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984 Schwerin, 3. Dec. Der Kaiser hat gestern zu der Feier der Enthüllung des Kriegerdenkmals folgendes Telegramm an den Großherzog gerichtet: „Mit meinen Gefühlen bin ich in Gedanken heute bei Dir, wo Du den Gefallenen Deiner braven und aus dauernden Truppen ein Ehrendenkmal setzest, um ihr Andenken der Nachwelt zu überliefern. Deine ruhm reiche Führung und Tapferkeit und die Hingebung der von Dir in den glorreichen Kriegsjahren gegen den Feind geführten Truppen wird nie in meiner und des Vaterlandes dankbarer Anerkennung erlöschen." Frankreich Versailles, 1. Dec. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung wurde Buffet mit 348 Stimmen zum Präsidenten gewählt ; 205 Stimm zettel waren unbeschrieben. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurden Märtel mit 422, Benoist d'Adzy mit 327 und de Kerdrcl mit 287 Stimmen zu Vicepräsidcnten gewählt. Bei der Wahl des vierten Vicepräsidentcn wurden für den Herzog v. Audiffret- Pasquier (rechtes Centrum) 267 und für den Grafen Rampon (linkes Centrum) 247 Stimmen abgegeben. Herr Saint Genest hätte nicht nöthig gehabt, in seiner Broschüre dem Präsidenten Mac Mahon den guten Rath zu ertheilen, sich nur auf'S Heer zu stützen. Der Marschall Präsident weiß selbst recht gut, daß diejenige Regierung die stärkste ist, resp. die jenige Partei die größte Macht besitzt, hinter welcher die Bajonette stehen. Nicht ohne Absicht hat des halb auch Mac Mahon kurz vor der Eröffnung der Nationalversammlung alle im activen Dienste stehen den Generale um sich versammelt. Diese Versamm lung ist neuerdings unter dem Mantel des Zusam mentritts des obersten Militärrathes einberufen wor den, aber die politische Berichterstattung und In struction ist wohl die Hauptsache gewesen. England. London, 3. Dec. Die „Times" meldet aus Washington: Die Botschaft Grant'S an den Congrcß, welche nächsten Montag verlesen werde, betone die Nothwcndigkeit, die Metallzahlungen wieder aufzu nehmen, fordere zu Marineneubauten auf und empfehle, die Einfuhr ausländischer Rohstoffe ent weder zollfrei oder gegen Zollermäßizung zu ge statten. Der Bericht des Schatzsecrctär empfiehlt gleichfalls die Wiederaufnahme der Merallzahlungen. Amerika. Rio-de-Janeiro, 30. November. Nach Mit- theilungen der hiesigen Journale aus Buenos-Aires hat am 15. d. M. in der Nähe von Lavarde eine dreistündige Schlacht zwischen Mitre und den Regiernngstruppen unter dem General AriaS statt gefunden, deren Ausgang unentschieden blieb. Die Regierungstruppen hatten einen Verlust von 400 Tobten und Verwundeten ; der Verlust der Insur genten war nicht bekannt. Vermischtes. — Der „Linzer Tagespost" schreibt man: Welche Mafien von Schnee im Gebirge fielen, beweist^ daß das Hochwild sich jetzt in den Niederungen aufhält und von den Straßen aus, welche z. B. von Ischl nach Ebensee und Weißenbach am Altersee führen, ganze Rudel Hochwild selbst bei Tage zu sehen sind und bei Nacht sich sogar au die Häuser wagen, um den an den Wänden der Häuser sich mitunter hinauf ziehenden Epheu abzunagen. Am 27. Novbr. früh fing ein Weib in der Langwics mit den Händen eine Gemse, selbige war sehr matt und setzte ihrer Gefangennahme keinen Widerstand entgegen. — Eine Schwurzerichtsvcrhandlung in Straubing (Baiern) hat wieder einmal ein düsteres Bild ent rollt. Angeklagt war, aber freigesprochen wurde der Nedacteur des „CurierS für Niederbaiern", Herr Riesch, der in seinem Blatte die rohe Behandlung eines Soldaten durch den Premier-Lieutenant Sckropp erzählt und bitter getadelt hatte. Dieser Tadel hatte Herrn Schropp bewogen, die Anklage zu er heben ; es ward in der öffentlichen Verhandlung aber erwiesen, daß er nicht nur während der Reitübung den Soldaten mit der flachen Klinge derartig ge schlagen, daß derselbe mehrere Wochen im Militär- lazareth lag, sondern daß er auch noch die Aeußerung gethan: „Wenn man den Kerlen eins hinaufhaut, dann begreifen sie es besser." Es ward ferner durch Zeugen constatirt, daß Schropp einem Recruten mit rückwärts verschränkten Armen ohne Sattel und Decke zu reiten befahl, plötzlich dann das Pferd in Galopp setzen ließ, so daß sich der Recrut den Arm brach und die Knochensplitter durch den Aermcl drangen, worauf der Lieutenant noch gerufen: „Laßt ihn liegen, diesen Hund!" Auch unerhörte Titulaturen der Soldaten wurden zeugencidlich bestätigt, so z. B.: „Dumme Baiern, dumme Altbaiern, blau und weiß angestrichene Rindvieher, königlich bairische Hunde, ihr seid dummer als mein Hund!" Bei dieser Sachlage wurde, wie gesagt, der Redacteur frcige- sprochen. Welche Strafe Herr ^Premierlicutenant Schropp verdient hat, darüber hatte selbstverständlich das Schwurgericht nicht zu entscheiden. (Einsesandt.) Bischofswerda, 4. Dec. Ein höchst genuß reicher Abend wurde uns gestern wieder zu Thcil, indem das hiesige ca. 40 Sänger und Sängerinnen zählende Cantoreichor unter tüchtiger Leitung des Herrn Cantor A. Fritsch ein Eoncert auffiihrte, welches nicht nur in größtem Maaße befriedigte, sondern von Seiten der Zuhörer auch vielfach den Wunsch laut werden ließ, dasselbe recht bald noch ein mal zu wiederholen, da doch viele Freunde des Gesanges wegen Ueberfüllung der Räumlichkeiten (es hatte sich ein Auditorium von ca. 450 Personen eingefundcn) dem Concert nicht anwohnen konnten. Die Chorstücken, als auch namentlich die Solls wurden mit äußerster Präcission und Reinheit vor getragen, und fand namentlich Herr Musiklehrer Sturm aus Dresden, ein specieücr Freund des Hrn. Cantor Fritsch und des Vereins, welcher ganz besonders zur Verherrlichung des ConcertS beitrug, in seinen vorgetragenen Liedern ungetheilteste Anerken nung. ES gereicht Herrn Cantor Fritsch zu großer Ehre, sich ein Chor herangcbildet zu haben, welches, wie wir gestern in dem schön gewählten Programm ersahen, auch die schwierigsten Piecen, wir wiederholen es, mit größter Sicherheit vortrugen und dürfte dir stets rauschende Beifall Herrn Cantor Fritsch und seinem Chor ein Zeichen der größten Zufriedenheit in Bezug der Leistungen gewesen sei«.