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Von der Nordseite steigt die Basis des Chimborazo immer mehr nach der Westseite an. Dort stehen wir 4400 m hoch auf der wüsten haften Lapilli-Ebne des „großen Arenals“, das im Süden von dem nach Guaranda führenden Saumpfad überschritten wird, und sehen den Chim borazo wieder in seiner kürzesten Achse. Keine andre Seite des Berges ist so einsam und öde wie diese; nichts als Stein- und Eiswüste. Auf keiner anderen Seite erscheint er so als regelrechter schneebehelmter Vulkankegel wie von der Westseite. (S. Abbild. 23). Hier ist es der Riesendom des Westgipfels (6269 m), der den ganzen Berg auszumachen scheint; nur ein wenig wird rechts neben ihm von dem noch größeren Südgipfel in der Überschneidung sichtbar. Zwischen beiden ist auf der Südwestseite der Kegelmantel in der unteren Berghälfte durch ein breites steiles Gletschertal bis zum Fuß herab aufgerissen, einen der größten Massen defekte am ganzen Chimborazo, der einen tiefen Einblick in den vul kanischen Bau des Berges gewährt. Davon gleich mehr. Erst aber besuchen wir in einiger Nähe, südlich vom Arenal, den Höhenzug der Serrania de Calera, wo wir den nichtvulkanischen Untergrund des Chimborazo in einer Deutlichkeit aufgeschlossen finden, wie an wenigen anderen Vulkanbergen der Anden. Stübel legt darauf im Sinne seiner Vulkantheorie so großes Gewicht, daß er etwas über treibend sagt: „Hierin und nicht in der Höhe und Form seines Baues liegt der Schwerpunkt des Interesses am Chimborazo.“ Die Serrania de Calera, wie der ganze Päramo de Puyal, zu dem sie gehört, ist ein Teil der alten nichtvulkanischen Westkordillere und setzt sich nach Stübel aus alten kristallinischen Gesteinen, Diabasen, Dioriten, Porphyriten und aus Sedimenten der Kreideformation zusammen. Obenauf liegen Über reste von nagelfluhartigen Konglomeraten, die den Gebirgsrücken insel artig überragen. Zu ihnen gehört der Yana-rumi (schwarzer Stein), der wie ein kolossales Kastell auf dem Höhenzug aufsitzt und über die ganze weite Riobambamulde weg bis zur Ostkordillero hinüber als Landmarke sichtbar ist. Aus diesem alten Grundgebirge, und zwar aus dem Rücken des Ge birgszuges, ist der Vulkan Chimborazo heraus- und emporgewachsen. Sein Gestein ist hauptsächlich ein dunkelgrauer, mit weißen Kriställchon durchsetzter Pyroxen-Andesit, der aber auch oft in hellgrauen, röt lichen, braunen und schwarzen Varietäten vorkommt und zuweilen plattig