ein. Zwei Tage später erschreckte uns die Meldung, daß zwei Turcos von neuem schwer erkrankt seien. Den einen, der an Geschwüren leide, habe man isoliert und zweifle an seinem Aufkommen. Es stellte sich her aus, daß beide aus Hunger einen Haufen halbfauler Kartoffeln gestohlen und sie, da ihnen zum Kochen die Möglichkeit fehlte, zum Teil roh ge fressen hatten. Ich organisierte eine Petition sämtlicher Kajütpassagiere an den Kapitän, daß die Kranken eventuell auf Kosten der Kajütpassa giere die bestmögliche Verpflegung bekommen sollten, die an Bord zu beschaffen war, und erreichte, daß wir ihnen durch den Doktor Fleisch brühe, Brot und kondensierte Milch zukommen lassen konnten. Freilich, wieviel davon in falsche Kehlen geraten ist, konnte ich nicht kontrollieren. Die Stimmung, der Ton und die Zucht an Bord sanken nachgerade auf ein bedenklich tiefes Niveau. Einige von den Passagieren betranken sich täglich, und da die Schiffsmannschaft nicht genug zu tun hatte und viel herumlungerte, kam es zu blutigen Prügeleien, gegen die der Kapitän machtlos zu sein schien. Aber auch die Mannschaft selbst wurde rebellisch. Ein Heizer zog das Messer gegen den ersten Maschinisten, ward aber nicht in Ketten gelegt, wie es sich gehörte, sondern mit dem Entlassungsattest beglückt, denn der Kapitän fürchtete offne Meuterei von strengen Maß regeln. In diesem allgemeinen Elend kam der 10. Tag heran. Die Pfingst tage waren spurlos an uns vorübergegangen. Nur die Pfaffen hatten an den beiden Feiertagen länger als sonst auf den Knien gelegen und von früh bis abends Gebete geplappert. Sie wurden als die vermeintlichen Bringer unsres Unheiles bald so schlecht von der übrigen Schiffsbesatzung be handelt, daß sie mir leid taten. Es waren einige gebildete Männer von guten französischen Sitten darunter, die schwer unter ihrem Verbannungs schicksal litten. Am Morgen des zehnten Tages erschienen plötzlich in der Ferne vom Land her zwei Dampfbarkassen, die auf uns zukamen. Das bedeutete wichtigen Besuch. Aus dem Capitaniaboot stieg der Doktor an Bord und erklärte dem Kapitän, die Behörden wollten uns frei lassen, wenn an Bord keine ansteckende Krankheit sei. Unter großer Spannung mußten nun sämtliche Passagiere und Mannschaften vor dem Arzt Revue passieren, und schließlich visitierte der Heilkünstler das Schiff selbst, wobei er natürlich auch den Beulenkranken in seinem Hundeloch fand. Zuerst große Verblüffung, dann aber peinliche Untersuchung und schließlich Er-