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Antisana mit seinem Fußgebirge. Übrigens wurden die Obsidiane dieser Gegend von den vorgeschichtlichen Indianern in Menge zu Geräten und Waffen verarbeitet und weit über das interandine Hochland verbreitet, wo man sie noch heute an abgelegnen Stellen findet. „Ayacollqui“, Silber der Toten, werden nach Th. Wolf diese alten Steingeräte von den heuti gen Indianern genannt. Auf der Karte sah ich später, daß wir dort am Urcu-cui die Wasser scheide zwischen dem Rio Chillo-Guaillabamba, der dem Pazifischen Ozean zuströmt, und dem Rio Napo-Amazonas, also dem Atlantischen Ozean, überschritten hatten. In einer flachen Mulde (4060 m) südlich des Tabla-rumi rasteten wir in mitten eines wunderbaren Flores von kniehohen Culcitien (C. rufescens), die hier zu Hunderten ihre hellgrauen pelzumhüllten, von faustgroßen grauen Blütenköpfen beschwerten Gestalten zwischen dem dunklen Grün der Werneriapolster emporstreckten. Die Pflanze scheint mit ihren großen, breit schwertförmigen Blättern viel Feuchtigkeit zu brauchen, denn sie wächst mit Vorliebe in Terrainfalten, wo das Wasser zusammensickert, und schützt sich doch noch gegen übermäßige Transpiration, wie sie in dieser Höhe durch die starke Insolation, Luftbewegung und Lufttrocken heit verursacht wird, durch starke Behaarung, während ihre kleinere, ebenso dicht behaarte Verwandte, Culcitium nivale, die bis an die Schnee grenze aufsteigt, in ihren Standorten weniger vom Wasser abhängig ist. Trotz ihrer kräftigen Stengel könnten die großen Culcitien dem Wind der Päramoregion in ganz freiem Gelände nicht standhalten; sie würden ge knickt werden. Auch aus diesem Grund bevorzugt sie Bodenmulden und Taleinschnitte, wo sie einigermaßen gegen den Wind geschützt ist. Und dasselbe tun die beiden anderen, ebenso großen und dem Culcitium im äußern Habitus sehr ähnlichen Päramogewächse Lupinus alopecoroides und Lupinus nubigenus. Jenseits der Culcitienmulde erschien endlich vor uns im wehenden Nebel die längliche, strohgedeckte Steinhütte des Hato del Antisana (4095 m), die wir über einen kristallklaren Bach hinweg um Mitte des Nachmittags erreichten. Nachdem die frühere Hacienda in den 90 er Jahren abgebrannt ist, benutzt man jetzt die daneben in einer windge schützten Bodensenke gelegne Hütte des Urcu-cama (Berghüters) als Hato. Er ist mit 4095 m eine der höchstgelegnen menschlichen Wohnungen Ecua- Meyer, Ecuador. 21