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mr Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amtsblatt -es Königlichen Vrrichtoamtes vn- -es Stadtrathes zu Dischos»w,r-a. Diese Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs »nd Sonnabend», und kaket einschließlich der Sonn abend« erscheinenden „belletristische» Beilage" vierteljährlich lb Ng-, Inserate werden bi« Dienstag« und Freitag« ftüh 0 Uhr angenommen und kostet die gespaltene CorpuSzeile »der deren Raum l Rgr. WM" Abonnements - Einladung. Die fortwährend sich steigernde Auflage unseres Blattes ist der erfreulichste Beweis dafür, daß der „Sächs. Erzähler" in immer weiteren Kreisen als gern gesehener Familienfreuud Eingang findet. Diese Thatsache legt uns die Verpflichtung auf, alle Kräfte anzustrengen , um das uns entgegengebrachte Vertrauen durch entsprechende Leistungen zu rechtfertigen. Wir werden daher bemüht sein, den Inhalt des Blattes immer gediegener zu gestalten und bitten die geehrten Leser, uns auch im neuen Jahre das alte Vertrauen zu bethätigen. Bestellungen auf das erste Quartal 1875 wolle man noch vor dem 1. Jan. bewirken, damit in der Zusendung keine Unregelmäßigkeiten eintreten. Hochachtungsvoll die Expedition. Politische Wettschau. Der Proceß Arnim erhielt vorigen Sonnabend Abend seinen ersten Abschluß durch die Berurtheilung des Angeklagten zu dreimonatlicher Gefäng- mißhaft unter Anrechnung einmonatlichcr Unter suchungshaft. Unzweifelhaft dürfte von beiden Seiten, d. h. vom Staatsanwalt Tessendorf wie von Arnim, der Weg der Appellation beschritten werden; vom Staatsanwalt deshalb, weil die dreimonatliche gegen die beantragte 2Mhrigc Strafe doch etwas sehr niedrig begriffen erscheint, von Arnim aber, um völlig freigesprochen zu werden. Ein wesentliches Interesse wird das große Publikum an dieser Ange legenheit nicht weiter nehmen. Schon in den ersten Tagen des ProcesseS wurde die juridische Seite zur Nebensache. Man fragte nicht: was wird mitArnim ? — sondern: was ist Arnim gegen Bismarck? Die öffentliche Meinung sprach ihr Verdick gegen den Angeklagten, ohne das Urthcil des Gerichts abzu warten. Unter allen Umständen ist und bleibt Arnim ein politisch todter Mann. Der Briefwechsel, welcher durch die gerichtliche Verhandlung in die Oeffentlich- keit kam, bekundet eine so außerordentliche Ueberlegen- heit des ReichScanzlerS über den Botschafter, daß man fast staunen muß, wie Bismarck seine großartige Politik mit so untauglichen Gehilfen bisher durch führen konnte. Sollte Arnim sich wirklich als den Rivalen des ReichScanzlerS betrachtet haben, so wird heute jede ZorneSanwandlung darüber im Gelächter erstickt. Man steht eigentlich an der Schwelle einer aristophanischen Comödie, wenn man sieht, wie Arnim bei seinem Bestreben, die Wege zum Olymp hinauf zu wandeln, die Unterstützung von Franz Wallner, dem braven „Onkel au« Ocstereich", nicht verschmäht. Daß der Graf gar nicht an HUmerding gedacht, Nnmundzwanzigster Jahrgang. nimmt uns Wunder. Auch an verschiedenes Andere hat er nicht gedacht, was ihm heute wohl klar sein wird; vor Allem: daß Gesetze auch für Grafen, für Botschafter und Excellenzen geschrieben werde». Weit größere Sensation, als die Arnim-Affaire, rief in den letzten Tagen voriger Woche das Ent lassungsgesuch Gismarck'S hervor. Eben erst glanzvoll aus dem Kampf auf Leben und Tod mit Arnim hervorgcgangen, fordert der Reichskanzler seine Entlassung, und zwar, wie man sagt, wegen einer Resolution des Reichstages. Infolge der Ver haftung des Abgeordneten Majunke constatirt diese Resolution lediglich die Nothweudigkeit, „im Wege der Declaration resp. Abänderung des 8 3l der Verfassung die Möglichkeit auszuschließen, daß ein Abgeordneter wäbrend der Dauer der Sitzungsperiode ohne Genehmigung des Reichstages verhaftet werde." Wir begreifen nicht, wie diese Angelegenheit zu einer Demission Bismarck'S Veranlassung bieten konnte, denn die Persop und das Amt des ReichScanzlerS werden davon gar nicht berührt. Hier müssen un zweifelhaft andere Dinge und in anderen Kreisen mitgespielt haben. Der „Fall Majunke" konnte und durfte zu einer solchen Wichtigkeit nicht aufgebauscht werden. Dadurch würde man ja die Ultramontanen nur in dem Wahne bestärken, daß ihnen die Majo rität zugefallen sei. Hier handelt es sich aber über haupt um gar keine Partei ; ob der Verhaftete ei« Conservativer, ein Nationalliberaler, ein Fortschritt ler, ein Ultramontaner war oder sonst welcher Partei angehörte, ist vollkommen gleichgiltig. Der Reichs tag mußte sich der Sache annehmen, denn von der Verhaftung während der SeskonSdauer bi» zur Ver haftung im Gebäude de« Reichstages oder in der Ver sammlung selbst, ist nur noch ein Schritt. -Die „Nordd. Allg. Ztg." hat durchaus Unrecht mit ihrer