468 15. Die heutige und einstige Vergletscherung Ecuadors Glazialerscheinungen im Zusammenhang mit denen der außertropischen nördlichen und südlichen Breiten stehen. Da ist zunächst vorauszuschicken, daß unsre Kenntnis von eiszeitlichen Erscheinungen in der Tropenzone noch ziemlich jung ist. Albert Heim hat noch in seinem Handbuche der Gletscherkunde geschrieben: „In der Tropenzone ist gar nichts von Eiszeit bemerkbar.“ Das war 1885. Bei der großen Höhe der klimatischen Schneegrenze im Tropengürtel, die dort um ein Mittel von 5000 m schwankt, kann es in jenen Gebieten nur relativ wenige Landstriche geben, wo eis zeitliche Reste erwartet werden können, und diese wenigen Landstriche sind sehr schwer zugänglich. Bergländer von so großen Höhen, daß sie selbst bei vorläufiger Annahme einer diluvialen Schneegrenzendepression von ca. 1250 m, wie sie für die Würmeiszeit unsrer Alpen gilt, eine aus gedehntere eiszeitliche Vergletscherung gehabt haben könnten, gibt es im Tropengürtel nur in den südamerikanischen Anden mit vereinzelten Aus läufern in Mexiko, auf den ostafrikanischen alten Vulkanen Kilimandjaro und Kenia, auf dem zentralafrikanischen Ruwensori (oder richtiger Run- soro) und vielleicht auf der Hauptgebirgskette im Innern von Neu-Guinea, von der man aber noch fast nichts weiß. Der südliche Himalaya fällt schon, weil nicht innerhalb der Wendekreise liegend, aus dem Rahmen unserer Betrachtung heraus. Daß dort alte, deutliche Gletscherspuren in den Tälern von Sikkim und Gurhwal bis ca. 2500 m, in Kaschmir bis 1950 m, im obern Indusgebiet bis 2100 m, in den Tälern der Mustakkette von 3000 m bis nahe an 2000 m Höhe herabreichen, hat uns namentlich Carl Diener 1 ) und zuletzt K. Oestreich 2 ) gezeigt. Die Untersuchung der im Tropengürtel gelegnen Hochländer auf diluviale Gletscherspuren hin erfordert also außer der selbstverständlichen Vertrautheit mit den glazialen Erscheinungen nicht nur weite, kostspielige Reisen, nicht nur eine widerstandsfähige Konstitution gegen große Be schwerden des Klimas und derUnkultur, sondern auch gründliche alpinistische Schulung zur Bezwingung sehr großer Bergeshöhen. Es ist darum erklär lich, daß das Beobachtungsmaterial bisher nur dürftig zusammengelaufen ist. Vereinzelte zuverlässige Beobachtungen diluvialer Gletscherspuren in donHochgebirgen der amerikanischen Troponzone stammen von Joaquin ’) Carl Diener, Die Eiszeit im Himalaya; Mitteil. d. k. k. Geogr. Gesellschaft in Wien 1896, I, Separatabdruck S. 35. ’) Verhandl. d. Gesellsch. Deutsch. Naturforscher u. Ärzte, 76. Versamml. zu Breslau 1904; Leipzig 1905, S. 227.