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Mittwoch, den 28 Februar Politische Weltschau. Der neugewählte R e i ch S t q g wurde am DonnerS- tage der vergangenen Woche vom Kaiser in Person eröffnet. Im Eingänge der Thronrede wird auf das Defizit im ReichShauShaltSetat für 1877,78 hin gewiesen, welches nach der Verfassung zunächst durch Matricularumlagen zu decken ist. Aufgabe des Reichstags werde es sein, in Gemeinschaft mit den verbündeten Regierungen zu erwägen, ob und durch welche Maßregeln dem Reiche andere Einnahme quellen zu eröffnen seien. Die Thronrede kündigt sodann den baldigen Beginn der Unterhandlungen mit Oesterreich-Ungarn wegen Erneuerung des Handels vertrags an und nennt unter den vorzulegenden Ge setzentwürfen diejenigen betr. den Rechnungshof und das Budgetrecht des Reichstags, betr. die Unter suchung der Sceunfälle, das Patentgesetz und den Gesetzentwurf betr. den Sitz des Reichsgerichtes. Die Thronrede constatirt die Fortdauer der gedrückten Lage, in welcher Handel und Verkehr sich in den beiden letzten Jahren befunden haben, spricht jedoch die Ueberzeugung aus, daß die inneren Zustände des deutschen Reiches einen wesentlichen Antheil an den Ursachen der Uebelstände, die in alle mderen Län dern gleichmäßig gefühlt werden, cht haben. Die auf die Socialdemökratie bezügliche Stelle lautet wörtlich: Die Organisation des Reichs und der ge sunde Sinn des deutschen Volks bilden eine starke Schutzwehr gegen die Gefahren, welche anarchische Bestrebungen der Sicherheit und der regelmäßigen Entwickelung unserer Rechtszustände bereiten könnten. Bon auswärtigen Gefahren aber, welche aus der noch ungelösten orientalischen Lrisi« hervorgehcn könnten, ist Deutschland weniger bedroht, als andere Länder. Am spannungsvollsten sah man allseitig jenen Stellen der Thronrede entgegen, welche sich mit de» auswärtigen Angelegenheiten befaßten. Allein die Sensationsgier, welche sich gegenwärtig ebensosehr an deutsche Kundgebungen dieser Art heftet, wie sie sich früher an Napoleonische Eröffnungsreden klam merte, dürfte schwerlich ihre Rechnung bei den Worten " finden, welcher Kaiser Wilhelm den orientalische» Minen widmete. Er constatirte da» Scheitern der Eimfrrenz mit dem Hinzufügen: „Wenn die Er weckungen- (bezüglich der von der Türkei versprochenen Amkmbbreißigfter Jahrgang 11877. Reformen) unerfüllt bleiben sollten, so wird meine ' Regierung wie bisher so auch ferner bemüht sein, ? in einer Frage, in welcher die deutschen Interessen ihr eine bestimmte Linie des Verhaltens nicht vor schreiben, ihren Einfluß zum Schutze der Christen in der Türkei und zur Wahrung des europäischen Friedens, insbesondere aber zur Erhaltung und Be festigung ihrer eigenen guten Beziehungen zu den ihr verbündeten und befreundeten Regierungen auf zuwenden." Und diese verbündeten und befreundeten Regierungen sind aber in erster Linie Rußland und Oesterreich, so daß man ohne Schwierigkeit er kennen kann, eine gemeinsame Orientpolitik beider Nachbarländer werde für diesen Fall im Inte resse der Christen des Orients stets auf die moralische Unterstützung Deutschlands zählen dürfen. Das ist ein Wink nach London hin, der wohl auch in Con- stantinopel verstanden werden sollte, wenn man dort nicht schon allzusehr geisteisumnachtet ist, um aus solchen Andeutungen noch Vortheik ziehen zu können. Jedenfalls aber ist für uns selbst der Friede als in keiner Weise bedroht hingcstellt und deß dürfen wir uns ernstlich freuen, um so mehr, als auch die Thonrede keinen Anlaß nimmt, irgend einer Ver stimmung gegen Frankreich Ausdruck zu verleihen. Unsere finanziellen Verhältnisse sind eben nicht dazu angethan, uns einer Politik kriegerischer Abenteuer geneigt zu machen, die ohnehin dem deutschen Character vollständig fern liegt. Die Finanzzustände sind es, welche unsere ganze Sorge erheischen, und man kann immerhin gespannt darauf sein, um die „hochge steigerten Matricular-Umlagen durch Eröffnung anderer Einnahmequellen für das Reich zu er- mäßigen." . W In Oesterreich ist man endlich mit den Aus gleichsverhandlungen so weit gediehen, daß es nur noch ; von der Volksvertretung abhängt, ob sie die, Oester reich mehr belastenden Stipulationen genehmigt oder " verwirft. Darüber steht aber die Entscheidung noch au». e Zu den neuesten Gästen^eS Königreichs gehören außer dem Prinzen Carl vonPr.euße N auch die kaiserlichen Majestäten von Bra- A silien. Nach der „Italic" sollte der Kaiser von Brasilien im Gespräche mit dem Eardinal-Ttaats- secretär Simoni feine Regierung gefädelt haben. Ein Schreiben de» briiu König Victor Emanuel bs« Wochenblatt H für - -H'W Bischofswerda, Stolpe« und Umgegend. Amtsblatt -er Kgl. Ämtshauptmannfchaft und -er Kgl. Schulinspection zu Kautzea, . sowie -es Königlichen Verichtoamteo an- -es Sta-trathes zu Aischofswer-a. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends und kdstet einschließlich der Sona- - abend« erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 1 Mark L0 Pfg. (IS Ngr.). Inserat« werden bi« Dienttag« I und Freitags früh » Uhr angenommen und kostet die gesp iltene C»rpu«zeile oder deren Raum 10 Pfennige. - Z