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734 Sr. Majestät befanden sich der Generaladjutant Generallieutenant Krug v. Nidda und der Flügel adjutant Oberst v. Dziembowski, Generalmajor v. Carlowitz und Major Reyher. Se. Maj. der König haben für die Abgebrannten in Meiningen 500 Thlr. und Ihre Majestät die Königin 300 Thlr. gespendet. Bischofswerda, 9. Septbr. Heute Vormittag sind vor versammeltem Stadrrathe vom Hrn. Bür germeister, Ritter rc. Sinz die auf Grund tz 17 der revidirten Städteordnung zum Erwerbe des Bürger rechts vechflichtelen öffentlichen Beamten, Geistlichen und Lehrer als Bürger der hiesigen Siadt verpflich tet worden, indem sie mittelst Handschlag angelobt haben, die ihnen als Bürger obliegenden Pflichten treu zu erfüllen, der Obrigkeit gehorsam zu sein und der Stadt Bestes nach Kräften zu fördern. Den selben wurde zugleich eröffnet, daß das ihnen heute verliehene Bürgerrecht erst mit dem Inkrafttreten der revidirten Städtevrdnung zur Geltung gelange. Am 7. d. M. hat auf dem Bahnhofe in Bautzen ein aus der Arbeit entlassener Müllergeselle sich durch einen Schuß aus einem doppelläufigen Terzerol im Gesicht verwundet. Dem Inspektor, welcher dem Unbekannten sofort das Terzerol entriß, und wobei es sich ergab, daß auch der zweite Lauf geladen war, gab er auf Befragen an, daß ihm das Terzerol aus Versehen losgegangen sei, er sich aber keineswegs das Leben habe nehmen wollen, worauf er sich durch die Flucht seiner Arretur zu entziehen gewußt. Am 9. Septbr. Abends haben die Stadtverord neten in Leipzig die Wahl eines Vicebürgermeisters vollzogen. Dieselbe fiel einstimmig auf den bis herigen Vorsitzenden des Collegiums, Hrn. Or. jur. Georgi, der selbstverständlich der Sitzung nicht bei wohnte. Am 6. Septbr. wurde in Steinigtwolmsdorf ein Denkmal für 2 im Jahre 1866 und 6 im letzten deutsch-französischen Kriege Gefallene der dortigen Parochie unter reger Beteiligung geweiht. Die Weih rede sprach Herr Pastor Ochcrnal. Dias Bezirksgericht in Zwickau verhandelte am 7. d. M. gegen den Kaufmann Clemens Trümper von dort. Laut Verweisungserkenntnisses war Trümper wegen folgender Aeußerungen, die er über das Kissinger Attentat gethan, zur Verhandlung verwiesen: „Ich bedaure, daß ich nicht Kullmann gewesen bin, da wäre die Sache anders ausgefallen." „Es sind noch drei Kugeln bereit, die eine für Bismark, den Falk als Pfropfen drauf und eine noch für einen Dritten." In der Verhandlung wollte Trümper fick nicht mehr genau besinnen, ob er diese Aeußerungen habe fallen lassen, gab zu, gesagt zu haben, wenn er dort ge standen hätte, wo Kullmann gestanden, wäre die Sache anders geworden und erläuterte dies auf Befragen des Vorsitzenden dahin „da wäre das Attentat überhaupt nicht geschehen." Er wollte der ganzen Sache keine Wichtigkeit beigelegt haben und durch Genuß von Bier aufgeregt, auch erst gereizt worden sein. Das Erkenntniß des Gerichtshofes sprach die Verurtheilung Trümper's wegen Beleidigung und Bedrohung zu achtmonatlicher Gefängnißstrafe aus. Im Elsterthale unterhalb Möschwitz vollzog sich am 7. Septbr., wie dem „Doigtl. Anz." berichtet wird, ein gewaltiges Schaushiel. Am südlichen Ende des Möschwitztunnels hat bekanntlich im Juli ein Erdrutsch stattgefunden. Infolge dessen war die Be seitigung bedeutender Felsmassen nothwendig gewor den und diese erfolgte gestern Mittag 11 Uhr 40 Minuten. Man hat die Sprengung durch 21 Bohre löcher mit 60 Pfd. Dhmltnit Ävirht. Die Ent zündung sämmtlicher Schüsse erfolgte in der Zeit von nicht ganz einer Minute und gab ein Getöse, als wenn der ganze Berg innerlich zerrissen werde und in sich zusammenstürze. Es wurden 300 - 400 Kubikmeter Felsmasse durch die Wirkung des Dyna mits gelockert und weggesprengt. Steine von 3 Kubikmeter wurden bei Seite geschoben und zerschellten in der Tiefe. In dem harten Gestein zeigten sich Risse von 3 Meter Länge. Das Profil des Berges ist durch die großartige Sprengung natürlich total verändert. Am 6. Septbr. Abends 7 Uhr brannte das Haus des Gotth. Lade in Neu-Oppach nieder. Hierbei vermißte die Ehefrau des mitabgebrannten Miethbe- wohners Tischer ihren 4jährigen Knaben. Bereits war nicht mehr durch die Thür in das Haus zu dringen, da drückte der 10jährige Sohn des Genann ten, nicht ohne sich erheblich zu verletzen, eine Scheibe ein, stieg durch das so geöffnete Fenster in das Haus und rettete sein 4jähriges Brüderchen vor dem sicheren Tode in den Flammen. Am 4. September ist in Dittersbach bei Frauen stein ein Wohnhaus mit Wirthschaftsgebäuden und Scheunen niedergebrannt, und das um eines Pfen nigs willen. Zwei sechsjährige Kinder hatten in der Scheune einen Pfennig verloren und um den selben zu suchen, brannten sie ein Zündhölzchen an. Dabei kam das aufgehäufte Getreide in Brand und griff derselbe mit solcher Schnelligkeit um sich, daß kaum das Vieh gerettet werden konnte. In einigen Blättern findet die Annahme Aus druck, daß infolge der Beschießung der deutschen Kanonenboote durch die Carlisten die Reichsregierung Anlaß nehmen werde, den letzteren gegenüber in eine kriegerische Stellung zu treten, mit anderen Worten, eine bewaffnete Intervention in Spanien vorzunehmen. Dieser Gedanke ist auch in Paris herrschend gewesen als die Kunde von dem Vorfall dort eintraf. Daß man an der Seine einen derartigen Entschluß der deutschen Regierung, der nothwendig zu den ge fährlichsten Verwickelungen führen müßte, gern sähe, leuchtet ein; daß aber auch deutsche Blätter in ihrem Verlangen nach einem „energischen Vorgehen" der Reichsgewalt so weit gehen, eine Verletzung des Völkerrechts zu verlangen, ist weniger verständlich. Die Mißachtung der NcutralitätSrechte eines Staates seitens einer kriegführenden Partei gewährt noch kein Recht, an dem Kriege selbst Theil zu nehmen. Eine auf Genugthuung gerichtete militärische Abwehr ist nach internationalem Recht die einzige Form, welche dem angegriffenen Staate in solchem Falle überlassen bleibt, und diese Grundsätze sind von dem deutschen Commandanten streng befolgt worden, indem er nach einigen wohlgezielten Treffern als Erwiderung auf den rechtswidrigen Angriff seine Reise fortsetzte.