des Privateigenthums das größte Interesse haben. Trotz alles Predigens der Presse hat das deutsche Bürgerthum im Großen und Ganzen noch gar keine Vorstellung von der wirklichen Gefahr der socia- liftischen Bewegung, geschweige denn das Gefühl der eigenen Verantwortlichkeit gegenüber derselben. Welche Erfahrungen muß man bei jeder neuen Reichstagswahl machen! Thäten die nichlsocia- listischen Wähler ihre Schuldigkeit, kein einziger Socialdemokrat säße auf den Bänken des Reichs tages. Jeder Vernünftige erkennt, daß der plan mäßigen Untergrabung von Staat und Gesellschaft gegenüber die feste Zusammenfassung aller erhalten den Kräfte geboten sei. Dagegen sieht man gerade in jüngster Zeit diese Kräfte sich unter einander verfeinden, als ob man von dem Dritten, der fröh lich die Hände reibend zur Seite steht, gar keine Ahnung hätte; sieht man Männer, welche die Re gierung ein Jahrzeit hindurch uneigennützig unterstützt haben, vor der Nation der selbstsüchtigsten Beweg gründe angeklagt, der politischen Heuchelei beschuldigt und höhnisch als „Gouvernementale" bezeichnet! Es ist hohe Zeit, daß ein Jeder Einzelne nicht ... . . . bloS von Frieden redet, sondern auch durch seine habe den fanatischen Exbischof Lachat von Basel Thaten zeigt, daß er den Frieden erhalten und mit sehr freundlich ausgenommen und dem Redakteur Drriunddreißigster Jahrgang. Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannschaft UN- -er Kgl. Schulinspection zu Kautzen, sowie -es Königlichen Verichtsamtes un- -es Sta-trathes zu Dischosswer-a. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kostet einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SS Pfg. (IS Rgr.). Inserate werden bis DlenStagt und Freitags früh » Uhr angenommen.