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geologischen Vorgang der lebendigen Gegenwart sich vor unsern Augen abspielen. Schon am Fuß der Kordillere auf der Fahrt nach Bucay war mir aufgefallen, daß auf den Blättern der Pflanzen trotz der herrschenden Feuchtigkeit ein eigentümlicher dunkelgrauer Staub oder feiner Sand lag, und je höher wir ins Gebirge hinaufstiegen, desto auffallender wurde diese trotz der zunehmenden Regengüsse und Bodennässe alle Dinge überziehende dünne Staubschicht. Wo es nicht regnete, war auch die Atmosphäre von Staub getrübt. Meine Vermutung, daß es Eruptionsstaub oder so genannte Asche eines tätigen Vulkanes sei, wurde durch die Bahnleute bestätigt. Das sei auf diesen Strecken immer so, zeitweilig weniger, zeit weilig mehr; jetzt sei es besonders stark, weil der Sangay seit mehreren Tagen in höchst lebhafter Tätigkeit sei. Und das war richtig. Noch zwei weitere Tagereisen, bis in die Gegend von Guamote hinauf, haben wir uns im Bereich des unaufhörlichen Aschenregens des uns unsichtbaren Sangay bewegt, der von den östlichen Winden herübergetragen wurde. Gegen die Station Huigra (1220 m) hin wird das tropische Waldes dickicht lichter, die wärmeliebenden riesigen Pflanzenformen verschwinden, und indem die Luft kühler wird, treten an Stelle der Regengüsse wehende Nebel. Bei Huigra kommen wir aus der Region der „ewigen“ Wolken, des Waldes und bald auch des Buschwaldes heraus und sehen uns in schnellem Übergang erst in Grasland (s. Bilderatlas Taf. 3), dann in einer offenen xerophilen Vegetation, während die Steilheit des Terrains rasch abnimmt. Wir sind durch eine breite Lücke, die das Chanchantal in den hohen Rücken der Westkordillere eingeschnitten hat, bereits in das zwischen den beiden Kordilleren liegende interandine Hochland eingetreten. Unmerklich sind wir hier auch in eine andre geologische Zone einge drungen, in die jungvulkanische des Hochlandes, die für die nächsten Monate unser Arbeitsgebiet bleiben sollte. Helle andesitische Gesteine um geben uns, und vom nahen Azuay, an dessen Nordhängen wir in dem immer noch tief eingeschnittnen, aussichtslosen Flußtalentlang fahren, ziehenjung vulkanische Gerolle und Tuffe herab. Plötzlich ist das Tal vor uns durch einen kolossalen, jäh aufsteigenden Felssporn versperrt, der auf der Karte „Pistichi“, bei den Bahnleuten aber „Devils nose“ heißt (s. Bilderatlas Taf. 3). Das Tal gabelt sich: Südlich der Rio Achupallas, nördlich der Rio Alausi. Da aber das Tal des letzteren, das zur Hochebene von Riobamba hinaufführt, wegen seiner Gefälleverhältnisse für die Bahn