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11878. 30. für Btfckofswerda, Stolpen imb Umgegend. Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannfchaft und der Kgl. Schulinspection zu Paotzen, sowie -es Königlichen Gerichtoamtes und des Stadtrathes zu Dischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kostet einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark L0 Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden bi« Dienstag« und Freitags früh » Ubr angenommen. Sonnabend, den 13. April Die wirthschaftliche Lage der Türkei. Die Türkei ist von der Natur so überreich mit allen Gaben ausgestattet, daß sie nur einigermaßen verständig ausgenützt, das einträglichste Land in Europa sein müßte. Allein die schlechte öffentliche Verwaltung, die geistige Unthätigkeit und Uncultur eines großen Theiles der Bevölkerung, die sich jeder Verbesserung widersetzende Sorglosigkeit der Land bewohner, der Mangel an Arbeitskräften wegen zu dünner Bevölkerung und andererseits wegen großen Hanges zur Trägheit, ferner der Mangel an Capi talien und an genügenden guten Communicationen sind Ursachen, daß dieses überaus fruchtbare Land zum größten Theile verödet ist. Von der Gesammt- grundfläche sind ungefähr 40 K als Acker- und Weinland, 6Z als Wiesen-, 14K als Waldboden, 11A als Weideland und 29 A als unfruchtbares Land zu bezeichnen. Die Landwirthschafr wird aber in der Türkei noch heute in derselben Art und Weise betrieben, wie im Mittelalter. Unbekümmert um den Ueberfluß, besonders da der Landmann für große Vorrätbe keinen Absatz findet, verlangt derselbe von der Erde nur das, was für seine beschränkten Bedürfnisse hinreicht und so bleibt der größte Theil des Bodens brach liegen. Die schlechtesten Ackerbauer sind die Türken, Tscherkessen und Albanesen; wo diese vorherrschen, sieht man oft die prachtvollsten Flächen mit üppigem Unkraut bedeckt. Dagegen dringt der thätige Bul gare durch diese Einöden und gründet überall, wohin er kommt, Cultur. Mil bewunderungswerther Kenntniß der Gesetze der Natur wird von diesem Volke die Bewässerung der Felder und Wiesen be trieben. Der Ackerbau steht im Allgemeinen auf tiefer Stufe. Die Felder bleiben gewöhnlich zwei Jahre in der Brache und werden künstlich gar nicht gedüngt. Die vorzüglichsten in der europäischen Türkei provucirten Getreidesorten sind: Weizen, Korn, Gerste, Mais, etwas Hafer, Buchweizen und Hirse. Daß der Hafer nur selten, die Gerste hin gegen in bedeutender Menge gebaut wird, erklärt sich dadurch, daß in der europäischen Türkei — gleichwie im ganzen Oriente — die Pferde mit Gerste und nur in Ermangelung dieser Frucht aus nahmsweise mit Hafer gefüttert werden. Nur in lvrchmddrnßigster Jahrganz. der Nähe der Dampfschiff- und Eisenbahnlinien, das ist in Nordbulgarien und längs den bulgarischen und rumelischen Bahnlinien, wird etwas mehr Getreide gebaut, um auch für die Ausfuhr etwa- zu erübrigen; während in den anderen Distrikten nur eben so viel gebaut wird, al- der Verbrauch, nebst den in Natura zu leistenden Zehnt-Abgaben erheischt. Taback wird in großer Menge gebaut. Die vorzüglichsten Sorten finden sich in den frucht baren Ebenen Thessaliens. Ein Theil wir- im Innern des Landes verbraucht, der bei weitem größere jedoch ausgeführt, und zwar nach Oesterreich- Ungarn (besonders besorgen diese Lieferung Saloniker Firmen, welche verpflichtet sind, den Taback nicht mittelst Dampfschiffen, sondern mittelst Segelbooten an die österreichisch-ungarische Küste zu bringen), weiter nach Frankreich und Italien. Die Forstwirthschaft existirt fast gar nicht. Bemerkenswerth ist es, daß oft große Strecken mit unbenutzten und undurchdringlichen Waldungen völlig bedeckt sind, während benachbarte Gegenden Mangel an Holz leiden. Gewiß ist, daß einst aus den be deutenden Wäldern des BalcanS und des Dely- Orman-GebicteS große Quantitäten Holz werden zur Ausfuhr gelangen können. Den Hauplreichthum der Landbewohner der europäischen Türkei bilden die zahlreichen Viehheeroen. Die größte Sorgfalt wird dem Pferde zugewcndet, welches man zahlreich zieht, das aber dem arabischen weit nachsteht. Das türkische Pferd ist klein, sehr ausdauernd und kräftig. Am meisten verbreitet ist die Schafzucht; denn nicht nur, daß sich die Bewohner der europäischen Türkei mit Vorliebe von Schasfleisch nähren, sondern es wird auch die Wolle in großen Quantitäten, meist nach England und Amerika ausgeführt, theil- weise aber auch im Lande selbst verarbeitet. Der Bergbau liegt in den unmittelbaren Ländern der Türkei vollkommen darnieder, obwohl es zweifellos reiche Minerallager giebt. Die gewerbliche Tätig keit äußert sich in der Türkei noch ganz nach ältester Art. Bon der Regierung gar nicht unterstützt, durch die wachsende Einfuhr fremder Fabrikate in jeder Hinsicht gehemmt, sind der gewerblichen Industrie sehr enge Grenzen gezogen. Sowohl der Land- al ber Seehandel sind in der Türkei von größter Wichtigkeit, aber das Haupthiuderniß für da- Auf-