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736 Aus Brandeis a. E., vom 9. Septbr. schreibt man: Se. Maj. der König von Sachsen ist heute Morgen um 6 Uhr hier eingetroffen. Der König war in österreichischer Dragoneruniform und wurde vom Kaiser auf das Herzlichste bewillkommnet. Die Allerhöchsten Herrschaften nahmen sogleich nach der Ankunft des Königs von Sachsen ein Dejeuner auf dem Manöverfelde ein und wohnten darauf den Truppenübungen bei, bei welchen auch der Graf Andrassh und eine große Anzahl fremder Offiziere zugegen war. Der Verlauf der Manöver wird als ein durchaus befriedigender bezeichnet. Heute Abend wird der Kaiser die Truppenbivouaks besuchen und wird das Lager bei dieser Veranlassung illuminirt werden. - Die Stimmung der Bevölkerung in Böh men, namentlich in Prag, ist eine sehr versöhnliche und entgegenkommende. Trotz der frühen Stunden, in welcher die Abreise des Kaisers erfolgte, waren Tausende auf den Beinen und die Häuser illuminirt. Die Dorfschaften, welche der Kaiser auf der Reise nach Brandeis passirte, waren auf das Festlichste geschmückt. Spanien. Aus Santander vom 8. Septbr. wird gemeldet: Carlistische Banden haben am vergangenen Sonn tag auf einen Eisenbahnzug geschossen, auf welchem sich nach einem bei ihnen verbreiteten Gerüchte die Gesandten von Deutschland und Oesterreich befinden sollten. Der Maschinist und der Heizer dieses Zuges wurden getödtet. Vermischtes. — Die Gothaer Feuerversicherungs-Gesellschaft bringt den Geschäftstheilhabern zur Kenntniß, daß der Verlust, den die Anstalt durch die Feuersbrunst in Meiningen erleidet, nach dem vorläufigen Ucberschlage bis 200,000 Thlr. betragen werde. So empfindlich dieser Schlag auch ist, so bietet er doch, wie die Direction erklärt, keinen Grund zur Beunruhigung der Theilnehmer, da der bisherige Verlauf des Jahres ein ungewöhnlich günstiger war. Mir dem Verluste in Meiningen belaufen sich die bisherigen Schäden der Gothaer Anstalt in diesem Jahre auf ca. 410,000 Thlr. oder ca. 18 Proc. der für das laufende Jahr ihr zu Gebote stehenden Mittel. — Ueber die Feuers brunst in Meiningen selbst geht der „Magd. Ztg." folgende Mitthcilung zu: Zwei Fünftel der Stadt liegen in Asche, und zwar 220 Wohnhäuser und 100 Seiten- und Nebengebäude, darunter auch das Rath- und Landschaftshaus, das Gymnasium und die Druckerei des Tageblattes. Vollständig abge brannt sind die Schlundgasse, die nördliche Seite des Marktes, die drei Metzengassen, die östliche Seite der langen Gasse, und zwar die untere Hälfte, die größere Hälfte der unteren Marktstraße, die Schuh gasse, die Kleine Bandhäuser-, die Büchsen-, die Oel-, die Salzmannsgasse, der Zwinger, und noch die Hälfte der Caplaneigasse. Gegen 8 Uhr fing das Dach der Stadtkirche zu brennen an, der Hild- burghäuser Feuerwehr gelang es aber, das brennende Dach zu löschen und wieder zu decken, sonst war auch die obere Stadthälfte verloren. Etwa 500 Familien mit wohl 4000 Seelen sind obdachlos ge worden, und ist denselben ungeheuer viel Mobiliar verbrannt. Der Herzog war von Liebenstein her beigeeilt imd hat die sämmtlichen öffentlichen Gebäude, zur Verfügung der Obdachlosen stellen lasten. Die Acten des Landschastshauses und die LandschastScasse sind gerettet. Die Höhe des Schadens läßt sich für jetzt noch gar nicht übersehen, er ist aber ungeheuer. — Nicht geringe Sensation machte die Entdeck ung eines großartigen Einbruches im Hauptpostamte zu Wien. Es wurden circa 1600 Stück recomman- dirte Briefe von unbekannten Thätern entwendet. Die Postverwaltung erleidet, da sie für jeden recom» mandirten Brief mit 20 fl. haftet, einen Schaden von 32,000 fl. Die eifrigsten Recherchen werden angrstellt und sind bereits zwei verdächtige Diener in Haft genommen worden. — In der großherzoglichen Domäne PragSdorf bei Neubrandenburg in Mecklenburg brach in der Nacht vom 4. zum 5. d. MtS. in einer Arbeiter wohnung Feuer aus, durch welches in ca. 2 Stunden 5 Gebäude, welche von 9 Familien bewohnt waren, ein Raub der Flammen wurden. In dem zuerst von den Flammen ergriffenen Gebäude wohnten zwei Arbeiterfamilien, aus 14 Personen bestehend, die sämmtlich in den Flammen ihren Tod gefunden. — Der directe Eiscnbahnzug von Berlin nach Rom mit durchgehenden Wagen, einheitlicher Gepäck beförderung rc. wird mit dem 1. October in'S Leben treten. — Der 40 Jahre alte Maschinenführer der Staats bahn, Joh. Diedt in Prag, wurde wegen eines Ver sehens, das man ihm zur Last legte, sofort von seinem Dienste suspendirt und hat in Verzweiflung über diesen Fall sich, seine Frau und seine beiden Kinder, ein Mädchen von 5 Jahren und einen Knaben von 1^ Jahr, erschossen. Man fand die 4 Leichen in ihrem Blute schwimmend auf dem Fußboden der Wohnstube. — Als am 31. August zwischen 2 und 3 Uhr Nachmittags in dem der Prager Eisenindustrie gesellschaft gehörigen Kohlenschachte „Katharin" bei Dubi (Bez. Smichow) die Bergleute mit der Ar beit wechselten und in die an 100 Klafter tiefe Koh lengrube hinabfuhren, rissen bei einem sogen. Käfig, in welchem sich 5 Bergarbeiter befanden, die Draht seile, infolge dessen die Leute in den Schacht stürz ten und sämmtlich den Tod fanden. Die Ursache dieses Unglücksfalles ist darin zu suchen, daß das Drahtseil an der Welle schlecht umwickelt war. — Zwei Mörderinnen aus dem Dorfe Lindow bei Berlin, welche den eigenen Sohn und Bruder mit voller Ueberlegung um's Leben gebracht haben, wurden vor einigen Tagen in das Kreisgerichtsge- fängniß zu Spandau eingeliefert. Der 10jährige Knabe hatte seinen Vater, welcher der Großmutter 16 Thlr. entwendete, der Letzteren verrarhen, und die unnatürliche Mutter glaubte sich dafür rächen zu müssen. Auf freiem Feld erschlug sie deshalb das Kind mit einer Kartoffelhacke und da dasselbe nicht sofort todt war, trieb sie ihm unter Beihilfe seiner Schwester, welche im Falle der Weigerung ebenfalls mit dem Tode bedroht wurde, ein Messer in die Schläfe. Nach einer anderen Version wäre der Knabe von ihnen erstochen und dann gesteinigt worden.