gießungen an den Seiten und am Fuß des Berges erfolgt, aber an der Gestalt des Berges haben sie nichts Wesentliches geändert. Erst die atmosphärischen Kräfte und die Gletscher haben die Umformung des Baues durch Zerstörung einerseits und Schuttanhäufung anderseits begonnen. Doch da auch ihre Wirkung so gleichmäßig an dem ganzen Berg zu erkennen ist, muß man annehmen, daß kein Teil des Berges wesentlich älter ist als der andere, daß das Ganze aus einer großen Folge von zeitlich nicht weit getrennten Ergüssen hervorgegangen ist, also eine „monogene“ Entstehung hat. Seit Äonen ist der Chimborazo kein tätiger Vulkan mehr. Nur einige um seinen Fuß zertreute heiße Quellen verraten Rückstände schwacher innerer Glut. An seinen dunklen Andesitwänden nagen seit ungezählten Jahrtausenden die Sonnenstrahlen, Nachtfröste, Winde, Ge wässer und Gletscher, und die tiefen Wunden, die sie dem Bergriesen schlagen, werden wohl nie wieder vernarben, wohl nie wieder durch einen neuen, verjüngenden Lavaerguß ausgeheilt werden. Auch er, der stolzeste und größte der ecuatorianischen Andenberge unterliegt dem Schicksal alles Irdischen, der Vernichtung. Aber noch steht er in göttlicher Größe und Schönheit da, noch für unermeßliche Zeiten empfänglichen Augen und Seelen zur Erhebung und heiligen V erehrung, den geistig Schwachen aber zur Beklemmung und Furcht, wie man überall von den Ecuatorianern hören kann. Wir bewundern an ihm außer seiner Größe vor allem die reiche orographische Gliederung seiner gewaltigen Masse trotz der durch die monogene Ent stehung gegebnen Einförmigkeit seines geologischen Baues. Wie der Cotopaxi erscheint uns auch der Chimborazo als eine geschloßne Berg persönlichkeit, aber ihr Charakter ist ein andrer als der des symetrischen, eleganten Cotopaxi. In seinen Profilen und Formen verbinden sich die starre harte Geradlinigkeit seiner hohen Felswände und die vielfältig ge- brochnen und gekrümmten Linien seiner Grate und Spitzen mit den sanften Kurven seiner Schutthalden und mit den weiten ruhigen Wölbun gen seiner himmelhohen Firne zu einer wunderbaren Harmonie von Strenge und Milde, von Ehrfurcht gebietender Erhabenheit und ernster Freundlichkeit. Während der Cotopaxikegel in seiner Einfachheit sich mehr der kristallinischen Grundform nähert, setzt sich der Chimborazo aus mehreren Einzelbergen und Stufen zu einer höheren Einheit zu-