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Wochenblatt für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend Amtsblatt -er Kgl. Amtohaoptmannschaft und -er Kgl. Schulinspection zu Dauhen sowie -eo Königlichen Verichtoamteo «n- -es Etu-traches zu Dischofswerda. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch» und Soanaoriios und kostet einschließlich der Sonn abends erscheinenden „belletristischen Beilage» vierteljährlich 1 Mark SO Pfg. (IS Rgr.). Inserate werden dis Dienstag« und Freitags früh » Uhr angenommen und kostet die gesp -ltene Evrpuszeile oder deren Raum 10 Pfennige. 72. ! Mittwoch, de» 12. September I 1877. Politische Weitschau. Die Rheinischen Kaisertagc, obgleich vom Kaiserweticr wenig begünstigt, haben die ganze west liche Provinz mobilisirt. Zu den militärischen Schau stellungen findet ein großartiger Zudrang statt, den Kaiser begrüßt überall auf seinen Fahrten ein jubeln der Menschenstrom. Leider ist es nicht möglich, hier näher auf eine Beschreibung der Festlichkeiten ein zugehen. Nur des FestbanketS in Düsseldorf wollen wir noch gedenken, wo der Kaiser auf den Toast des Fürsten zu Wied erwiderte: „Ew. Durchlaucht haben mir in so schöner Art die Gesinnungen der Provinz ausgesprochen, und die Versammlung hat durch ihren freudigen Zuruf Ihre Worte mit solcher Herzlichkeit bestätigt, daß ich Ihnen nur aus vollen Herzen meinen Dank sagen kann. Sie wissen, daß ich stets mit besonders freudigen Gefühlen die Provinz betreten, in welche mich mein königlicher Bruder in bewegter Zeit sendete, so daß ich Zeuge sein konnte, wie das Gefühl der Angehörigkeit an ihn und das Bewußt sein der Zusammengehörigkeit mit ihm sich stetig mehrte und stählte. Darum denke ich auch stets mit Genugthuung und Dankbarkeit an die acht Jahre zurück, welche ich unter Ihnen verlebt habe und zähle sie zu den glücklichsten meines Lebens. Als dann die starken Söhne unseres Landes mit denen des alten Preußens zusammen gefochten, geblutet und gesiegt hatten, da gab es kein altes und neues Preußen mehr, sondern nur ein Preußen, ebenso wie jetzt durch mächtige Verhältnisse ein einiges Deutschland mit diesem Preußen an der Spitze geworden ist. Die Herzlichkeit, mit welcher die Provinz mich jedes Mal und auch jetzt wieder begrüßt hat, ist mir ein neuer Beweis jener Anhänglichkeit und Treue, welche Ew. Durchlaucht so beredten Ausdruck gegeben hat. Sie, meine Herren, haben die Aufgabe, diese Ge sinnung in den Herzen der Kinder und Kindeskinder fortzupflanzen. Meine Anerkennung dafür fasse ich in diesem Trünke auf das Wohl der Rheinprovinz und der benachbarten Provinz Westfalen zusammen, in welche das gleiche Vertrauen meines königlichen Bruders mich damals ebenfalls sendete, und deren Trupprn ich seit ihren letzten Siegen zum ersten Male mit Zufriedenheit und Zuversicht wiedergesehen höbe. So trink« ich denn aus das Wohl des Rhein- Aweiaaddrelßi-st« Jahrgang. landes und Westfalens." Der Sedan tag ist im ganzen deutschen Reiche festlich begangen worden. Da die Feier überall so ziemlich denselben Charakter trug, sind Einzelberichte überflüssig. In Magdeburg verband man mit dem Feste die Einweihung des zu Ehren der in den Jahren 1866 und 1870^71 aus dem Stadtkreise Magdeburg gefallenen Krieger auf der Denkmalshöhe in den Anlagen von Bastian Cleve errichteten Denkmals. In Stettin weihte man in der Aula der Friedrich-Wilhelm-Schule die Gedächtnißtafel, welche dem Andenken der in.zden bezeichneten Kriegen gefallenen ehemaligen Schäler der Anstalt gewidmet ist, ein. Das österreichische Abgeordnetenhaus hat am 4. d. seine Sitzungen wieder ausgenommen. Auf der Tagesordnung der Sitzung stand die zweite Lesung der Stcuerresormgesetze. Man nimmt an, daß die Regierung die Steuervorlagen zurückziehen wird und erst nach Erledigung der Ausgleichgesetze wieder ein zubringen beabsichtigt. Daß die italienische Regierung immer noch mit Beseitigung der geheimen Gesellschaften alle Hände voll zu thun hat, beweiset ein Vorgang zu -Neapel am Anfang dieses Monats. Bekanntlich kommt auf den Märkten in Neapel nichts zum Ver kauf, wovon die Kamorra nicht Abgabe erhebt, welche sich nach dem Preise der zu verkaufenden Gegenstände richten. Die Mitglieder der Kamorra gehen von Verkäufer zu Verkäufer und diese sind gewöhnt, den verlangten Steuerbetrag ohne Widerrede zu ent richten. Als die Kamorristeo ihrer gewohnten Thätig- keit oblagen, wurde der Marktplatz an der Porta Rolana plötzlich von der Polizei abgesperrt und die Kamorristeo ftstgenommen. .Die Nachricht davon verbreitete sich natürlich sofort in den benachbarten Quartieren, und es entstand eine ungeheure Auf regung. Die Verwandten der verhafteten Kamorriften, Männer, Frauen und Kinder stürzten auf die Straßen, schimpften, heulten, fluchten, zerrissen sich die Kleider und zerrauften die Haare und würden vielleicht versucht, haben die Verhafteten zu befreien, -wenn die zahl reichen Truppenabtheilungen, welche sofort bei der Hand waren, sie nicht in Respect gehalten -hätten. Diese Semen verbreiteten «inen solchen Schrecken, daß in den betreffenden Quartieren alle Lätzen und -selbst di« Kirchkni geschlirffrn worden. -Bei der sosprt