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1877 Mittwoch, den 14. November Politische Weltjchau Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt -er Kgl. Amtshauptmannschaft und -er Kgl. Schnlinfpection zu Kanheä sowie -es Königlichen Gerichtsamtes un- -es Sta-trathes z« Pischofswer-a. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kästet einschließlich der Sonn» abend» erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SO Pfg. (IS Ngr.). Inserate werden bi» Oienitag« und Freitag« früh v Uhr angenommen und kostet die gesp-ltene Eorpuszeile oder deren Raum 10 Pfennige. richten. Am Mittwoch stand zunächst das K. Decret über verschiedene Umgestaltungen im Land hause auf der Tagesordnung und wurde nach kurzer Debatte zur Berichterstattung an die Finanzdeputalion verwiesen. Gleiches geschah mit dem königlichen Decret, die Errichtung eines Gebäudes in Berlin für den Gebrauch der Bevollmächtigten zum Bundes» rathe und der Gesandtschaft betreffend. Das Grund stück, auf welchem das gedachte Gebäude errichtet werden soll, liegt in der Boßstraße, der VerbinvungS- straße zwischen dem Wilhelm-Platz und der KönigS- grätzer Straße, mithin in der Nähe des Reichs-' canzleramtes und der übrigen AmtSgebäude der ReichSbchörden. Der Aufwand für Arealerwerbung und Bauausführung ist auf 780,000 Mark ange schlagen. Den dritten und letzten Punkt der Tagesordnung bildete die Schlußberathung über die Zuziehung nicht staatsangehöriger junger Leute zur Fortbildungsschule. Bekanntlich bestehen in dieser Hinsicht mit ver schiedenen Regierungen Verträge. So sind z. B. die den im österreichischen Reichsrathe vertretenen Ländern angchörenden Kinder, welche sich hier auf halten, wie die inländischen zum Besuch der obliga torischen Fortbildungsschule heranzuziehen. Anders steht es jedoch mit dem mit den deutschen Regie rungen (mit Ausnahme von Baiern, Braunschweig und Hamburg) getroffenen Abkommen. Die Ange hörigen dieser Staaten können, wenn sie in ihrer Heimath der gesetzlichen Schulpflicht Genüge geleistet, hier nicht zum Besucht der Fortbildungsschule ge zwungen werden. Das vorliegende königliche Decret enthält nun Mittheilungen über die Seitens der Regierung gethanen Schritte, um eine vermehrte Theilnahme herbeizuführen. Seitens der Referenten von Ehrenstcin und Kirbach wurde beantragt, eS bei diesen Mittheilungen bewenden zu lassen. Der Letzt genannte sprach jedoch sein Bedauern darüber aus, daß es nicht gelungen ist, mit den blutsverwandten deutschen Staaten gleiche Verträge zu erzielen, wie mit den österreichischen Ländern. Ohne wesentliche weitere Debatte trat die Kammer dem Anträge ihrer Referenten bei. Die DonnerStag-Sitzung galt einem Anträge de« Abg. Oehmlchen, hinter tz 23 des Gesetze», die Zum dritten Male während kurzer Zeit ist unser Königshaus von einem schweren Schicksalsschlage heimgesucht worden. Am Abende des 8. November 6H Uhr verschied Ihre Majestät die Königin-Mutter Amalia Augusta. Geboren am 13. November 1801 zu München als Tochter des König« Maxi milian I. von Baiern hatte die hohe Verblichene mithin ein Alter von 75 Jahren 11 Monaten und 26 Tagen erreicht; mit Sr. Maj. dem König Johann war sie seit 21. November 1822 vermählt. Blicken wir auf diese Zeit zurück, so tritt uns die Hinge schiedene Königin überall als leuchtendes Frauenbild entgegen Sie war ihrem Gatten durch den ge waltigen Zeitraum von 54 Jahren in Freud und Leid eine treue Gefährtin, ihrer Familie eine liebende Mütter und ihrem Volke eine ächte Königin. Nicht umsonst hatte ihr der Herr der Heerschaaren eine Krone gegeben; sie erwies sich ihrer im edelsten Sinne würdig ihr Leben lang. Tausende haben durch sie Erquickung gefunden, Millionen von Zähren trocknete ihre wohlthätige Hand und in so manche dunkle Schicksalsnacht hat sie wieder den Schimmer der Hoffnung gesendet. Welchen Ehrenplatz sie sich im Herzen des Sachsenvolkes errungen, mit welch' inniger Verehrung ihre Landeskinder an ihr hingen, zeigte sich auf das Deutlichste in jenen November tagen des Jahres 1872, wo sie im Kreise ihrer Familie und erlauchter Verwandten mit ihrem nun schon seit vier Jahren in Gott ruhenden Gemahl da« so seltene Fest der goldenen Hochzeit beging, dem da« ganze Land seine herzlichste Theilnahme widmete. All' die Liebe, welche man ihr damals rntgegenbrachte, sie lebt auch heute noch fort und wird nie aufhören, die Herzen der Sachsen zu er füllen. Im Buche unserer Geschichte wird der Name Augusta Amalia stets mit goldenen Lettern prangen; denn er gehörte einer Königin, wie sie nur wenigen Völkern zu Theil geworden ist. Ihre feier liche Beisetzung erfolgte am vergangenen Montag. Die Verhandlungen des sächsischen Landtags haben durch diesen Trauerfall eine Unterbrechung erlitten. Wir haben deshalb in der Hauptsache nur über zwei Sitzungen der vergangenen Woche zu be- hwriunddnißigster Jahrgang.