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6 z s ? 3 v tr ül dr Al kai sch «r denklich. Man scheint aber dem Botte nicht die nze Wahrheit z« sagen, da auch der Mantel, wie ssige Zeugen versichern, stark durchlöchert ist. Dagegen hat nach Mittheilung des Kammerherrn v. Senden der Kaiser an dreißig Schrotkörner - in Haupt und Schultern sitzen. BiS jetzt sind dem Kaiser fünf Schrotkörner ans dem Gesicht und drei Schrotkörner aus der linken Schulter ge zogen worden. Der Kaiser nahm nach einer Viertel stunde auf Verordnung des Arztes eine Taste starken TheeS. Es sind die Aerzte vr. Lauer, WilmS, Langenbeck rc. beim Kaiser. Sofort nach dem Attentat erschienen im Palais: General von Alvensleben II-, Herr von Oubril, General Reutern, der Chef der Admiralität von Stosch, Finanzminister Hobrecht, der türkische Botschafter, Justizminister Leonhardt. Hundert tausende umlagern das Palais in tiefem bedrückten Schweigen. Es wurde sogar der verständige Wunsch laut: „Laßt uns auseinander gehen, denn unser Kaiser bedarf der Ruhe." Eine unbeschreibliche Aufregung und Wuth be mächtigte sich des Volkes, als der schwervcrwundete Mörder um 2 Uhr 20 Minuten im Polizeiwagen aus dem Hotel Busch nach der Charite gebracht wurde. Die Polizei mußte vorsichtshalber den Wagen in den Flur des Hauses unter den Linden 18 einfahren lasten. Bei der Abfahrt wollte man den Wagen umstürzen und den Attentäter steinigen; fast wäre dieser Act der Volksjustiz gelungen, wenn nicht die Schutzmannschaft zu Pferde mit eigener Lebensgefahr die Andrängenden zurückgeworfen und den Wagen escortirl hätte. Nachtrag. Unmittelbar nach dem Attentat stürzten einige Offiziere und der Hotelbesitzer Holtfeuer vom Linden-Hotel in das im zweiten Stockwerk belegene Zimmer, welches vr. Nobiling schon seit vier Woche» inne hatte. Sie erbrachen die festverrammelte Thür und wurden mit einem Revolverschuß empfangen, der den Hotelbesitzer Holt feuer ins Kinn traf, so daß er blutend zusammen sank. Ein Ulanenoffizier entwaffnete aber sofort den Attentäter. Bei dem Ringen um die Waffe entlud sich der Revolver noch einmal und traf Nobiling — nach dieser Version — mit einem Streifschuß. Stabsarzt vr. Krüger wurde sofort gerufen, um dem Verwundeten die erste Hilfe zu leisten. Der Schuß auf den Kaiser erfolgte nicht mit dem wirthschaft des Saalkreises der Provinz Sachsen Revolver, sondern mit einer Flinte, deren Trag- " riemen von einigen Vorübergehenden, wie sie nach träglich versichern, schon kurze Zeit vor dem Atten tat am Fenster bemerkt worden sein soll. Der Schuß erfolgte aus dem sechsten Fenster des zweiten Stocks. Eine schlecht gekleidete Frau, welche sich unten befand, soll anscheinend ein Signal nach oben gegeben haben, als der Kaiser sich näherte, kurz darauf erfolgte der Schuß; die Frau soll, wie es heißt, verhaftet worden sein. Zweiter Nachtrag. Die glücklicher Weise nicht gefährliche Verwundung des Kaisers ist nach gutem Vernehmen folgende: 7 bis 8 Schrot körner, Kaliber Nr. 3 und 4, haben den Kaiser getroffen und einfache Fleischwunden hervorgerufen. Sie Haden Oe Schläft gestreift, die Waage d bohrt ohne schwere Beschädigung und find bleicht in den Hal» gedrungen. Zwei Schrotkörner scheinen ivk Handgelenk zu stecken, einer im Arm. Die Wunde- im Arm blutet sehr stark. Der Kaiser blieb her voller Besinnung. Geh. Rath Langenbeck bezeichnet die Verwundungen al« durchaus ungefährlich. Dritter Nachtrag. Der Attentäter heißt Carl E. Nobiling, will Schriftsteller sein und will als solcher längere Zeit in Dresden gewohnt haben, wo er publizistisch thätig gewesen sein soll. Das Zimmer, das er bewohnt, war einfach möblirt. Nobiling ist ein kleiner, untersetzter Mann mit einem rothen vollen Backenbart, der sehr struppig aussah.. Er schien ungefähr 30 Jahr alt zu sein. Er gehört weder dem landwirthschaftlichen Ministerium, noch dem statistischen Bureau an, wie man anfänglich annahm, und ist auch nicht berechtigt, den Doctor- Titel zu führen. Justizrath vr. Horwitz, welchem dem ersten Verhör anwohnte, fragte den Mörder^ ob er wirklich die Absicht gehabt, Se„ Ma jestät zu tödten. Nobiling bejahte einfach diese Frage und gab späterhin auf alle Fragen nur ausweichende Antworten, welche auf den Frager den Eindruck machten, als ob der Gefragte die Situation insoweit überschaue, um mit seiner Antwort zurückhaltend zu sein. Die Frage, ob er heute zu Mittag gegessen, verneinte er, antwortete aber auch nicht auf die weitere Frage, wann er überhaupt zuletzt gegessen.. In einem Schubfach seiner Commode fand sich ein nur zu einem Drittel angeschnittenes Brod, eine - Quantität Butter und vier rohe Eier. In einem andern Schubfach befand sich eine ansehnliche Menge Wäsche in sauberem Zustand, - aber mit fremden Initialen gezeichnet. In einem verschlossenen Bücher- repositorium befindet sich eine stattliche Sammlung, gutgebundenerschönwissenschaftlicher und technologischer Werke. Die einzige Zeitung, welche der Attentäter ge halten hat, ist die „Germania", welche in einem ansehnlichen Stoße wohlgeordnet bis auf die neueste Zeit auf dem Bücherrepositorium lag. Desgleichen eine auf die Centrumspartei bezügliche Bro schüre und das erste Heft des Jahrganges 1877 der Landwirthschaftlichen Jahrbücher, herausgegeben von . Nathusius und Thiel, enthaltend einen Beitrag des Attentäters: „Beiträge zur Geschichte der Land- von Carl E. Nobiling." Das Haus unter den Linden Nr. 18 bot un mittelbar nach dem Attentat einen seltsamen Anblick dar. Dichtgedrängt standen die Mafien vor der Thür und ebenso im Hause und auf den Treppen, welche mit vielfachen Blutspuren bedeckt waren, her rührend von dem verwundeten Hauswirth. Noch unheimlicher war der Anblick, den das Zimmer selbst gewährte. Dasselbe war an vielen Stellen mit Blut befleckt. Unmittelbar vor dem rechten Fenster, wo Nobiling die Schußwaffe auf sich abgedrückt hatte, war eine große Blutlache mit- zum Theil bereits geronnenem Blute. Nobiling stand in der linken, nach der Thür zu gelegenen Ecke de» Zimmers, die Hände auf dem Rücken mit Stricken