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D«r Ministerpräsident Minghetti hat am 4. d. vor seinen Wählern in Legnago eine Rede gehalten und gesagt, was vor Allem noth thue, sei die Her stellung des Gleichgewichtes in den Finanzen; für 1875, wo das Deficit etwa 54 Millionen betragen dürfte, würde er noch ohne neue Steuern hauSzu- halten versuchen, dann aber müsse durchaus eine gründliche Reform des Steuerwesens vorgenommen werden. Auch für die Sicherheit des Landes müsse etwas geschehen; gegen die Rothen und Schwarzen gäben die bestehenden Gesetze ausreichenden Schutz, aber gegen die meuchlerischen Geheimbünde der Maffia und Camorra seien neue Gesetze erforderlich. In Frankreich sind aller Augen auf das Gesammtergebniß der 1500 GeneralrarhS--Wahlen gerichtet. Noch sind die Angaben nicht vollständig; es fehlen poch Nachrichten über eine Reihe von Cantonö, die gerade sehr wichtig sind. So viel steht aber fest, daß in den größeren Städten überall die republikanischen Candidaten mit erdrückenden Majoritäten siegten, daß dagegen in den ländlichen Cantonen häufig wenige Stimmen den Ausschlag gaben und daß hier die eigentlichen Septennalisten den geringsten, die Bonapartisten dagegen den meisten Anklang fanden. Da« Ministerium versteckt seine Niederlage hinter dem Schleier des Siegers der „conservativen" Farbe; doch das Wort „conservativ" hat in den Parteikämpfen Frankreichs eine sehr weite Bedeutung. Conservativ nennt Thiers seine Republik, konservativ Rouher die Agitation für die Herstellung des KaiserthumS, und die Legitimisten fühlen sich sogar als in der Wolle gefärbte Conser- vateuerS, was jedoch nicht ausschließt, daß diese conservativen Parteien einander bei Wahl- und Parlamentsschlachten Revolutionär schelten. Nur der Elerus, der sichtbar dem Sohne Eugeniens den Vor zug vor dem Enkel Louis Philipp'« giebt und fort während umstürzlich vorgeht, wird von allen Führern als der Hort res ConservatismuS umworben. Die Politik spielte deshalb bei den Generalrathswahlen die Hauptrolle, und die Regierung that Alles, um die Ultramontanm zu streicheln und dse Republikaner einzuschüchtcrn. So wurde die Gelegenheit vom Zaune gebrochen, um den im Vatican so mißliebigen Blättern den Straßenverkauf zu verbieten; so wurde sogar ein Ausweg gefunden, um für die Abberufung des Orsuoque Pardon zu erlangen: der „Kleber" soll fortan im Hafen von Bastia zur Verfügung des heiligen Vaters bereit gehalten werden. Ultra montanen Quellen zufolge wäre sogar ein Vertrag mit Italien im Werke oder schon abgeschlossen, wonach es dem „Kleber" zu jeder Zeit freistehen solle, von seiner corsischcn Station auf Berufung von Pius IX. in jeden beliebigen italienischen Hafen einzulaufen. Auf dem spanischen Kriegsschauplätze geschieht zur Zeit nichts ; nur au» den mittleren Provinzen wird von den Streifzügen und Brandschatzungen einiger sogenannten fliegenden carlistischen Colonnen und aus dem Norden von carlistischen Angriffen auf Bich und Tuenterabbia berichtet. Aus Bayonne vom 11. Oct. geht der „Jndspen- dgnce belge" ein Telegramm zu, wonach die Absetzung Dorregarah'S und anderer Carlistenführer die Carlisten sehr unangenehm berührt haben soll. Durch die Besetzung bon la Guardia durch die Regierungs truppen ist da» linke Ebroufer frei geworden und den Angriffsbewegungen der Carlisten gegen Miranda Halt geboten. Die Carlisten sind vor dem Regierungs general MorioneS, der Bianca besetzte, zurückgewichen. Don Carlos hat befestigte Stellungen bei Penacerrada bezogen. ' Das in Glasgow abgehaltene Meeting englischer Protestanten ist insofern von größerer Bedeutung, als von Seiten der Redner die mit Beifall auf genommene Aufforderung gestellt wurde, die ver sammelten Schotten und Engländer sollen ihre im Parlamente vereinigten Vertreter zu einem practischen Ausdruck der Sympathien des britischen Volkes mit Deutschland im Interesse der Unabhängigkeit Groß- britaniens veranlassen, um die Einhelligkeit der Politik der beiden großen Reiche gegenüber dem Ultramontanismus zu sichern. Wie man au» London unterm 12. Oct. meldet, bestätigt die „Morning Post", daß der russische Ge schäftsträger demnächst nach Madrid zurückkehren wird, und fügt hinzu, derselbe habe Instructionen dahin lautend empfangen, das beste Einvernehmen mit der republikanischen Regierung aufrecht zu erhalten. Sachsen. Er. Majestät der König haben dem Chausse- wärter Johann Gottlieb König in Leppersdorf die zum AlbrechtSorden gehörige silberne Medaille zu verleihen geruht. Dresden, 10. Oct. Heute Mittag 1 Uhr hat der feierliche Schluß des Landtags im königl. Residenz schlosse stattgefunden, nachdem Vormittags 9 Uhr ein Gottesdienst in der evangelischen Hofkirche vorausgegangen war. Die Verabschiedung der Stände fand im Eckparadesaale der 2. Etage statt, wo sich an der westlichen Front der Thron für Se. Majestät den König befand, der um 1 Uhr erschien, begleitet von Sr. königl. Hoheit dem Prinzen Georg, unter Vortritt der Herren Staatsminister u. s. w. Der König wurde beim Eintritt in den Saal von der Versammlung mit einem vom Präsidenten der ersten Kammer ausgebrachten dreimaligen Hoch em pfangen. Nachdem die Herren Staatsminister rechts an den Stufen des Thrones, und Se. königl. Hoheit der Prinz Georg zur Rechten des Thrones selbst sich aufgestellt hatten, bedeckte Se. Maj. der König sein Haupt mit dem Helm und verlas die folgende Rede: Meine Herren Stände! Al« Ich am Anfänge diese« Landtage« Sie vom Throne au« begrüßte, da konnte Ich es noch thun im Auftrag und im Namen Meine« geliebren Baker«, Sr. Maj. de« König« Johann. Heute am Schluffe de« Landtag« bleibt Mir nur übrig. Ihm auch von dieser Stelle au« «in Wort liebevoller und dankbarer Erinnerung zu weihen. Sein gesammte« Streben und Wirken war >u geleitet von inniger Liede zu Seinem Volke, von einem edlen und selbstlosen Pflichtgefühle, und so ward e« Ihm auch möglich, in den ernstesten, wichtigsten Momenten Seines Leben« mit der ihm eigenen Klarheit de« Geiste« die richtigen Wege zu erkennen und mit Entschiedenheit zu betreten. Sein Andenken wird Un« heilig bleiben für alle Zeiten. Meine Herren Stände! Sie haben bei Meiner Thron besteigung mit den Vertretern Meiner Regierung hie neue Eivilltste kn einer Weise vereinbart, die Mich zum aufrichtig«" Danke verpflichtet. Während am vorigen Landtage Ihnen tief eingreifend« organisatorische Gesetze zur Berathung Vor tagen, waren e« auf diesem Landtage vorzugrwpse di« fiW- ziellen Interessen de« Staate«, die Sie beschäftigten. besonderen Befriedigung hat e« Mir gereicht, daF Sie A" Anträgen Meiner Regierung ahf eine allgemeine GehaM- irhS-ung für alle lktaffen cher Staiikidlkker iso bmltwÄS