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daß die beiden schmutzstarrenden sogenannten Kellner beim Servieren ins Zimmer spuckten, und daß beim Speisentragen eine Indianerin half, die auf dem Rücken ein niegewaschnes triefäugiges Baby eingebunden mit sich herumtrug. Die ecuatorianischen Herren Reisenden aber, die im Lauf dieses und der nächsten Tage mit den Schnellposten von Süden und von Norden eintrafen, hatten modische Gehröcke an, handhohe Stehkragen, spitze Lackstiefel etc. und befleißigten sich der höflichsten Unterhaltungs formen. Nur spuckten auch sie beim Essen rechts und links neben ihre Nachbarn auf den Fußboden, fuhren mit ihren eignen gebrauchten Gabeln in den Bratenschüsseln herum, stocherten mit den Zeigefingern in den Zäh nen und wischten ihre Hände am Tischtuchzipfel ab. Und als wir nach dem Essen auf die Plaza hinaustreten, sahen wir draußen die indiani schen Marktweiber neben ihren Körben und Säcken voll Mais, Kartoffeln, Bananen, Mehl in traulichen Gruppen aneinander geschmiegt und sich gegenseitig die kleinen animalischen Schmarotzer aus dem blauschwarzen Haar auslesen, die sie dann still mit den Zähnen knackten. Übrigens eine über den ganzen Erdball verbreitete Sitte, diese von den Ethnographen „Läuseessen“ genannten Beschäftigung. (Siehe auch S. 162.) Wie in Riobamba, so terrorisiert auch in Latacunga — und aller- wärts in Ecuador — das Militär die friedliche Bevölkerung durch greu liches Spektakelmachen. Von früh 5 Uhr bis abends 10 Uhr werden alle Stunden schmetternde Hornsignale falsch geblasen, und zwischendurch wird öfters eine so ohrenzerreißende Militärmusik gemacht, daß alle Hunde der Nachbarschaft mitheulen. Aber der Ecuatorianer stolziert dazu auf der Plaza hin und her, raucht zahllose Cigarillos und labt sich an dem Bewußt sein, einer Kulturnation anzugehören. Am Morgen nach unsrer Ankunft versuchte ich die Bekanntschaft der Honoratioren zu machen, an die ich von Guayaquil empfohlen war; es waren lauter Kaufleute. Aber die Geschäfte sind in diesen Provinz städten täglich von 10—12 Uhr geschlossen, weil da ecuatorianische Früh stückszeit ist; man hat keine Eile in Ecuador. Und als es mir später ge lang, bei einigen anzukommen, fand ich lauter kleine Kramläden, denen man ebensowenig wie ihren Inhabern anmerkt, daß ihr Geschäft jährlich viele Tausende von Sucres umsetzt. Jeder dieser Herren nahm mich mit großem Redeschwall auf, aber keiner tat wirklich etwas, von keinem konnte ich erfahren, wie ich meinem nächsten Ziel, dem Cotopaxi, am besten bei-