Volltext Seite (XML)
Führt der Lenz die bunte Menge Froher Kinder auf die Auen Aus des Hauses stiller Enge, Jubelnd sie dann aufwärts schauen , Zu den ncugeschmückten Zweigen, Und die Bäume all', so gerne ! Streu'n sie auf den muntern Reigen ; Ihre duft'gen Blüthcnsterne. ; Nur die dunkle Tanne schauet Sehnend auf die sonn'gen Matten, - Denn kein Kindlein sich getrauet, ? AuSzuruh'n in ihrem Schatten ; Glänzet doch von ihren Zweigen r Keine Blüthe auf sie nieder ; Und in ihrer Nähe schweigen > Vögleins lustbeseelten Lieder. . „Warum", spricht die Tanne klagend, ; „Warum gleich ich nickt den Bäumen, ; „Welche, Blatt und Blüthe tragend, „Grün und weiß die Flur umsäumen, „Warum tönt von meinen Zweigen „Nicht der Klang der Lust und Wonne, ; „Soll ich denn allein in Schweigen ; „Stehn im Glanz der Maienfonne?" r „Warum tanzt um mich im Kreise ; „Nicht die Schaar der frohen Kinder, § „Glüht in mir im Mai das heiße „Sehnen nach der Liebe minder?" Also klagt sie, bis sich labend Nach der lauten LenzeSfeier Niedersenkt der milde Abend, Hüllt die Welt in ihren Schleier. Leis verklingen Böglein's Lieder; Von der Tanne dunklen Zweigen Tropft der Helle Thau hernieder, Stillen Thränen zu vergleichen. Tröstend nahet ihr der Schlummer, Frieden ihr und Trost'zu spenden, Doch ihr Sehnen, und ihr Kummer Wollte auch im Traum nicht enden. > - Zwriunddreißi-ster Jahrgang. Himmelauf mit stummer Frage Schauet sie empor im Traume, Ob kein Sternlein liebend trage Sel'gen Trost zum Tannenbaume l Da, o Wunder, schwebt hernieder Aus der Sterne goldnem Kranze In dem Klange sellger Lieder Mild ein Kind im HimmelSglanze. Liebend schaut es auf die Tanne, Spricht zu ihr mit sanftem Tone: „Daß ich Deine Trauer banne, „Sandt' mich Gott von seinem Throne, „Daß in Hellen Lenzestagen „Niemand ohne Freude bliebe, „Soll ich Trosteswort dir sagen, „Ich, deß Name ist: die Liebe." „Wenn die Bäume rings mit kahlen „Zweigen stehn in Winters Grauen, „Sollst in meinem Reich du strahlen, „Und dort meinen Segen schauen!" Sprach es, und von holdem Klange Süß umlönt, entschwebte leise Jetzt das Kind in heilgcm Drange Auswärts zu der Sternen Kreise. Was aus jenes Kindes Munde Scholl zum stillen Tanncnbaume, Wahrheit wird's in heilger Stunde Heute ja in jedem Raume! Ast' die Bäume, die umsungen Einst im Mai die Schaar der Kinder, Don des Nordens Macht bezwungen Stehn sie einsam jetzt im Winter. Doch die Tanne, sonst verlassen, Wenn der Lenz die Flur bekränzet, Kann die süße Last kaum fassen, Die auf ihren Zweigen glänzet Und e« steigt der Blick der Kinder Selig auf zum Glanz de« Baumes, Dem erfüllt nun ward im Winter Jenes Wort des Frühlingstraumes! S. Thieme, Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt -er Kgl. Amtohauptmannschaft und -er Kgl. Schulinspection zu Kaühen sowie -eo Königlichen Verichtsamteo un- -es Sla-trathes z« Aischosowetda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kostet einschließlich der Sonn« bbends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark bO Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden btt Dienstag« und Freitags früh » Uhr angenommen und kostet die gespaltene Eorpuszeile oder deren Raum 10 Pfennige. Mittwoch, den 2«. Deeember. ! 1,877.