Volltext Seite (XML)
sacktüt ihrem Rahmenwerk infolge des ungeheuren Luftdruck- in die Zimmer. Diese füllten sich mit Pulverrauch, während Feuerwerkskörper, Möbelstücke, Fragmente, Fensterrahmen re. in die Zimmer herein prasselten. Zugleich war urplötzlich jener intensiv rothe Gluthschein zu bemerken, welcher Pulverex- plosioncn eigen ist. Etliche Sekunden später schaffte sich die brennende Masse, welche in der zweiten Etage des gedachten Hauses in der Wohnung des allein lebenden Hoftheaier-Ehorsängers Steinmüllcr ihren Heerd hatte, mit gewaltigem Krachen nach oben durch das Dach unter sich wiederholenden Donnerschlägen Luft, nun den oberen Theil des Hauses mit einem Schlage in Brand setzend; ein Theil des Daches stürzte auf die Straße, ein anderer brach dann in sich zusammen und drückte die Decke zur ersten Etage nieder, auch hier das Feuer auS- brcitend; während das Feuer sich auch nach der ersten Etage (Pfandleihgeschäft von Zimmermann) ausbreitete. Der größte Theil der Dach-Etage diente als Schlafraum für das im Restaurant des Erdgeschosses dienende Personal. Die Catastrophe erfolgte in allen ihren Theilen binnen nur einigen Minuten, weshalb aus der Dach-Etage durchdringende Hilferufe erschollen, aber bald wieder verstummten, denn Alles krachte und brannte fast zugleich. Das Unglück hat vier Menschenleben gefordert und ein Mann ist verwundet worden. Um 6 Uhr wurde zuerst der Bier-AuSgeber Paul Andreas, aus Hohn stein bei Stolpen gebürtig, 16 Jahr alt, aufgefunden. Derselbe schien erstickt zu sein. Darauf vernahm man aus der Schutlmasse heraus noch Stöhnen und fand bei näherer Untersuchung einen jungen Manu, den Kaufmann Hedrich. Nach cinstündiger Arbeit gelang cs, den Verschütteten frei zu machen. Der selbe war äußerlich unversehrt und schien nur durch die Masse gedrückt worden zu sein. Um 8 Uhr fand man den Veranlasser all' dieses Unglücks tm Schutt und von einem Balken-Ende an die Front des Hauses gedrückt, ein verbrannter Arm hing halb zum Fenster hinaus. Er scheint sofort getödtct worden zu sein. Hierauf fand man das Dienstmädchen Pauline Kluge, noch im Bette liegend, mit zerschlagenem Kopf, sonst aber unversehrt. j12 Uhr endlich fand man tief unter dem Schutt die Kellnerin Uhlmann. Diese scheint von der vollen Gewalt der Explosion getroffen worden zu sein, da ihr die Beine und Arine abgerissen waren. Der Besitzer des Hauses, Herr Meißner, nebst Frau und fünf Kindern, welche im Hinterhause schliefen, konnten sich vor dem Brande mittelst Leitern in den Nachbar hof retten, wenn auch unbekleidet, wie sie aus den Betten kamen, während nenn andere Personen, die im Hinterhause schliefen, darunter mehrere Tapezierer, der Kutscher und Kellerbursche des Herrn Meißner, ein Gerichtsdiener u. A., Alle ebenfalls nur dem Bett entstiegen, sich auf das Dach des kleinen rechts seitigen Nachbarhauses retteten. Der Restaurateur Bräntner aber und seine Wirthschafterin hatten noch Zeit gehabt, sich durch die HauSthür nach der Straße zu flüchten. Die Unbekleideten wurden sofort von ... , , der Armenversorgungsbrhörde mit den nöthigsten eine Anzahl Reserve-Officiere beim 12. ArmeecvrpS " Kleidern versehen. Das erwähnte klein« Nachbar- herangezogen, während die Lüßengrlassenrn gleiche hau» ist, bis auf die- zertrümmerten Fensterscheiben, Pflichten tm Herbst zu erfüllen haben werden. unbeschädigt gcklieben, da det HemptdeM nu anderen Seite sich gerichtet und deShalb auch l, massive Superintendurgebäude verhältnißmäßig beschädigt hat. Durch den gewaltigen Druck auf ,., , Brandmauer und das in dieselbe führende Balken werk ist letzteres durch vier Zimmer hindurch ver schoben und dadurch auch eine Scheidewand in» Archive eingestürzt. Die starken Spiegelfchei in den gegenüber liegenden GeschästSlocalen i in dem Kleidergeschäft nebenan sind hinter verschlossenen Läden geborsten. Wie da« Uugj entstanden ist, läßt sich mit Bestimmtheit u , sagen, da» Wahrscheinlichste ist, daß sich Roth« feuer selbst entzündet hat, wa», wenn das Material i dazu nicht ganz vorzüglich ist, und wenn ein größere« ß Quantum auf einander liegt, leicht Vorkommen kau» und auch schon häufig vorgekommrn ist. Stein« müller war zwischen 12 und 1 Uhr nach Hause ge- - kommen und hatte die Absicht ausgesprochen, Mon tag früh nach Leipzig zu fahren. Die Menge der : Feuerwerkskörper, welche er in seinem Logis aufbe- wahrt gehabt hat, muß eine sehr beträchtliche ge wesen sein, außerdem muß er aber auch noch lose« - Pulver aufbewahrt gehabt haben, wa» fast zur Ge wißheit wird, da ein aus neuester Zeit datirtrr ( Lieferschein an Steinmüller über 27 Pfund au« Meißen vorlirgt. Steinmüller hat die Feuerwerks körper von einzelnen Civil-Feuerwerkern arbeiten lassen und heimlich bei sich aufbewahrt. Seinem Wirth, Herrn Meißner, hat er wiederholt „auf Ehre und Seligkeit" versichert, daß er kein Feuerwerk in der Wohnung aufbcwahre und früher feiten« der Feuer- 1 löschdirection vorgenommene Revisionen waren resultat- loS geblieben. Am Sonntag Abend noch hatte Herr ; Feuerwehr-Hauptmann Scholle mit Steinmüller im ? Theater über die Feuergefährlichkeit der Feuerwerk«- körper gesprochen und hatte Steinmüller dabei ge äußert, daß er nur da« beste Material verwende und ihm nicht« passiren könne. Drei Mal haben übrigen« bei Steinmüller schon Explosionen stattge funden, einmal auf der Rhänitzgasse, ein andere« Mal in der Seevorstadt und ein dritte« Mal in seinem Laboratorium am Blasewitzer Waldpark. Letztere« ging auch in die Luft und wurden zwei Männer dabei geiödtet. Wenige Minuten nach der Explosion war — herbeigerufen durch da« Stürmen der Krruz- thurmschrlle — die Feuerwehr zur Stelle und be gann das Rettungswerk. Bereits frühzeitig fanden sich auch die Herren StaatSminister v. Nostitz-Wall- - Witz, v. Könneritz, Kreishauptmann v. Einsiedel, Po- ( lizeidirector Schwauß, Bürgermeister Stübel und ß die Stadträthe Teucher und Hendel ein und Mittag« besichtigte auch Se. Majestät der König die Unglück«- . stätte. Or. Fritz Schurig war nach dem Unfall -Z sofort zur Stelle und die Feuerwehr hat die gefähr« liche Löschung und das schwierige Rettungswerk mit - großer Bravour ausgeführt. Ein Feuerwehrmann wurde durch einen herabfallenden Stein am Fuß« verletzt. Nachmittag 4 Uhr fand eine baupolizeilich« Besichtigung statt. , i Zu einem 40tägigen Dienst hat may jetzt «lch ,