ströme und durch Aschenregen, deren Massen immer mehr abnehmen müssen, je weiter sie sich vom zentralen Ausbruchspunkt entfernen. Diesen eigenartigen bauenden Kräften verdankt der Cotopaxi auch seinen Stil. Seine Form verrät zugleich seinen Bau und seine Jugend. Er ist, aus einiger Entfernung angesehen, ein Vulkankegel von architektoni scher Symetrie; auch die Schar von kleinen parasitären Eruptionskegeln fehlt ihm, wie sie z. B. den Kilimandjaro umringen und ihm teilweise auf sitzen. Deshalb ist eine große Ruhe und eine ruhige Größe in der Erschei nung des Cotopaxi, die durch den riesigen gleichmäßigen, drei Vierteile der Bergeshöhe umschließenden Schnee- und Eispanzer noch mehr gesteigert wird. Daß die symetrische Gestalt nicht starr wirke, verhindert das lebendige Spiel der Wolken, des Lichtes, der Farbe und die bewegte Um fassungslinie der Pflanzen- und Schneedecke. Dabei überlegen wir, daß die kolossale absolute Höhe dieses Berges von rund 6000 m noch längst nicht erreicht würde, wenn wir den Aetna und den Vesuv und den Strom boli übereinanderstellen könnten. Wir ahnen die große Ursache, die dieser Erscheinung zu Grunde liegt; die Vorstellung von den ungeheuren vulkanischen Kräften, die diesen ebenmäßigen Riesenbau errichtet haben, flößt uns das Gefühl des Erhabnen ein und löst in uns neben den ästheti schen auch ethische Gefühle höherer Ordnung aus. Was Friedrich Ratzel von einem andern großen Berg sagt, er sei eine Bergpersönlichkeit, gilt auch vom Cotopaxi, wenn wir ihn als Ganzes nehmen. „Gerade wie bei geschichtlichen Gestalten drängt bei diesen Bergpersönlichkeiten das Ganze die Einzelheiten zurück.“ Und so läßt sich auch das in demselben Sinn vom Matterhorn gebrauchte Wort, es sei ein Genie, mit nicht geringerem Recht auf den Cotopaxi anwenden. Unzählige Male ist der Cotopaxi abgebildet worden; weniger oft von den Ecuatorianern als von fremden Reisenden. Fast jeder der letzte ren hat ihn in farbigem Bild, in Zeichnung oder in Photographie mit heim gebracht. Da ist es nun interessant, zu sehen, wie sich in den beiden ersten dieser Darstellungsweisen, die im Gegensatz zur mechanischen Photo graphie das freie Sehen wiedergeben, die geologischen Grundgedanken ihrer Zeit abspiegeln. Es ist die nämliche Beobachtung, die wir auch an den Chimborazobildem machen (siehe Seite 78). Alle unsre älteren Ecuadorreisenden, Humboldt eingeschlossen, standen im Banne der Kata strophentheorie, die nur gewaltsame Vorgänge in der Gebirgsbildung an-