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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 27.08.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190308270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19030827
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19030827
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-08
- Tag 1903-08-27
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Monat
1903-08
-
Jahr
1903
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Hause in Simselwitz und »eranlaßte die Überführung de» Ge- tötelcn nach dem Orte. — Rochlitz, 22. August. Am Donnerstag verstarb hier der 64jährige Steinmetz Wüstemann. Der Tod derselben, der zuerst al» Folge eine» »zweiten Schlage»' angesehen wurde, hat sich al» ein Fall schwerster Pil zvergistung herautgestellt. Wüste mann hatte am Mittwoch im Walde Pilze geholt, die seine Frau für den Abend zubereitet hatte. Er aß mit gutem Appetit davon, wie auch seine 22jährige Tochter und seine 4jährige Enkelin, während seine Frau dem Pilzgerichte nicht mit zusprach. Am nächsten Morgen spürten alle drei starke» Unwohlsein. Aus den Gedanken, daß da» Pilzgericht die Ursache davon sein könnte, kam jedoch niemand. Bei Wüstemann steigerte sich da» Unwohlsein so rapid, daß er am Abend de» Donnerstag bereit» starb. Erst am gestrigen Freitag ries man den Arzt. Obwohl man ihm keine Mitteilung von genossenen Pilzen machte, erkannte dieser sehr bald die VergistungSerscheinungen und wandte Gegenmittel an. Bei der kleinen Enkelin blieben diese ohne Erfolg, sie starb nach mehrstündigen Krampfanfällen gestern abend. Da» dritte Opfer, die 22jährige Tochter, ringt noch mit dem Tode und e» ist sehr fraglich, ob ihr Körper die Kraft hat, die schwere Ver giftung zu überstehen. Wüstcmann hat die von ihm gesammelten Pilze für Feldchampignon» gehalten, tatsächlich waren e» aber die höchst giftigen Knollenblätterschwämme, letztere werden häufig mit den Champignon» verwechselt und doch lassen sie sich leicht unterscheiden. Der giftige Knollenblätterschwamm hat weiße La mellen, der Champignon aber rötliche. — Rochlitz, 24. August. Al» dritte» Opfer der Pilz vergiftung ist die 22jährige Klara Wüstemann gestern vor mittag ebenfalls ihren Leiden erlegen. Gestern nachmittag sind ihr im Tode vorangezangener Vater und ihre kleine Nichte be erdigt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte am Sonnabend die Leichen mit Beschlag belegt, sie aber gestern zur Beerdigung freigegcben. Wie da» „Rochl. Tgbl." dieser Meldung hinzufügt, war da« Pilzgericht nicht von der Ehefrau Wüstemann», sondern von diesem selbst zubereitet worden. — Crimmitschau, 23. August. Die Zahl der streiken den Weber, die anfänglich auf 7500 berechnet war — be teiligt sind die Arbeiter in 52 Webereien, 20 Spinnereien, 4 Färbereien und 2 Hülscnfabrikcn — hat sich noch erheblich ver größert, da sich 1500 HauSwcber den Ausständigen angeschlossen haben. E» streiken also jetzt weil über 8000 Mann, d. i. mehr al» ein Drittel der gesamten Einwohnerschaft. In einigen Fa briken läuft die Kündigungsfrist erst am 4. September ab, so daß sich die Strcikzahl noch weiter erhöhen wird. — Crimmitschau, 24. August. Mit Bezug auf den Massenausstand unserer Textilarbeiter erläßt die Königliche Kreishauptmannschast Zwickau für die Landgemeinden, und die hiesige Stadtpolizeibehörve Bekanntmachungen, wonach Ansammlungen, Stehenbleibcn usw. streng verboten und bei Zu widerhandlungen die SichcrheitSorgane alsbald einzuschreitcn haben. Au« Anlaß des Streiks ist ein Gendarmeriekommando, bestehend aus l Obergendarm, 2 Brigadiers und 8 Gendarmen in LcitelShain und Neukirchen untergebracht. — Reichenbach, 24. August. Im benachbarten Neumark wurde ein lbijähriger, junger Mensch fcstgenommcn, der am l9. d. M. unweit der dortigen Station an der Linie Reichenbach- Zwickau durch Auflegen von Schwellen aus die Gleise einen Eisen bahnzug zu gefährden suchte. Glücklicherweise konnte die Schand tat bald entdeckt werden. — Lößnitz, 24. August. Ein recht bedauerlicher Unglücks fall ereignete sich gestern Nachmittag in Dittersdorf. Der Guts besitzer Albin Höfer mähte mit einer Getrcidemähmaschine Korn. Unglücklicherweise kam die hierbei beschäftigte >7 Jahre alle Dienstmagd Albine Bachmann aus Mühlberg i. B. den Messern der im Gange befindlichen Maschine zu nahe und schnitt sich beide Unlerschcnkel fast durch. Die Bedauernswerte wurde nach Anlegung eine» Nolvcrbande» sofort in die Heilanstalt de» Herrn SanilätSrat» lr. Pilling in Aue überführt. — lieber da« E i se n b a h n u n g l ü ck bei Rothenkirchen werden eine solche Menge unkontrollierbare Meldungen in aus wärtigen Zeitungen breit getreten, die zum großen Teil den Stempel der Unwahrscheinlichkeit auf der Stirn tragen und nur auf müßiger Gerede zurückzuführen sind. Wir sehen davon ab, diese Nachrichten, die nicht im Entferntesten geeignet sind, Klär ung in diese Angelegenheit zu bringen, weiter zu verbreiten und warten oa» Ergebnis der amtlichen Untersuchung ab. — Der Gesamtvorstand de» Verbandes Sächsischer Industrieller hat in Bezug auf die Landtagswahl- resorm eine Eingabe an das Ministerium zu richten be schlossen, worin die Neueinteilung der LandtagSwahlkreisc al» Voraussetzung für eine befriedigende Wahlrechtsreform bezeichnet wird, da die jetzige auf einer Unterscheidung von Stadt und Land beruhende Einteilung (37 städtische, 43 ländliche Wahlkreise) weder als zweckmäßig, noch bei Berechnung auf Bevölkerungs ziffer und Stcueilkistung der städtischen und ländlichen Wahl kreise al» gerecht angesehen werden könnte. Die von der Re gierung ergriffene Initiative zur Aenderung de» jetzt gellenden Landtagswahlrecht» wurde in der Versammlung mit Genugtuung begrüßt, da die jetzige Zusammensetzung der Ständekammcrn in keiner Weise dem wirtschaftlich industriellen Charakter de» König reiche» Sachsen entspräche und viel zu jener Unzufriedenheit der Bevölkerung beigctragen habe, welche bei den Reichstagswahlen zum Ausdruck gekommen sei. Pflicht der Regierung sei es, ihrer seits Vorschläge für eine gerechte und zweckentsprechende Aenderung des Wahlrechtes zu machen, erst dann würde sür die Interessen vertretungen Gelegenheit geboten sein, sich von ihrem Standpunkt au» zu diesem Entwürfe zu äußern. In diesem Sinne wurde beschlossen, sobald der neue WahlrechtScnlwurf der Regierung bekannt geworden sei, zunächst von Seiten de» Vorstandes und alSdann seilen« de« Verbandes dazu Stellung zu nehmen. — Au» Anlaß der stattfindenden militärischen Herbst übungen wird auf die Wichtigkeit der Anwendung richtiger und recht deutlicher Aufschristen bei den Manöver-Post sendungen hingewiesen. Zur genauen Aufschrift gehören außer dem Familiennamen möglichst auch Vornamen und nach Umständen die Ordnungsnummer, ferner Dienstgrad und Truppen teil (Regiment, Bataillon, Kompagnie, Schwadron, Batterie >c.) und sür gewöhnlich der ständige Garnison ort, eintretenden falls mit dem Zusätze »oder nachsenden". Für die unausgehaltene Weitcrsendung Lieser Briese:c. wird poslseitig gesorgt. Die An gabe eine» Marschquartier» empfiehlt sich nur dann, wenn das selbe genau bekannt und vorau»zusehen ist, daß die Sendung dort vor dem Weitermarsch in Empfang genommen werden kann. Auch bei Sendungen an Offiziere und E > n j ä hr i g - Frei willige ist stet» die genaue Angabe de« Truppenteil« erforder lich, da die Bataillone u. s. w. ost auf mehrere Ouartierorte verteilt und infolgedessen ihre Postsendungen bei verschiedenen Postanstalten abgeholt werden. Durch mangelhafte oder ungenaue Anfertigung der Aufschriften der Manöver-Postsendungen wird die Ueberkunft derselben an die Empfänger nicht selten sehr be trächtlich verzögert. — Während der Manöver wird man einzelne Mann schaften der Fußtruppen mit einem neuen Abzeichen, mit einem weißen und einem roten Fähnchen auf dem rechten Rockärmel bemerken. E» sind die» die sogenannten »Winkerabzeichen"; bei jeder Kompagnie sind acht Mann al« Flaggenwinker aus gebildet, die mit je einem weißen und roten steifen Fähnchen entfernt stehenden Abteilungen, Kompagnien, Bataillonen usw. Zeichen geben und dadurch Befehle und Nachrichten zum Vor gehen, zum Schwenken, Deckungsuchen, Feuern usw. schnell über mitteln. Zwei Mann gehen etwa» abseits von der Abteilung an eine Stelle, wo sie möglichst weit gesehen werden können. Der eine gibt die Zeichen mit den zwei Fähnchen (jede» Zeichen be deutet einen Buchstaben bez. ein Wort), der andere notiert die Zeichen und setzt diese zusammen. Die ausgebildeten .Winker" der entfernt stehenden Abteilungen notieren die bemerkten Flaggen zeichen und geben dann wieder Zeichen an weiter stehende Truppen. Auf diese Weise wird die Verbindung unter den entfernt operierenden Truppenkörpern schneller hcrgestellt, al» durch die al» Meldefahrer verwandten Radfahrer. Die Flaggentelegraphic besteht zwar schon seit einigen Jahren, man hat aber dieser im laufenden Jahre eine weit größere Aufmerksamkeit und Fürsorge zugewendet und wird in den diesjährigen Kaisermanövern von ihr neben der Feldtelegraphie einen ausgiebigeren Gebrauch machen. Die »Winkerabzeichen" sind erst seit drei Wochen eingeführt und werden nur vier Mann von jeder Kompagnie verliehen. — Ein für Fortbildung» schüler lehrreiche» Urteil fällte jüngst da« Reichsgericht als RevisionSinstanz. Ein Fort bildungsschüler hatte der Aufforderung de« Lehrers, die Bank zu verlassen, nicht Folge geleistet und sich dem Lehrer, als dieser Gewalt anwendcn wollte, widersetzt. Der Vorfall kam zur An zeige. Der unbotmäßige Schüler erhielt von der Strafkammer wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt l4 Tage Gefängnis. Der Vater der Verurteilten legte beim Reichsgericht Revision ein, die aber verworfen wurde mit der Begründung, daß der Lehrer in Ausübung seine» Berufe« als Beamter anzu sehen sei und daß ein demselben bei Ausübung seine» Beamten recht» geleisteter Widerstand al« Widerstand gegen die Staats gewalt nach K 113 de» ReichSgesetzbucheS zu bestrafen sei. Hott will es. Novellistische Skizze von Peter Laach. Egbert von Trauenfcl» stürmte durch die Vorhalle der Burg derer von Staffelsberg und rannte hier einen Diener fast um, der mit einem Brett in der Hand, auf welchem ein silberner Becher, au» einer der vielen Türen trat, die in die Vorhalle mündeten. Der Platz de» künftigen Eidam», de» Verlobten Schön- Berta'«, gab ihm ein solche« Recht. »Ist da« Fräulein zu sprechen?" fragte er den sich ehr erbietig Neigenden. „Ja — sie ist in der Kemenate!" antwortete dieser mit noch ehrerbietigerer Verneigung. Und schon war der Junker enteilt, die wohlbekannte Treppe hinan, die zu der Kemenate dahinsührte. An der Tür de« Ge mache» trat ihm die Kammerfrau entgegen. „Nun, Elsbeth —" frug er, „darf ich hinein?" „Da« Fräulein hat soeben die heilige Messe gehört und er wartet Euch, edler Herr"- erwiderte die Zofe, ihm die Tür öffnend. Egbert riß da» Barett vom Haupt, trat über die Schwelle, holte au» seinem Gewände einen Strauß frischer Rosen, reichte ihr denselben und sprach: „Seid mir gegrüßt, edle Herrin. Darf ich Euch zum Morgengruße diese Blumen überreichen?" Die sonst so sanften siebenzehnjährigen Veilchenaugen sahen ihn vorwurfsvoll an und der kleine rote Mund sagte fast herb: „Bringet Eure Grüße und Eure Blumen zum Erlenhaag! Da weidet IHv bessern Dank davon haben". Seine lustigen, braunen Augen blickten jetzt schier entsetzt und da« gebräunte, hübsche, etwas leichtsinnige Fantgesicht trug den Ausdruck unverhohlener Bestürzung. „Mein Gott, edle Herrin", sprach er, „Ihr wißt! —" „Ja", sagte sie, sich abwendend und glühend rot «erdend, „ich weiß, wo Ihr Tage und Nächte lang umherschweift, ich weiß, wa« Ihr dort oben im Erlenhaag zu suchen habt, ich weiß, daß e» die braune Magd au« der Eghpter (Zigeuner) Stamme Euch angetan hat. Ich weiß da«, und weiß auch, daß wir nicht mehr zur Zeit der Erzväter leben, da e« dem Manne erlaubt war, mehr al« ein Weib zur Ehe zu nehmen! Rechtzeitig bin ich da» gewahr geworden und bitte Euch deshalb, die» Ringlein zurückzunchmen, mit dem Ihr Euch mir verlobt habt". „Die heilige Jungfrau schütze mich!" rief er erschreckt, auf seinen Knieen zu ihr herankriechend, ,,wa« denkt Ihr von mir, edelste Herrin, ich — ich sollte Euch untreu geworden sein? Wenn ich zu dem Weibe dort hinausgegangen bin, so ist e» ge schehen, um ihr die mancherlei Künste abzusehen, die sie auiübet. Sie kennt manch heilsam Kraut, und versteht manch Tränklein für Kranke zu bereiten. Und da» sollt ich meinen — schadete wahrlich nicht. —" „O — versuchet nicht Euch zu rechtfertigen," unterbrach sie, „und erspart e» mir noch deutlicher zu werden, wa» ohn' Erröten nicht geschehen könnte. Und nun geht! —" „Wie — könntet Ihr so grausam sein und mich jetzt fort schicken? — Wißt Ihr da» VerSlein nicht mehr, da« ich damal« Euch in» Ohr raunte — damal», al» Ihr noch hold und lieb zu mir wäret — damal«, al» Ihr mein Flehen erhörtet — wißt Ihr e« nicht mehr? : Du bist min — ich bin dm: des sott du gewi» sm. Du bist beslozzen in minem Herzen. Verloren ist duz stüzzelin du muost immer drinne sin. „Ja," rief sie erregt, „da» Schlüffelein habt Ihr leichtfertig von Euch geworfen und eine andere Hal'» aufgehoben und Euer Herz ausgeschlossen. O — wie kann ich einen Mann achten, der noch so wenig würdig und ernst ist. Seid Ihr auch erst vier undzwanzig, so wollet Ihr doch in den Stand der heiligen Ehe treten und einen Hautvater vorstellen. Gehet al» junger Fant zu Eure« Gleichen oder tut irgend eine große Tat, daß ich Such wieder achten kann". Sr blickte sprachlo» ihr nach, dann auf die Rosen, die in seiner Hand verblieben und auf da« goldene Reif lein, da» sie aus den Tisch gelegt hatte. Dann stand er auf und verließ sehr gedrückt da» Gemach. Wohl zum ersten Mal Im Leben kamen ihm ernste Gedanken. In der Vorhalle begeg nete er Gottfried, Berta» 2ljähri«m Bruder, ein liebliche« Jünglingtbild, aber auch, wie die Schwester, über seine Jahre ernst. Gottfried reichte Egbert die Hand: „Nun, Teuerster — so ernst — ich staune!" — „Du — da Du selber so ernst bist?" „Eben darum, weil Du e« sonst nicht bist!" ,»O, Ihr Heiligen — da» sagte sie auch — bin ihr nicht ernst genug — sie hat mir Urlaub gegeben — ich soll »ine große Tat tun. —" „Eine große Tat!" rief Gottfried und seine dunkelblaue« Lugen flammten begeistert — wie recht hat sie, meine herr lich« Schwester — ja eine große Tat — wa« tun wir hier und sitzen müßig — rasten und rosten — und die paar Fehden?" — „Eine groß« Tat wollt Ihr tun, edle Jünglinge?" frug da eine sonore, freundliche Stimme — und al« die beiden sich uia- sahen, da stand der Schloß-Pater an der EingangStür der Halle. Lr nickte ihnen freundlich zu und er fuhr fort: „Ich wüßte eine große Tat sür Euch, wenn Ihr mich hören wolltet". „O sprecht — o sprecht — wir wollen hören!" Sie küßten ihm die Htmde, führten ihn zu einem Sessel und setzten sich zu seinen Füßen auf niedrigere Schemel. „Kunde ist gekommen au« dem heiligen Lande von entsetz lichen Greueln, die da verübt worden sind von den Heiden an den Bekcnnern Christi. Früher, meine Lieben, müßt Ihr wissen, war die Herrschaft der Heiden milder im heiligen Lande, denn die Araber waren duldsam und hinderten die Pilger nicht, die am Trabe de» Welterlöser» ihre Andacht verrichten wollten, und Harun al Raschid, wisset Ihr ja, war der Freund Kaiser Karl» de» Großen. Nun aber kamen andere Heiden, ebenfalls Bekenner de» Lügenprophetcn Mohammed, die rohen Seldschuken — und wie der Ungebildete auch immer der Grausamste ist, so auch hier. Die Greuel haben vormal» schon eine« heiligen Gotte»mann, Peter von Amien», bewogen, einen Kreuzzug zu predigen nach dem heiligen Lande. Und nachdem eine ungeordnete Schar hinau»- gezogen, kommt jetzt da« Hauptheer unter Gottfried, dem herr lichen Herzog von Bouillon, die Blüte der Ritterschaft. Wollt Ihr eine große Tat tun, edle Jünglinge, so zieht mit in» Heilige Land — befreit da« heilige Grab von unjerm Erbfeind — die Seligkeit ist Euch sicher, so Ihr sür unser» heiligen Glauben sterbt — und wenn Ihr wiederkehret Vergebung Eurer Sünden. Gott will e»! riefen die Tausende, die aus dem heiligen Concil zu Clermont versammelt waren und sich dort da» Kreuz aus da» Gewand hefteten — so ziehet hin — denn Gott will e»!" „Gott will e»!" riesen die Jünglinge, und küßten dem Priester di« Hand. Wenige Minuten später kniete Egbert wieder vor Berta. Leidenschaftlich stammelten seine Lippen und er schloß: „Die große Tat ist gesunden — ich ziehe zum heiligen Lande". Sie wandle sich um und ihr Antlitz strahlte. „Wollt Ihr nun das Ringlein wieder an Euren Finger stecken, Holdseligste, wollt Ihr nun die Rosen von mir zum Ge schenk nehmen — und wollet Ihr mir — noch ein Pfand geben, daß Ihr jederzeit an mich denket?" Rasch ging sie zum Tisch, steckte sich da« Ringlein an ihren Finger, nahm die Rosen au» de» Knieenden Hand, senkte ihre Lippen daraus, löste eine Schleife au« ihrem Busen, heftete sie ihm an die Schulter, neigte sich zu ihm hernieder, schlang einen Arm um seinen Nacken, drückte einen Kuß auf seine Lippen und flüsterte: „Seid versichert — ich denke Eurer — die heilige Jungfrau schütze Euch". Er stand wie berauscht — al« er zu sich kam, war sie ver schwunden. „Ja — zum heiligen Lande — den will ich seh'n, der mir — mit diesem Zeichen auf der Brust, nur ein Haar krümmen könnte! Golt will e» — Gott will e»!" Won Amerika zurück. Novelle von Ludwig Habicht, lll. Fortsetzung.) „Da« junge Paar ist schon auf dem Wege nach Italien," wußte jemand zu berichten. „In Begleitung der Herrn Schwiegervaters?" Diese boshafte Frage eine« anderen erhöhte da» lustig« Gelächter. „Nein, den hat man wieder nach Amerika geschickt, um ihn von neuem los zu werden," war die Antwort. „Keine Sorge; er wird bald wieder den Weg zur alten Heimat finden," bemerkte der junge Treutler. Einer seiner vertrautesten Freunde setzte sogleich hinzu: „Ach und einer der dümmsten Streiche Hartmann« ist e« wohl, daß er den Sohn de« alten Zuchthäusler» zu seinem Kompagnon gemacht hat. Dieser saubere Patron wird ihn bald zu Grunde gerichtet haben, denn der Apfel fällt ja nicht weit vom Stamm." Da« volle Gesicht de» jungen Treutler, da» heute ohnehin so vergnüglich drein schaute, färbte sich vor Freude noch höher; er juchte heimlich hinter seinem goldenen Kneifer die Wirkung zu beobachten, die Liese Worte seiner Freunde aus die ganz in der Nähe befindliche Familie Helmbold auSüben würden, und er war damit zufrieden. Der alte Herr hatte sich zwar mit keinem Wort in die Unter haltung gemischt; aber sehr aufmerksam zugehört; auf seinem ehr lichen Gesicht stand deutlich zu lesen, daß er die Anschauungen, die hier ausgesprochen wurden, vollkommen teilte. Frau Helmbold hatte zwar auch nicht gewagt, sich an dem Gespräch zu beteiligen, denn sie konnte in dieser glänzenden Ge sellschaft, in die sie zum ersten Mal in ihrem Leben geraten war, ihre Befangenheit nicht unterdrücken; aber sie hatte doch nicht umhin gekonnt, mehrmal« einem oder dem andern der sprechenden Herren eifrig zuzunicken, um ihre Uebereinstimmung mit den ge äußerten Meinungen zu bekunden. Jetzt malte sich aus ihrem Gesicht geradezu die große Genugtuung ab, die sic über die zuletzt gefallenen Worte empfand; die waren ganz au» ihrer Seele gesprochen. Nur Marie war von all diesem bo-haften Gerede auf da» peinlichste berührt worden. Wa« wußten die lustig darauf lo» schwatzenden Leute, wie e« in ihrem Herzen au»sah! Al» sie von der Freundin die Verlobung-anzeige erhalten hatte, da war sie aus der Stelle zu ihr geeilt, um ihr au« vollstem Herzen Glück zu wünschen. Anfang» hatte ihr Vater, al« sie ihm ihren Wunsch kundgegeben, daß sie hingehen und ihr mündlich Glück wünschen wollte, zwar gemeint, daß sie die» schriftlich tun möge, aber al« Marie aus ihren Kops beharrte, war er damit einver standen gewesen und halte gesagt: „Nun gut, da könnt ihr euch noch einmal offen aulsprechen; aber dann hat die Geschichte ein Ende! Da« steht bei mir bombenfest!" Mari» kannte ihren Baler; sobald er ein solche« Wort au«- gesprochen hatte, «ar wenigsten» für lange Zeit nicht dagegen anzukämpfen. Und doch gab sie die Hoffnung nicht auf, daß er noch einmal milder und nachsichtiger über alle« denken werde. Die beiden Freundinnen hatten sich in der Tat au«gesprochen und unerschütterlicher al» je lebte die Ueberzeugung in dem Herzen Marien», daß di« Geschwister recht unglücklich genannt werden konnten, einen Vater zu haben, den finstere Leidenschaften
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