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wiegend ungeschichtet und so verhärtet, daß er meist senkrechte, oft auch überhängende Wände bildet. Und je weiter wir nach Norden hinauf kommen, in desto dichteren Schwaden kommen mit heftigem Ostwind die Aschenwolken des Sangay herangezogen, trüben den Himmel wie in einer Sonnenfinsternis und überschütten uns wie die ganze Landschaft mit un endlichem Sandstaub. Nach ein paar Stunden sind wir bis zur Unkenntlich keit von dem in Nase, Ohren, Augen, Mund, Bart und Haar eindringenden Staub entstellt. Alle uns Begegnenden aber sind von oben und von unten mit Ponchos und Tüchern bis an die Augen verhüllt wie Türkenweiber. Natürlich kommen die zur Erde gefallnen Sand- und Aschenmassen nicht gleich zur Ruhe, sondern sie wandern, vom Wind getrieben, von Ort zu Ort, da Erhöhungen aufwerfend, dort Vertiefungen ausebnend und auf der Leeseite der Hügel und Berge sich zu großen Halden und Dünen an sammelnd, bis sie die Regengüsse der nächsten Niederschlagsperiode zu befestigen beginnen. Wenn man diesem Spiel zusieht, begreift man, wie im Lauf langer Zeiträume die oft Hunderte von Metern mächtigen Tuff- massen dieser Gegenden entstehen können. Es ist eine äolische Löß- formation von typischer Ausbildung, und als „Cangaguatuff“ von anderen Tuffarten wohl zu unterscheiden. Der hauptsächliche Erzeuger dieser vulkanischen Aschen und Tuffe, der Sangay selbst, bleibt auf der ganzen Reise unsern suchenden Blicken entzogen. 1728 scheint er seine aufge regte Tätigkeit begonnen zu haben, und seitdem wirft er, wie wir von den früheren Reisenden wissen, in wechselnden Intervallen seine durch Explosionen emporgetriebnen Aschenwolken aus. Um Mitte des 19. Jahr hunderts zählte Sebastian Witte, der zuerst die Hänge des Sangay selbst bestiegen hat (Dezember 1849), etwa alle 14 Sekunden einen Aschen ausbruch 1 ), Anfang der 70er Jahre beobachtete Stübel zwischen den Eruptionen Pausen von „nur wenigen Sekunden“ 2 ), Whymper hingegen ein Jahrzehnt später Intervalle von „20 bis 30 Minuten“ 3 ), und ich 1903 solche von 8 bis 10 Minuten (s. Kapitel 4 und 8). Die Periodizität der Explosionen scheint also mehrmals geschwankt zu haben, aber der Vul kan war und ist doch, soweit die sicheren Nachrichten reichen, seit 175 Jahren unaufhörlich tätig und hat so lange die allermeisten seiner Aschen- ') A. von Humboldt, Kosmos IV, S. 230, 301—303, 495, 533. 2 ) A. Stübel, „Die Vulkanberge von Ecuador“, S. 246. 3 ) E. Whymper, „Travels amongst the great Andes of the Equator“, S. 74.