11. Der Antisana. 333 und Staudendecke bis dicht an die Moränengrenze hinan. Es fehlt hier jener öde Gürtel von Bimssteinanhäufungen, der vielfach am Chimborazo und am Cotopaxi von der Moränengrenze an noch einige Hundert Meter tiefer am Berg hinabreicht und dem Andrang des vegetabilen Lebens äußerst lange und zähe Widerstand leistet. Es fehlt aber auch, da die Schnee grenze des Antisana wegen seiner großen Feuchtigkeit Verhältnis mäßig tief liegt, jene sterile Zone von Gehängeschutt, die sich auf Bergen mit hoch liegender Schneegrenze, wie dem Chimborazo, zwischen die Moränen und die Vegetationsgrenze aus klimatischen und aus edaphischen Gründen einschiebt. Auf unserm in die Eiswelt eindringenden Lavastrom, der wie eine schmale Halbinsel in ein Polarmeer hineinragt, verschwinden mit zu nehmender Höhe von ca. 4300 m an allmählich die höheren Gräser; die geselligen perennierenden Kräuter überwiegen, aber kleine Gräser und Zwergsträucher sind noch zahlreich eingestreut. Von 4500 m an wird die Vegetationsdecke immer offner und dünner, aber noch am Rand der sterilen, den Oberteil des Volcan verschüttenden Moränen bei 4700 m ist das Wachstum so kräftig, daß man annehmen muß, diese Formation, die man wohl am besten als Fels- und Geröllformation bezeichnet, würde, wenn der Lavastrom noch ein oder zwei Hundert Meter höher hinauf reichte, in langsamer Auflösung ebensohoch hinaufgehen, ehe sie an den klimatischen Extremen ihre letzte Schranke findet. Nur die tiefliegende Eisgrenze des Antisana, nicht extreme Temperaturen oder extreme Trockenheitsgrade lassen hier die Vegetation nicht höher steigen. Am obersten Saum habe ich folgende Spezies von Blütenpflanzen gesammelt: Ephedra americana, die hier besonders kräftig entwickelt ist; Poa depau- perata und Agrostis andicola, die beiden auch am Chimborazo am höch sten steigenden Gräser; Draba aretioides in winzigen graugrünen Pölster chen ; Astragalus geminiflorus; Lupinus microphyllus; Malvastrum Pichin- chense mit lieblichen violetten Blütchen; Gentiana rupicola in einer sehr kleinen Kümmerform und schon verblüht; Baccharis alpina; Senecio micro- don; Perezia pungens; Werneria rigida in kleinen Polstern; Culcitium nivale, das „Edelweiß“ der Hochanden. Die beiden letztgenannten Pflan zen fand ich in je zwei gut entwickelten Exemplaren noch auf den jungen Moränen selbst, dicht unter der Eisgrenze bei 4900 m. Es ist klar, daß es viel weniger klimatische als edaphische Ursachen, d. h. Bodenbeschaffenheit und Bewässerung, sind, die hier den so nahe