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Kaufleute über den Ruin des Handels hörte darum nicht auf. Im Zollhaus zu Guayaquil lag für 2 ’/ 2 Millionen Sucres Kakao, der wegen der Quaran tänen nicht verschifft werden konnte und verfaulte. Sicherlich wären die Gesundheitsverhältnisse in Guayaquil besser, wenn sich die weiße und halbweiße einheimische Bevölkerung in ihren Lebensgewohnheiten mehr dem tropischen Klima anpassen wollte. Es ist unverständlich und lächerlich zugleich, daß die Leute alle europäischen Kleidermoden mitmachen und bei einer schwülen Hitze, die hier im „kühlen" Verano 26°, im warmen Invierno 28° im Mittel beträgt und nicht selten zu 30—33° ansteigt, in schwarzem Gehrock, gesteiftem Hemd und womöglich auch Zylinderhut umherwandeln, während ihnen viele zu gewanderte Engländer und Deutsche täglich vor Augen führen, wie man sich unter dem Äquator am praktischesten kleidet. Der Aufenthalt in unserm zweistöckigen, dumpfen Holzkasten, der sich „Grand Hotel Victoria“ nannte, war zwar nichts weniger als angenehm, aber nach der fürchterlichen „Quito“ war uns jeder andre Ort ein Paradies, und zu mehr als zum Nächtigen waren wir doch nicht im Haus, denn wir gingen völlig auf in einer zweitägigen Arbeit von Einkäufen, Besuchen und Besorgungen. Es wäre auch nicht möglich gewesen, in so kurzer Zeit die Hochlandsreise so gut vorzubereiten, wenn mir nicht die Herren der Ham burger Firma Rickert & Co., die das Deutsche Konsulat führt, und ins besondere der eine Chef, Herr Konsul Möller, mit größter Bereitwilligkeit und Ausdauer dabei geholfen hätten. Wenn ich jemand in Guayaquil, meinen Plan entwickelte, innerhalb der vierteljährigen guten Verano- Jahreszeit einen großen Teil des Hochlandes zu bereisen und die Schnee riesen Chimborazo, Altar, Cotopaxi, Antisana, etc. zu besteigen, so erntete ich jedesmal ein Lächeln, das entweder Ungläubigkeit oder Bedauern über den unerfahrnen Neuling bedeutete, und jedesmal wurde mir die über legne Mahnung zu teil, hierzulande käme man nur mit dem Grundsatz „paciencia y manana“ (Geduld und morgen) aus. Ich ließ mich aber in meinem Vorhaben nicht irre machen. Am Morgen des dritten Tages waren wir reisefertig, hatten unsre Ballen mit Zelten, Decken, Lagergerät, Kochgeschirren, Sätteln, Zaumzeug, Ponchos, Proviant usw. nach der Eisenbahn expediert und wandten uns, mit vielen amtlichen und privaten Empfehlungen an einflußreiche Persönlichkeiten des Hochlandes ver sehen, unserm eigentlichen Arbeitsgebiet zu.