Volltext Seite (XML)
für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend^ Amtsblatt der Kgl. Amtohanptmannschaft «nd -er Kgl. Schulinspection zu Nauden sowie -es Königlichen Verichtsamtes und -es Sta-trathes zu Aischosswerda. Diese Jeikichrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und SonnavendS und kästet einschließlich der Sonn« abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SO Pfg. (15 Ngr.). Inserate werden bis Dienstag« und Freitags früh » Uhr angenommen und kostet die gespiltene Corpuszeile »der deren Raum 10 Pfennige, ! Sonnabend den 17. November Die Krisis in Frankreich. Die bedenkliche innere Situation der französischen Republik hat nunmehr ihren Gipfelpunkt erreicht. Der unzweideutigen Verurtheilung, welche das Land am 14. October über die Politik des 16. Mai aus gesprochen halte, ist am 4. November eine zweite ebenso unzweideutige gefolgt. Wenn irgendwo die conservativen Strömungen in einem Volke sich Gel tung verschaffen, so ist dies sicherlich bei den Wahlen für die kommunalen Corporakionen der Fall. Bis her gehörte denn auch in Frankreich die entschiedene Majorität der Mitglieder der Generalräthe den ver schiedenen „conservativen" Parteien an. Die letzten Neuwahlen haben eine ebenso entschiedene republika nische Majorität ergeben. In anderen Ländern ist das politische Glaubens- bekenntniß der Mitglieder der Provinzialvertretungen für die Staatspolitik ohne erhebliche Bedeutung; in Frankreich ist dies schon um deswillen anders, weil die Generalräthe einen Theil der Wahlcollegicn bil den, mittelst welcher die Departements die verfassungs mäßig von ihnen in den Senat zu entsendenden Mitglieder wählen. Man darf also ohne Bedenken sagen, daß das französische Volk sich abermals für die Republik und gegen jede irgendwie gestaltete monarchische Reaction ausgesprochen hat. Die ver neinende Beantwortung des Appells, welchen Mar schall Mac Mahon nach dem 16. Mai an das Land gerichtet, konnte nicht klarer und bündiger sein! Und trotzdem erlebt man das Schauspiel, daß das Ministerium, welches für jenen Appell und alle seine Folgen die konstitutionelle Verantwortlichkeit übernommen, auf's Neue vor ein Abgeordnetenhaus tritt, von welchem cs im Voraus gerichtet ist. Noch liegt über den Vorgängen, welche sich in den letzten Tagen in den Pariser RegicrungSkreisen abgespielt haben, zu dichtes Dunkel, als daß sich die volle Be deutung dieser Thatsache übersehen ließe. Schwerlich ist damit eine brüske Herausforderung beabsichtigt; viel mehr darf man annehmen, daß Mac Mahon sich erst in der äußersten Verlegenheit zur einstweiligen Beibehaltung de« bisherigen CabinetS entschlossen hat, nachdem alle anderen Combinationen gescheitert waren. Aweiaaddttißrßst« Jahrgang. Es kann jedoch nicht auSbleiben, daß durch das bloße Erscheinen der Herren v. Broglie und Fourtou vor der Deputirtenkammer der Conflict zwischen dieser und der Regierung von vornherein eine Schärfe und Bitterkeit annimmt, die auch durch eine nach folgende versöhnlichere Haltung Mac Mahon'S kaum verwischt werden dürfte. Im Gegentheil, da sich der Marschall in allen seinen Handlungen seit dem 17. Mai in demonstrativster Weise mit dem Mi nisterium Broglie-Fourtou solidarisch gemacht hat, so ist zu befürchten, daß die Angriffe gegen letzteres sich zugleich direct gegen da« Staatsoberhaupt richten werden. Was bleibt unter diesen Umständen für Mac Mahon zu thun? Nach den letzten Wahlen schien die nächstliegende Alternative zu sein: etwever ein neues Ministerium aus der Majorität der Volksvertretung zu bilden oder abzudanken. Der Marschall kann sagen, er habe mit dem ersteren Schritte gewartet, bis die neue Kammer sich ausgesprochen ; aber ist, nach Allem, was vorgefallen, ein gedeihliches Zusammen wirken zwischen Mac Mahon und einem entschieden republikanischen Ministerium noch denkbar? Anderer seits kann die Eventualität, daß der Marschall frei willig zuröcktreten werde, nach den bekannten, wieder holt von ihm gegebenen Versicherungen nicht in Rechnung gezogen werden. So würde denn als der einzige legale Ausweg aus diesem Dilemma nur der nochmalige Appell an das Land übrig bleiben. Aber da die Einigkeit der monarchistischen Coalition inzwischen argen Schaden gelitten hat, so ist nicht wahrscheinlich, daß sich für eine abermalige Auflösung der Deputirten kammer die verfassungsmäßig nothwcndige Zustim mung des Senats erlangen lassen wird. Demnach ist denn der Knoten in einer Weise verschlungen, daß man an der Möglichkeit einer gütlichen Lösung zu verzweifeln beginnt. Die Bonapartistea und die Clerikalen verlangen, daß. er durchhauen werde. Aber wer wird sich dieser gefährlichen Arbeit unter ziehen? Q