jetzt die Sonne fehlte, die nur fahl durch die hochziehenden Nebel schim merte. Man begreift die Entstehung des Namens „Büßerschnee“. Einer unabsehbaren Schar grauer Mönchsgestalten vergleichbar, stehen die Eis figuren da, eine so phantastisch wie die andere und alle in langen paral lelen Reihen aneinandergeschart wie in tausendköpfigen Prozessionen. An anderen Stellen dagegen glaubt man ein großes Ruinenfeld zerstörter alter Städte vor sich zu sehen, von denen nur die Mauerstümpfe in gleichmäßi ger Höhe stehen geblieben sind, oder einen ungeheuren Friedhof voll halbverfallner Grabsteine. Und wieder an anderen Stellen sehen die zer furchten und zerzackten Firnfelder in der perspektivischen Verkürzung aus wie schäumende Wellenzüge, die in wilder Bewegung plötzlich er starrt sind (s. Abbild. 93, 102, 103). In Anbetracht dieser Firnbeschaffenheit war es einerlei, wo wir den Einstieg begannen. Ohne auf unsrer früheren Route weiter nach Westen abzuschwenken, hielten wir uns direkt auf den westlichen Gipfeldom zu. Der Aufstieg ist aber hier so steil, daß ein Fortkommen ohne Steigeisen absolut unmöglich ist, wenn man nicht stundenlang Stufen schlagen will. Jeden Schritt und Tritt mußten wir uns zwischen den bis an don Unterleib oder die Brust reichenden Firnzacken und Eistafeln suchen, was uns außer ordentlich viel Zeit kostete. In übersehbaren Zwischenräumen markierten wir unsern Wog mit trocknen Chuquiraguazweigen, von denen wir ein Bündel mit heraufgetragen hatten. Etwas besser wurde es, als wir auf eine trümmerbedeckte felsige Strecke kamen, die aus dem Firnmantel ausgeschmolzen war. An ihre obere Kante vortretend, sah ich unter mir die kolossalen Felsabstürzo, die wir von tief unten östlich über unserm Aufstieggrat thronen und drohen gesehen haben, und neben uns in er drückender Nähe und Größe brechen die Massen des Gipfelfirns zu jenen Felsabhängen hin in GO—80 m hohen prachtvollen, gleichmäßig gebänderten und durchschichteten Eiswänden senkrecht ab (s. Abb. 93), überzogen von 20 bis 30 m langen, baumdickon Eiszapfen oder gefrornen Wasserfallen, ein wunderbar großartiges, an die inneren Eismauern des Cotopaxikraters er innerndes Bild. Durch Spalten haben sich Blöcke von Hausgröße schon teilweise von der Gesamtmasse losgelöst und drohen jeden Augenblick 600—1000 m tief in die Abgründe des Tales Puca-huaico zu stürzen, wo sie sich zu einem regenerierten Gletscher vereinigen, der fast ganz unter Schutt begraben liegt.