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Wochenblatt H.- für BisckvfSwerda, Stolpen «nd Umgegend Amtsblatt -er Kgl. Imtohauptmannschaft UN- -er Kgl. Schulinspection zu Kautzen sowie -es Königlichen Verichtoamtes UN- -es Kta-trathes zu Dischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und tastet einschließlich der Sonn abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich t Mark LO Pfg. (IS Rgr.). Inserate werden di« vien«tag« und Freitag« früh » Uhr angenommen und kostet die gespiltene EorpuSzeile oder deren Raum l0 Pfennige. 7. Mittwoch, den 23. Januar j 1878. Politische Weltjchau. Auch in der vergangenen Woche lag noch der Schwerpunkt der Landtagsarbeiten in den Deputationen, während sich die Plenarsitzungen nur mit Dingen von untergeordnetem Interesse beschäf tigten. Die Gesetzgebungs-Deputation der zweiten Kammer arbeitet über dem Einführungsgesetze zuin Gerichtsverfassungsgesetze, die Finanzdeputation de- battirt über die wichtigsten Theile des Budgets und das neue Steuergesetz, die Finanzdcputation L deliberirt über mehrere Eisenbahnpetilionen, di, Rechenschafts deputationen beider Kammern halten zahlreiche Sitzungen, um die Finanzgebahrung der Periode 1874/75 gründlich zu untersuchen, und den Petitions deputationen strömt alle Tage neues Berathungs- material aus dem Lande zu. Mit einer gewissen Regelmäßigkeit gelangen Petitionen derjenigen Ge meinden im Plenum zur Berathung, die mit der Einziehung ihrer Gerichtsämter bedroht sind, um Erhaltung bez. Umwandlung derselben imAmtsgerichte. Nachdem einmal von den 16 Gemeinden, die hierbei in Betracht kommen, zwei oder drei Petitionen ein gereicht haben, die der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen worden sind, glaubt jede andere, sie könnte zu kurz kommen, wenn sie nicht ebenfalls ihren Wunsch vorbrächte, und so wird cs nicht lange dauern, bis die Petitionen aller 16 Gemeinden der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen worden sind. Aber nicht nur diese Gemeinden wenden sich an die Kammern, sondern auch diejenigen Gemeinden, denen nach der Absicht der Regierung ihr Gericht erhalten bleiben soll, die aber nach der Ansicht der Nachbargemeinde, der ihr Gericht entzogen werden soll, eher in der Lage wären, ihr Gericht missen zu können, als jene. Die DiScussion über diese Peti tionen verläuft iu der Regel nach einem ganz bestimmten Programm. Nach dem Bortrage des Referenten erhebt sich der Vertreter der betreffenden Gemeinde, giebt zunächst seiner Ueberzeugung Aus druck, daß er, obwohl berufen, das Interesse des ganzen Landes wahrzunehmen, dennoch berechtigt und verpflichtet sei, auch für specielle Interessen seiner Wähler einzutreten, und verfährt sodann dieser Ucber- zeugung gemäß. War dieser Redner ein städtischer Abgeordneter, so sccundirt ihm dann vielleicht der Vreiunddreißigster Jahrgang. Vertreter desjenigen ländlichen Wahlbezirks, in welchem das in Frage stehende Gerichtsamt sich be findet. Beide sind natürlich der Meinung, daß die Petition wohl eher verdiene, der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen zu werden, bescheiden sich aber, daß ein solcher Antrag keine Aussicht auf Erfolg habe, und beschränken sich daher darauf, der Regierung — welche bei allen diesen Petitionen durch den Geheimen Justizrath Hedrich repräsentirt wird - die Erfüllung der Wünsche der Petenten dringend an'S Herz zu legen. Darauf beschließt die Kammer einstimmig, die Petition der Regierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Der deutsche Reichstag ist zum 6. Februar einberufen und wird neben dem Etat sich Mit Erhöhung der TabakSsteuer zu beschäftigen haben. Wie man sich erinnern wird, wurde schon im Jahre 1868 eine gleiche Vorlage an den Reichstag gebracht. Damals handelte es sich nur um eine geringe Erhöhung der Tabaksbesteuerung, nämlich eine Erhöhung des Zolls um 5 Procent und der Bodenstcuer um 100 Procent, während jetzt eine Erhöhung der Besteuerung um den 3^ fachen Betrag in Frage steht. Die Officiösen stimmen bereits Lob lieder auf den neuen Entwurf an. So bringt die „Prov.-Corresp." einen längeren Artikel, worin her vorgehoben wird, daß angesichts des Minderbetrages der eigenen Reichscinnahmen gegenüber den Reichs ausgaben, welcher für das bevorstehende Finanzjahr 112 Millionen beträgt, die Aufgabe der Reichsfinanz politik dahin geht, durch Vermehrung eigener Ein nahmen aus den zur Verfügung stehenden Verbrauchs steuern nicht nur den gegenwärtigen Mehrbedarf zu decken, sondern auch eine Entwickelung einzuleiten, wodurch die Budgets der Einzelstaaten dauernd ent lastet werden, entweder durch Beseitigung und Ermäßigung von Steuern, oder durch Ueberlassung geeigneter Steuern an Provinzen, Kreisen und Ge meinden. Der Artikel schließt mit den Worten: Der Tabakssteuerentwurf wird einen der wichtigsten BerathungSgegenstände des Bundesraths und des Reichstags bilden. Die Nothwendigkeit der Ver mehrung eigener Reichseinnahmen ist allseitig aner kannt, immer entschiedener gelangte die Ueberzeugung zur Geltung, daß hierzu vorzugsweise höhere Ein nahmen von dem TabakSverbrauche iu Aussicht zu