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LIV aus wstrr e r. Die Machtstellung Rußlands. Trotz seines durchgreifenden Sieges über die Türkei mobilisirt Rußland von Neuem und in Rumänien wird eine bedeutende Concentration russischer Truppen veranstaltet. In Petersburg denkt man eben wie in London: Auf dem europäischen Congresse, der auf des Grafen Andrassy Einladung hin über kurz oder lang zusammentreten wird, will man nicht erscheinen, ohne einen starken militärischen Rückhalt zu haben. Dieser Friedens- Kongreß, auf dem die Hauptgegner 7Z^n die Zähne bewaffnet mit einander verhandeln, .. JMt esne seltsame Perspective in die Zukunft, bei deren Ausgestaltung es sich nicht um Rechtsfragen, sondern um Machlfragen handeln soll. Im Hinblick darauf aber nimmt Rußland eine Stellung ein, die derjenigen Englands weit überlegen ist und die bängsten Beklemmungen rechtfertigt, in welchen die britischen Türkenfrcunde befangen sind. Rußland befindet sich im Besitze des größten Theiles der widerstandsunfähigen und ganz und gar auf seine Gnade angewiesenen europäischen Türkei; es hat Türkisch-Armenien mit den Festungen Ardaghan, Kar« und Erzerum in seiner Gewalt; seinen diplo matischen Stützpunkt bildet der Drei-Kaiserbund und seinen militärischen die Donaulinie, das bul garische Festnngsviereck, die Balkanpässe, Adrianopel: welcher Congreß der Welt könnte es versuchen, es aus dieser imposanten Machtstellung hinauszuwerfen? Die Annahme des Andrassh'schen Congreßvor- schlageS durch Rußland ist ja offenbar nicht in dem Sinne erfolgt, daß die russische Orientpolitik sich einer europäischen Correctur unterwerfen wolle, sondern vielmehr in dem Sinne, daß ihr die europäische Zustimmung wohl oder übel ertheilt werde. Statt direct nach Constantinopel zu gehen, nimmt man den Weg über Lausanne, wo nach dem russischen Gegenvorschlag die Konferenz oder der Congreß ab gehalten werden soll. Sagte doch die officiöse „Agence Russe": „Rußland hat immer bezeugt, daß eine Collectivaction Enropa's das beständige Ziel seiner Bemühungen im Interesse der Civilisation und Humanität gewesen, bei welchem es die erste Rolle, den meistbetheiligten Mächten England und Oesterreich angeboten. Jetzt, da der Zweck des Krieges Lreiunddreißigster Jahrgang. erreicht ist, muß Rußland eine Collectivaction Europa'» wünschen, da diese Weihe nöthig ist, um den durch das Gut und Blut Rußlands erreichten neuen Zu stand der Dinge zu sanctioniren." In verständliches Deutsch übersetzt, heißt das doch wohl : „Ich habe Euch Halbpart angeboten und Ihr habt nicht gewollt; Ihr habt mich machen lassen und müßt daher schon so gut sein, zu sanctioniren, was ich vollbracht! Nichtsanctioniren giebt's nicht/ denn ich besitze die Türkei; und wollt Ihr Nein sagen, so müßt Ihr vorerst Rußland erobern!" Und im Grunde ist eine solche Sprache/des' nordischen Kolosses Europa gegenüber nicht unberechtigt. In dem Dunkel, in welchem eS seine Abmachungen " mit der Pforte hüllt, schafft es vollendete Thatsachen, und was kann England dagegen thun, wenn ni chem" Augenblick, in dem wir diese Zellen schreiben, die Russen wirklich in Constantinopel eingezogen sinds wie sie drohen, wenn sich die englische Flotte vor Constantinopel vor Anker legt? Biel ernster als die englische RüstungSkomödie, in der so viel leeres parlamentarisches Stroh ge droschen wird, könnte eine Opposition Oesterreichs gegen die orientalischen Pläne Rußlands erscheinen, welche in vielfacher Beziehung die österreichischen Interessen empfindlich verletzten, aber doch nur unter der Voraussetzung, daß Oesterreichs Machtstellung nicht durch innere Wirren untergraben wäre; aber diele Voraussetzung trifft nicht zu und Oesterreich wird sich die Errichtung unabhängiger Slavcnstaaten an seiner Grenze ebensowohl gefallen lassen müssen wie England die Regelung der Dardanellenfrage im russischen Sinn. So lange Rußland Deutschland nicht gegen sich hat, braucht es einen europäischen Congreß nicht zu fürchten; denn selbst in dem kaum denkbaren Fall, daß England gegen Rußland Krieg führen wollte, würde es ihm bei Oesterreichs Impotenz und Frankreichs Abneigung, für Andere die Kastanien ' aus dem Feuer zu holen, am Nothwendigsten dazu, an oer Bundesgenossenschaft einer continentalen Großmacht < fehlen. Darin beruht Rußlands über legene Machtstellung Europa gegenüber. hätiger «haften « von »an?" z rur i gegen csandt » - tichen j . , .zur r.-..- Bischofswerda, Stolpen und Umgegerch, Amtsblatt der Kgl. Amtohauptmannfchaft und der Kgl.-Kchulinfpection ZN Kautze» sowie dco Königlicken Vxricktsamtes vnd des Stadkrathes zu Dischofswerda. / Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonnabends und kästet eiaschließlich der Sonar abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark LV Pfg. (15 Ngr.). Inserate werden dir OienStag« <and Freitags früh » Uhr angenommen. , , . / ^^14. Tounabend, -en 1«. Februar. l.878»