4. Der Chimborazo. 85 und dazu wurde Humboldt durch eine Wunde gehindert, die er „seit mehreren Wochen am Fuß“ hatte. Bei 17 300' (5612 m) wurde eine barometrische Höhenmessung vorgenommen. Nach weiterem einstündigen Steigen stellte sich bei allen die Bergkrankheit ein: „große Übelkeit“, „Bluten aus dem Zahnfleisch und aus den Lippen“ (!); auch die „Augen waren blutunterlaufen“. Ringsum lag dichter Nebel. Bei seinem Auf reißen sahen sie „den domförmigen Gipfel des Chimborazo ganz nahe“, aber bald — es war 1 Uhr geworden — setzte „eine Art Talschlucht von etwa 400' Tiefe“ dem Unternehmen eine Grenze. „Mit vieler Sorgfalt“ wurde mit dem Quecksilberbarometer die Höhe gemessen: 13 Zoll ll 2 / 10 Linien bei — 1,6° C., woraus Humboldt 18096' (5881 m) be rechnete. „So fehlten noch bis zum Gipfel senkrecht 1224' oder die drei malige Höhe der Peterskirche zu Rom“. „Nach kurzer Zeit“ kehrten die Reisenden auf demselben Felsgrat zurück, „vorsichtig wegen der Unsicherheit des Trittes“, Gesteine sammelnd, von Hagel und Schneegestöber begleitet. Trotzdem waren sie schon um „2 Uhr und einige Minuten“ wieder an der Schneegrenze, wo die Maul tiere zurückgeblieben waren (14 830' — 4820 m). Sie waren also trotz der genannten Schwierigkeiten und Aufenthalte in nur 1 Stunde die 1061 m von 5881 m zu 4820 m (= 17,7 m pro Minute) herabgestiegen! Durch den Päramo de Pungupala ritten sie nach Calpi zurück, wo sie schon um 5 Uhr nachm. wieder eintrafen. „Die Expedition oberhalb des ewigen Schnees hatte nur 3’/ 2 Stunden gedauert.“ In 3 l / 2 Stunden will somit Humboldt die 1061 m hohe schwierige Strecke von 4820 m zu 5881 m hinauf- und hinabgestiegen sein, d. h. rund 300 m in der Stunde. Das wäre eine Arbeit, die sich der beste moderne Bergsteiger auf gewöhnlichem Terrain und in normaler Höhe nicht zutrauen würde; 200 m auf und ab sind da pro Stunde schon eine recht respektable Leistung. Aber bei Hum boldts Besteigungsversuch handelt es sich um gänzlich ungeübte, höchst mangelhaft — ohne Seil, Eisäxte, Nagelschuhe etc. — ausgerüstete Männer, um schwieriges Terrain auf schmalen steilen Graten, um eine Riesenhöhe mit der aus ihr folgenden starken Verminderung der Leistungs fähigkeit und Geschwindigkeit, um lähmende Bergkrankheit, Verletzungen, Aufenthalte zum Beobachten und Sammeln usw. Diese vielfachen Widersprüche in Humboldts Darstellung sind schon von v. Thielmann und Whymper herausgefunden und mit Recht kritisiert