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jetzt begnügt sich Ecuador mit einer einzigen Eisenbahn, die, von einer nordamerikanischen Gesellschaft gebaut, den Haupthafenplatz Guayaquil mit dem Hochland verbindet, und mit einer einzigen Fahrstraße, die über die ganze Länge der Hochebene bis nach der Hauptstadt Quito läuft. Außer der einen Bahn und der einen Fahrstraße gibt es im ganzen Land nur Saumpfade. In der trocknen Jahreszeit sind viele Tausende von Pferden, Eseln, Maultieren und Llamas auf diesen Pfaden mit ihren Lasten, Treibern und Reitern in Bewegung, aber in der Regenzeit sind die Wege in so bodenloser Verfassung, daß aller Verkehr stockt. Oft sind dann be nachbarte Ortschaften wochenlang ohne jede Verbindung miteinander. Im Mittelalter mag es in Deutschland ebenso gewesen sein. Auch in der Trockenzeit sind die Reisen in Hoch-Ecuador dadurch beschwerlich, daß der Reisende unausgesetzt mit heftigem Wind und widerwärtigem Staub zu kämpfen hat und nach des Tages Arbeit nur in den wenigen größeren Ortschaften und Städten Gasthäuser findet, die aber nach europäischen Begriffen meist Spelunken 4. oder 5. Ranges sind. Im übrigen ist der Reisende auf „Tambos“ (Unterkunftshütten der Arrieros) angewiesen, wo man höchstens den landesüblichen Locro, d. h. Wasserkartoffeln mit Zwiebeln, zu essen bekommt und in einem von Ungeziefer wimmelnden Raum auf dem nie gereinigten nackten Lehm boden neben Indianern, Hunden und Schweinen schlafen muß, wenn man nicht sein eigenes Zelt und seinen eigenen Proviant mit sich führt. Dies aber tat ich auf meiner ganzen Reise, was mich von ecua- torianischer Gastlichkeit unabhängig machte. Es war mir schon im Gegen satz zu meinen afrikanischen Reisen als eine ideale Reise art erschienen, daß man nicht wie dort mit einem schwerfälligen Troß von menschlichen Trägern umherziehen muß, sondern daß man nur mit wenigen Pferden und Maultieren reist, die von 2—3 Treibern (Arrieros) besorgt werden, und bloß in den den Tieren unzugänglichen Hochgebirgsregionen einige Träger braucht, die aber an jedem Ort neu angeworben und nach der betreffenden Bergtour gleich wieder entlassen werden. Auch die 8—12 Last- und Reit tiere, die ich regelmäßig mitführte, hatte ich anfangs nur für eine Tour gemietet; da aber sie und ihre zwei Treiber, die Kolumbianer, nicht Ecua- torianer waren, sich als außerordentlich leistungsfähig erwiesen, behielt ich sie während der ganzen Reise und konnte ihnen schließlich das Schwerste unbedenklich zumuten. Wenn man gute Tiere mieten kann, sollte man 2*