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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 02.02.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190402029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19040202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19040202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-02
- Tag 1904-02-02
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Monat
1904-02
-
Jahr
1904
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Heimer Sitzung wurde der 21 Jahre alte, bereit« vorbestrafte Fabrikarbeiter R. H. Spitzner in Blauenthal wegen mit einem Tiere begangener widernatürlicher Unzucht zu 4 Wochen Gefäng nis verurteilt. — Crimmitschau. Bon hier wird geschrieben: Da« Anfang Dezember v. I. erlassene Verbot de« Betreten« »er Bahnhos«halle ohne Fahrkarte, da« sich wegen massenhafter An sammlung streikender Weber vor den ankommenden Züge» nötig gemacht hatte, ist wieder aufgehoben worden, Ebenso ist gestern da« über Crimmitschau verhängte Versammlung-Verbot wieder ausgehoben worden. Die auSwärt« verbreitete Nachricht, Tausende von Webern, die in den letzten Jahren nach Amerika au«gcwandert waren, hätten nach Crimmitschau zurückgesührl werden sollen, wird von dem ,Lrimm. Anzeiger' dementiert, ebenso die andere, die Fabrikanten beabsichtigten, Arbeiterhäuscr zu errichten. Die letztere Absicht habe bestanden, al« die Heranziehung fremder Arbeiter in sehr großer Anzahl beabsichtigt war, durch Beendigung de« Streik« habe sich die Sache aber zunächst erledigt. Da» »zunächst' läßt aber wohl die Deutung zu, daß die Fabrikanten sich später doch noch zu dieser arbeiterfreundlichen Maßnahme entschließen. Die Rücksietelung der amerikanischen Weber ist zwar erörtert, doch ist kein dahingehender Beschluß gefaßt worden. — Annaberg. Cin edler Menschenfreund testierte sür arme Spitzenklöpplerinnen und Waldarbeiter im Bezirke der königlichen AmIShaupimannschast Annaberg und Schwarzenberg 20000 Mark. — Königstein, 20. Januar. Heute nachmittag wurde im sog. Rietschgrunde bei Papstdorf ein weiblicher Leichnam, der eine Schußwunde in der Schläfe zeigte, von Forstgendarmen aufgesunden. In der Nähe der Leiche lagen Papierschnitzel, die zum Teil angcbrannt waren. Die zusammengesetzten Papicrstückchen ergaben, daß die Tote eine in Reichenberg i. B. geborene und in Dresden wohnhaste verheiratete Frau ist. C» liegt unzweifel haft Mord vor. Der Leichnam wurde von der zuständigen Ge richtsbehörde aufgehoben. Dem Mörder, welcher aus der Flucht Papiere verloren hat und der, wie man vermutet, in Dresden wohnt, ist man auf ter Spur. — Großharthau, 27. Januar. Einem geriebenen Gauner zum Opfer gefallen ist hier eine GutSbesitzer-ehesrau, deren Mann gegenwärtig eine mehrjährige Zuchthausstrafe wegen verschiedener Betrügereien verbüßt. Im November v. I. stellte sick cin angeblicher Gutsbesitzer bei ihr ein mit der Angabe, er habe zufällig von der schweren Strafe ihre« ManneS erfahren und er könne bewirken, daß derselbe au» dem Zuchthause herauS- käme, nur brauche er hierzu einige Hundert Mark. Die Frau ließ sich auch betören und händigte dem Gauner 40 Mk. sofort au«. IM Mk. wurden an eine von ihm angegebene Adresse nachgesandt. Ende Dezember kam dieser freche Schwindler zum dritten Mal in die Wohnung der Frau, diesmal mit der frohen Botschaft, daß seine Bemühungen Erfolg gehabt hätten und der Ehemann demnächst entlassen werden würde, er brauche aber nun noch MO Mk. zur Regelung der Sache. Wegen Mangel« an Bargeld händigte die Frau dem Manne ein Sparkassenbuch mit ca. >200 Mk. Einlage au«, womit derselbe schleunigst da» Weite suchte. Erst nachdem nun mchiere Wochen vergangen sind und die Rückkehr ihre« Manne« au« dem Zuchthausc nicht erfolgte, hat sie Anzeige erstattet. Hitzung des Bezirksausschusses der Königlichen Amtshanpt- mannschaft Schwarzenberg am 25. Januar 1904. In der nm genannten Tage unter Borsitz de« Herrn Amtshauptmanns Dennnering bei Anwesenheit des Herrn KreishauptmannS I)r. Forker - Schu ba»» au« Zwickau abgehaltenen Sitzung des BrzirlSausschusseS kamen folgende Sachen zur Erledigung. Schiehstandsgcbäude, Heinzmanns in Pfeilhammer Gesuch um Uebertraguug der Erlaubnis zum GastwirifchaftSbetriebc, AuSchannen und Krippensepen (ausschliesslich des Beherbergens» für das Grundstück Kat. Nr u für Klein musiken, ^Krippensktzen, Ausspannen, Beherbergen, sowie Abhaltung thea tralischer Vorstellungen und Singspiele in dem Gasthofe Kat.-Nr. 701t für Unlcrstützengrün, SarsertS in Zwickau Gesuch um Genehmigung zum Be herbergen in dem Gebäude Kat.-Rr. 2 für Haide und zur Ausübung der Konzefston durch die Ehesra» des Pächters Reit, Martha Rett. Curt Paul Abhaltung von Singspielen in dem Gasthofe „Zum goldenen Hahn" "zu Mittweida, Titteis in Blauenthal Gesuch um Genehmigung zur Ausübung des Schankgewerbes und zur Abhaltung von Tanzmusiken in dem Gebäude Kat.-Nr. II tt sür Blauenthal, Becks in Lauter Gesuch um Genehmigung zur Ausübung des SchankgewerbcS in dein Kegelschube, die Uedernahme einer bleibenden Verbindlichkeit durch die Gemeinde Unterstützengrün bezüglich der in der Parzelle Rr. 220 (Dorsstrastc) liegenden Piivaiwasserleilung, die Neufestsetzung des GchallS des Gemeindcvorstand« zu llnterstützengrün, das Gesuch des Kirchenvorstandcs zu Beierfeld um Ermäßigung des Zinsfußes für das aus der Bezirkskasfe entliehen« Kapital. Der Bejirlsaurfchuß genehmigte weiter die Anlagenregulative von Unterstützengrün und Mittweida auf ein weiteres Jahr und befürwortete die Besihveiänderungsabgabenregulative sür Breitenhof. Griesbach, Neudörfel und Steinheidel. Ferner wurden die bei den Verpflegstatioiien Schneeberg und Schwarzenberg im Jahre IÜ03 entstandenen Fehlbeträge bewilligt und 2 Gefuche um Bewilligung von Darlehen aus Bezirksmitletn auf die nächste Sitzung vertagt und endlich I Anlagenrekurs erledigt. Ior neunzig Jahren Sei La Hiolyiöre. (1. Februar 1813.) Skizze von Herbert v. Briesen. E« war kalt, grimmig kalt in jenem denkwürdigen Winter 1813/14 und die Franzosen waren dabei im eigenen Lande weit schlimmer daran, al« die ein rauhere« Klima gewohnten Truppen der Verbündeten. Und doch für die Preußen war e« heule schlimm genug — bei Brienne geschlagen, biwackierlen sie nun ohne Holz und ohne Stroh bei La Rolhistre. Vater Blücher wütete, aber zuletzt tröstete er sich mit der Erwägung, daß auch den größten Feldherrn nicht immer di» Fortuna gelächelt habe. Auch war er keineswegs müßig oder mutlo«. Im Gegenteil: .Die Scharte muß ou»gewetzl werden,' sagte er grimmig, .haben wir heute Prügel bekommen, so hauen wir den Bonaparte morgen!" Und emsig schmiedete er mit seinem GeneralstabSches Neid hart v. Gneisenau einen neuen Schlachtplan. Bei La Rochiere wollte er den Franzosen eine Schlacht liefern, der greise Held brannte ordentlich darauf, die ihm angetane Schmach in Feinder blut abzuwaschen. So saß er nun noch in später Nacht mit Gneisenau in der «lenden Hülle, die ihm al« Nachtquartier diente, und arbeitete mit Gneisenau, al« ein junger Leutnant eintrat und, die Hand militärisch am Tschako, an der Tür stehen blieb, bi« man ihn bemerkte. Der Feldmarschall hob den Kopf, im Begriff, ob der Stör ung lo»zuwettern. Al« er jedoch de» Offizier» ansichtig wurde, hellte sich sein Gesicht ein wenig auf und er sagte nicht allzu unfreundlich: .Nun, wa« gibt e« denn, mein Jungchen?" Der Leutnant riß sich noch ganz besonder« zusammen und sagte mit Heller, lauter Stimme: .Leutnant ». Brünnow vom Lolberger Grenadier-Regiment meldet gehorsamst, daß die Feldwache der 4. Lompagnle soeben einen Husaren vom drillen Regiment al» Deserteur verhaftet hat — und da Ew. Durchlaucht besohlen haben, derartige Fälle Em. Durchlaucht direkt zu melden, so —" De» Feldmarschall« Auge hatte gleich beim Beginn der Meldung Blitze geschossen. Jetzt aber brach er furchtbar lo«: »War, ein Husar — und dazu noch einer au» einem Regi ment von so rühmlicher Vergangenheit! Da soll doch gleich ein siedende« doch wie heißt der Hund»soll? Er soll gleich hergesührt werden! Will ihn mir noch einmal ansehen, ehe er vor da« Krleg«gerlcht gestellt wird und seine wohlverdiente Kugel vor den Kopf bekommt!" .Zu Befehl, Ew. Durchlaucht! Er heißt Richard Wolter, und die, welche ihn festgenommen Haber-, stehen draußen vor der Tür und harren de» Befehl«, ihn vorzuführen." »Laß ihn herein bringen, mein Junge! — Na warte," wen dete er sich nun an Gneisenau, .der soll c« gut haben." .Möchte allerdings auch nicht in seiner Haut stecken, Ew. Durchlaucht!" erwiderte dieser lächelnd. Die Tür ging auf, der Leutnant trat wieder ein und blieb salutierend neben der Tür stehen, hinter ihm traten zwei Grena diere in« Zimmer und pflanzten sich mit »Gewehr auf" neben dem Eingänge auf. Zwischen ihnen stand der .Deserteur", da« Haupt hoch erhoben, den Blick hell und frei — er sah so ganz und garnicht schuldbewußt au». Der Fürst stutzte bei seinem ersten Anblick, aber schon im nächsten Augenblick wetterte er lo«: .Da« also ist der Hallunke, der meineidig davongelaufen ist, der in erbärmlicher Feigheit seinen König vor der Entscheidung im Stich lassen wollte? Dachte mir, wäre so ein Jammerlappen, der da hereinkommen würde, eine Memme, der da« Herz in die Hosen sällt, wenn sie Pulver riecht. Und nun kommt ein Kerl daher, da« blühende Leben, gesund und kräftig! Und der ist feige und will davonlaufen? Pfui Teufel!" .Verzeihen Ew. Durchlaucht," warf nun Gneisenau ein .mit dem Manne da muß c» eine eigene Bewandnl« haben. Daß er feige ist, kann ich mir eigentlich nicht denken — denn ich sehe da« eiserne Kreuz auf der Brust." »Da« eiserne Kreuz einem Hundsfott von Deserteur? Her unter damit, e« steht bei ihm am Pranger!" und damit riß er ihm da» Ehrenzeichen einfach von der Brust, »wo hast du da gestohlen, Hallunke?" .Nicht gestohlen, Ew. Durchlaucht zu Befehl, sondern ich habe mir« an der Katzbach ehrlich erworben, al« ich den franzö sischen Dragonern eine Standarte abnahm.' »An der Katzbach? Und eine Standarte erobert? rief der Fürst in höchstem Erstaunen, .und dann will so'n Kerl fortlaufen? Sage mal, warum wolltest du weglaufen?" „Ich wollte garnicht weglaufcn, Ew. Durchlaucht zu Befehl!" .Aber du Himmel-sakramenter, willst du mich anlügen? Du bist al« Deserteur arretiert worden und leugnest, daß du hast davonlausen wollen? Wa« hast du denn zu Leiner Ent schuldigung vorzubringen?" .Ich habe noch nie gelogen, Durchlaucht," sagte der Husar in festem Tone und den Blick ruhig und frei auf da« Antlitz de« zürnenden Feldhcrrn gerichtet, .und so will ich denn auch nicht schwören und mich in Beteuerungen meiner Unschuld er gehen, sondern ganz einfach gestehen, wa« geschehen ist: Ich wurde dabei betroffen, al» ich im Begriffe stand, die Vorposten zu durch brechen, um einen mir sehr nahestehenden Gefangenen zu be freien, dessen Gefangennahme ich bei Brienne nicht hatte hindern können.' »Sage mal, Mensch, wenn ich dir auch glauben wollte — einen Gefangenen befreien? Warum in aller Welt hast du da mit nicht gewartet b!« morgen, hast e« nicht un« überlassen, ihn herau-zuhauen — körntest ja selbst mittun, Esel du —" .Durchlaucht zu Befehl, e» ist ein Gefangener, dem in der Gefangenschaft noch ganz andere Dinge passieren könnten, al« jedem anderen —" »Sprich deutsch, du Esel," fuhr der Feldmarschall unwillig aus, .ich habe keine Zeit, Rätsel zu raten!" »Durchlaucht, der Gefangene ist auch kein Mann, sondern eine Frau —" »Wa« ist er?" ries Blücher erstaunt dazwischen, »sangen denn diese Wälschen auch Weiber? Da» sähe ihnen ähnlich, diesen Schürzenjägern!" .Zu Befehl, Ew. Durchlaucht, aber da« Weib war Soldat und konnte deshalb wohl auch kriegsgefangen werden." »Nanu, wie kommt denn da«?" »Sic ist tie Tochter unsere« Nachbar«, dessen Hof an den unsrigen stößt. Wir liebten un« schon al» Kinder, und al« ich nun fort mußte in den Krieg, da hat sie'« zu Hause nicht aus- hasten könne», sie ist auf und davongegangen und e» ist ihr ge glückt, bei den Husaren angenommen zu werden. Eine« Tage« kam sie mit dem Nachschub bei dem Regiment an und hat wochen lang tapfer an meiner Seite gefochten. Vorgestern wurde sie bei Brienne gefangen genommen, ohne daß ich e» zu hindern vermochte. Bei dem Versuch, sie zu befreien, wurde ich al« Deserteur ergriffen." .Boinbenelement," rief der Marschall, »muß ein Blitzmädel sein! Kann'« ihm eigentlich nicht verdenken, daß er zu ihrer Befreiung einen eigenmächtigen Schritt getan hat. Und du, sage, hast du noch einen Wunsch, ehe du vor da« Kriegsgericht gestellt wirst?" »Zu Befehl, Ew. Durchlaucht," rief der Husar mit blitzen den Augen, »lass.» mich Ew. Durchlaucht morgen mit ln die Schlacht. Ich werde nicht echappicren. E» war mir ja auch nicht um« Fortlaufen. Ich hatte von Annemarie Nachricht durch einen Splon, daß sich die Gefangenen noch im Lager befinden. Ich weiß, daß wir morgen siegen werden, dann können wir die Gefangenen rau«hauen und befreien. Morgen abend, wenn ich noch lebe, führe ich Annemarie zum Regiment zurück und stelle mich dem Kriegsgericht." Der Marschall besann sich nur kurze Zeit, e» zuck'e eigen tümlich um seine Augenwinkel und um seinen weißen Schnurrbart. Dann ober sagte er möglichst bärbeißig: .Gut, e« mag sein. Wenn Du nicht totgeschossen oder zu sammen gehauen bist, bringst du mir morgen abend da« Mädel und wartest, wa« wir dann mit dir anfongen. Hast du dich brav geschlagen, so lassen wir e« vielleicht bei der einfachen Kugel bewinden." .Danke gehorsamst, Lw. Durchlaucht —" »Hat nicht« zu danken! Rau» mit dem Kerl!" — Und wie schlug sich Richard Wolter an diesem Tage! Der Feldmarschall, begierig, die letzte Schart» au«zuwetzen, flog mit Windeseile über da« Schlachtfeld, überall sah man seinen grauen Mantel, überall seinen weißen Schnurrbart. Mehrere mal kam er an den brandenburgischen Husaren vorbei, die wie die Löwen fochten. Und der Tapferste von ihnen war Richard Wolter. Au« dem dichtesten Gedränge der Feinde, die di« Gefangenen in Sicherheit bringen wollten, hieb er seine Annemarie herau». Abend« meldete er sich im Lager der siegreichen Preußen mit ihr beim Feldmarschall. Der ließ ihn abseit« führe», »ine Sektion Grenadiere antreten und schickte nach dem Feldgeistlichen. Dann ließ er Len .Deserteur" und den befreiten Gefangenen herbei holen und unter Trommelwirbel wurde die Trauung der Stau nenden vollzogen. .So, Kinder," sagte dann der Marschall lächelnd, .nun seid hübsch brav und fechtet wieder Seite an Seite. Aber da» sage ich Euch, läßt e« sich einer einfallen, zu desertieren, so komman dier« ich den andern, daß er helfen muß, ihn totzuschießen. Habt ihr mich verstanden?" »Zu Befehl, Ew. Durchlaucht!" sagten beide wie au» einem Munde. Vermischte Vachrichten. — Der glänzende Feuerball der Sonne hat sich der nördliche» Erdhäiste schon wieder merklich zugewendet; die Zeit der kurzen Tage, der langen Nächte ist vorüber. Mit jedem Sonnen-Aufgange nimmt die Zeit, die da« TageSgestirn über unser« Horizonte verweilt, zu. Und wenn nun auch der Winter, der un« di« jetzt noch keine große Kälte gebracht hat, mit aller Macht einsetzen und da« Quecksilber de« Thermometer« tief unter den Gefrierpunkt kommen wollte — da« zunehmende Tageslicht zeigt un«, daß wir un« dem Lenze nähern, der der Herrschaft de« Winter» ein sichere« Ende bereitet. Die Sonne steht am l. Februar noch >7 Grad südlich vom Acquator. Sie steigt dann bi« zu 20 Grad an unser« Himmel empor; ihr Ausgang erfolgt nm 7'/, Uhr, ihr Untergang kurz vor 4'/^ Uhr. Am 29. Februar befindet sich da« TageSgestirn nur noch 8 Grad südlich vom Acquator, die Höhe, die e» am Mittage erreicht, beträgt fast 30 Grad. E« erhebt sich bereit« um 6'/, Uhr über den Horizont und sinkt erst nach 5'/, Uhr wieder hinab. Die Länge de« Tage« nimmt also im Laufe de« Monat« Februar von 9 aus IO"/, Stunden zu. — Ueder einen Fall von Blutrache wird au« Pilsen berichtet: Bei einer blutigen Schlägerei, welche unter den Mitgliedern einer i« September 1895 in einem Walde bei Pilsen lagernden Zigeunerbande au«brach, wurde der Zigeuner Heinrich Ruzicka durch einen Messerstich so schwer verletzt, daß er im Pilsener Krankenhaus« wenige Tage daraus verschied. Der Urheber der Tode«wunde, der Zigeuner Ferdinand Ruzicka, wurde verhaftet, floh au« dem Untersuchung«gefängni« in Pilsen, wurde zwei Jahre fpätcr aus« neue ergriffen und von, Schwurgericht zu Pilsen zu vier Jahren schweren Keiler« verurteilt. Al« Fer dinand Ruzicka nach Verbüßung seiner Strasc am 20. März >900 wieder in Frcih.it gesetzt wurde, verließ er die Strafanstalt unter der Acußcrung lebhafter Furcht vor seiner Genossen Rache. Die Furcht war nicht unbegründet. Am 23. März wurde Fer dinand Ruzicka mit einem Messerstich im Rücken al» Leiche in der Nähe der Strafanstalt gesunden, ein Opfer der Blutrache, welche die Verwandten de« Heinrich Ruzicka an ihm genommen. Zwei unter dem Verdacht der Täterschaft unmittelbar nach dem Morde verhaftete Zigeuner wiesen ihre Unschuld nach, und erst jetzt, nachdem nahezu vier Jahre sei! dem Morde verflossen waren, gelang c«, die Schuldigen zu ermitteln. Der eine, der Zigeuner Klotz, trug bei seiner Verhaftung noch die Bluse de« Ermordeten, sein Genosse, der Zigeuner Chalupetzki ist bi«htr allen -Nach forschungen zum Trotz noch nicht dingfest gemacht worden. — Die Hochzeit de« Naturmenschen Gustav Nagel mit seiner Braut Meta Lätitia Konhäuscr hat unter zahlreichem Zulaus von Einheimischen und Fremden in Arendsee in der Alimarlt stattgefunden. Nach der standesamtlichen Trau ung wurde da« Paar kürzlich kirchlich getraut, wobei beide phan tastisch gekleidet waren. Einige Anhänger de« Naturmenschen nahmen hierauf in dessen Sommerbad an der bescheidenen Hoch- zcilSfkier Teil. Da» Menü lautete: l. Wasser mit Aepseln, 2. Apfelsinen Marmelade, 3. warme«, 4. kalte« Wasser. Nagel wird sich demnächst mit seiner Frau wieder auf Reisen begeben und Vorträge halten. Kürzlich war er in Magdeburg, wo er einer Einladung eine« Verein« gefolgt war, ohne zu ahnen, daß dieser humoristische Zwecke verfolgt und e« dabei aus einen Ulk abge sehen war. — Er gebraucht sein Hau» recht! Au« Italien wird der »Franks. Ztg." geschrieben: Bor kurzem saß ich an der Tafel eine« Hotel«, da« viel von Deutschen besucht wird, und hörte einen Heern au« Sachsen leine italienischen Reise-Erleb nisse zum besten geben. Ganz begeistert erzählte er von seinen Eiscnbahnsahrten und betonte unaushörlich, er sei wie cin »Fürst' gereist. Die» veranlaßte mich, Teil an der Unterhaltung zu nehmen, da ich schon häufig durch Italien gereist war, ohne mich aus den Eisenbahnen gerade al« Fürst zu fühlen, und ich bat um nähere Motivierung seine« cnchustastischen Urteil«. Er sprach: »Sie scheinen nicht zu wissen, wie großartig sich die Einrichtung bewährt, welche ich kurz mit den Worten: „Vietnto kuinure" (Rauchen verboten) bezeichnen kann". Ich muß bei diesem Aus spruch wohl ein etwa« unintelligente» Gesicht gemacht haben, denn der Sachse fand sich bemüßigt, mir folgende Aufklärung zu geben: »Ich fahre grundsätzlich nur in Coupe« mit dem Ver merk. „Vietato funiure". Ich suche mir meinen Platz au«, vertiefe mich in eine Zeitung und lasse die italienische» Reisenden, die in der Regel mit brennender Zigarre versehen sind, in aller Ruhe Platznehmen. Etwa fünf Minuten vor Abgang de« Zuge« lege ich meine Zeitung beiseite, lüfte meinen Hut und sage sehr höflich: .I'nrckun, Zignuri, viututo ftunure!" Die Wirkung dieser Worte ist dann jede«mal eine zauberhastc. Sämtliche Mit- reljenre ergreifen ihr Gepäck, stürzen an« Wagenfenster, und verlangen vom Schaffner brüllend ein Rauchcoupe. Kaum sind sie richtig untergebracht, so erschallt der Ruf: „?ro,iti Ourtensu!" und der Zug jetzt sich in Bewegung. Ich bin allein, strecke mich behaglich au» — stopfe mir meine Pfeife — ich bin näm lich gewöhnt, Pfeife zu rauchen." Nach diesen Eröffnungen herrschte eine Weile tiefe Stille unter den Zuhörern. Dann fragte ich etwa» schüchtern den sächsischen Gemüt«menschcn: »Die Sache ist mir ja so weit ganz klar, nur weiß ich nicht, warum Sie die rauchenden Italiener cinfteizcn lassen, ehe Sie mit Ihrem „Vietato tumrrre" dazwischenfahren?" Der Sachse sprach: »Der Grund ist doch ganz klar. Die Raucher halten die Plätze in meinem Coup« besetzt und Nichtraucher suchen sich inzwischen andere Plätze. Wenn dann alle Reijenden untergebracht sind, gebrauche ich mein Hau»recht!" — Wie man sich in London eine sichere Rente verschaffen kann, ohne viel Grundkapital anzulegen, darüber macht die Zeitung »Truth' erbauliche Mitteilungen. Man braucht nur alle drei bi» vier Wochen in der .Time«' die Geburt eine» Söhnchen« oder eine« Töchterchen« anzuzeigen, wa« schlimmsten falls 6 Schill Gebühren kommen kann, — aber da« kommt reich lich'dabei herau«. Die Folgen der Anzeige lassen nicht lange
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