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sl877^ Sonnabend, den «. «etober. Frankreich. Die französischen Wahl-Jntriguen sind im vollen Gange. Nach dem Gesetze würde der vorvorige Sonntag der erste Tag der Wahlperiode gewesen sein, von welchem an zu Wahlzwecken freie Diskussion gestattet ist; aber die ministeriellen Organe meldeten den Sonnabend vorher, die Behörden hätten ent- schtzden, daß der Sonntag als Feiertag nicht mitzu zählen sei, und die Wahlperiode erst mit dem Mon tage zu beginnen habe. Da sich die republikanische Opposition die größte Vorsicht zur Pflicht gemacht , Hal, enthielt sie sich an dem gedachten Sonntage jeder Veröffentlichung von Wahlmanifesten in der Presse, sowie durch Flugblätter und Anschläge. Der Entwurf des verstorbenen Thiers erschien daher erst Montags; anders aber hielten es die Behörden in den Departements, indem sie am Sonntag überall die Listen der RegierungS-Candidaten anschlugen und damit vor den Republikanern einen Vorsprung von einem Tage gewannen. Wahrscheinlich wird der Regierung diese unehrliche Kriegslist wenig Bortheil bringen, da man jetzt ihre Schritte überall mit Arg wohn und Mißtrauen verfolgt; aber die Regierung hat ihren Gegnern doch ein Schnippchen geschlagen. Zum Unterschiede von anderen RegierungS- Placaten u. s. w. sind die Candidatenlisten auf weiße» Papier gedruckt, damit das Publikum schon von großer Ferne sieht, was es auf dem Zettel zu ^erwarten habe. Dieses, selbst die Ungenirtheit der letzten napoleonischen Regierung beschämende Be tragen wird von der legitimistischen Presse bitter ge rügt, und ist mehreren Mayors so anstößig erschienen, daß sie sich geweigert haben, Vie Zettel anschlagen zu lassen, was ihnen Amtsentsetzung eingebracht hat. Aber das Ministerium schreitet „unentwegt" vorwärts, r Außerdem werden wieder politische Landkarten V ausgegeben, welche auf der einen Seite die republi- X konischen, auf der andern die Candidaten des Marschall« zeigen. Die von den Republikanern umworbenen Wahlkreise sind dunkelblau colorirt, wo der vorige Deputirte zu den 363 gehörte und sich um die Wiederwahl bewirbt, hellblau dagegen, wenn der republikanische Candidat neu ist. Zehn Wahl kreise find farblos, weil sich bi» jetzt noch kein repu- ^blikanischer Candidat gemeldet hat. Di« andere . V Amekmddrrißi-ster Jahrgang. Seile stellt die Legitimisten weiß, die Orlranisten roth und die Bonapartisten gelb dar. Das Gelb herrscht auf dieser Seite vor, während sich überall ) dünne Einsprenkelungen von Roth und namentlich im Nord-Westen und im Süd-Osten weiße Flecken zeigen. Nach dieser Karte bestehen die Candidaten des Marschalls aus 131 Legitimisten, 83 Orlranisten H und 298 Bonapartisten, während 20 Wahlkreise in - "H und um Paris keine officiellen Candidaten haben, H d. h. von der Regierung von vornherein auf- Z gegeben sind. 'H Marschall Mac Mahon ersucht also die Fran zosen um die Wahl einer Kammer, welche zu Drei fünfteln aus Bonapartisten und zu Zweifüufteln au» Royalisten (Legitimisten und Orlranisten) bestehen soll. Thun dem Herrn Marschall-Präsidenteu die Wähler diesen Gefallen, so ist vielleicht die Ka mmer so gefällig, ihm sein Septenat auSdienen zu lasten, damit der junge Napoleon bis zum Jahre 1880 Zeit gewinnt, sich auszubilden und auf das Herrscherge schäft vorzubereiten. Geräth die Kammer nach Mac MahonS Wunsch, so ist die Beseitigung der Republik im Jahre 1880 unzweifelhaft, falls nicht unterdeß eine neue Kammer-Auflösung nothwendig geworden und eine anders geartete Kammer an deren Stelle getreten ist, oder der Senat und die royalistischen Deputaten die Bonapartisten überstimmt haben. Man muß es den Bonapartisten lasten: sie ver stehen sich auf ihr Geschäft und greifen entschlossen zu, ohne sich auf Scrupel und Rücksichten einzulassen. Bis zum Jahre 1880 ist der Wechselbalg, welcher sich französische Republik nennt, weil ihm ein königlicher . oder kaiserlicher Kopf fehlt, vor ihnen sicher. Sie sind zu klug, den Imperialismus durch einen jungen unerfahrenen Menschen, wie der kaiserliche Prinz ist, zum compromittiren. Hat derselbe aber erst seine - Wanderjahre durchgemacht, so wird Frankreich, wenn die republikanische Partei bei der Wahl unterliegt, ohne große Schwierigkeiten, und wenn sie siegt, mit Hindernissen, welche dann Mac Mahon beseitigen helfen wird, einen neuen Empereur in der Gestalt Napoleon-IV. erhalten. i Prinz Jerome Napoleon versichert die, Wähler - von Ajaccio, der Triumph der Regierung in Le» Wahlen würde das Königthum, aber rücht da» Kaisu« thum zurückführen, welchem die Regierung feind sei > für - Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. A Amtsblatt -er Kgl. Amlshanptmannschaft und -er Kgl. Schnlinspection zu Kanhen » sowie -es Königlichen Verichtoamle« un- -es Sta-trathes z« Kischofswer-a. « Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und SonnavendS und kdstet einschließlich der Emm« abends erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark SO Pfg. (IS Ngr.). Inserat» werden di« Dienttag« und Freitag« früh 0 Uhr angenommen und kostet die gespiltene Eorpuszeile oder deren Raum IS Pfennige. -rs 7S. I