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5 S4.I j1874. Sonnabend, de» 11. Juli geradezu oufwiegeln, aber man müsse es dem Be herrscher aller Gläubigen überlassen, selbst mit ihnen fertig zu werden, so gut und schlecht als es aber eben gebe. Uebrigcns bleibe es Vorbehalten, beiden einzelnen und namentlich bei den renitenten Vasallen staaten im Sinne der Mäßigung einzuwirken und nach Möglichkeit gewaltsamen Ausbrüchen vorzubeugeu. Zugleich aber herrscht auch darüber Einverständ- niß, daß keine Macht die orientalische Frage für sich und zur Befriedigung ihrer alleinigen Interessen aus beuten dürfe. Ob die Bemühungen, den Unabhängig keitstrieb der Vasallenstaaten zu mäßigen, Erfolg haben werden, ist jedoch fraglich. Rumänien wie Serbien warten nur auf die Gelegenheit, sich völlig von der Oberhoheit der Türkei frei zu machen. In Serbien herrscht seit der erfolglosen, ja man kann sagen demüthigenden Reise des Fürsten nach Constanti- nopel eine große Aufregung. Auch in Bosnien kocht und gährt es und der Khedive von Egypten rüstet im Stillen mit dem größten Eifer gegen seinen Lehnsherrn. So ist das osmanische Reich fortwährend ein Heerd der Agitation und Unruhe ; es wird dies auch bleiben, so lange es noch vegetirt, da es jede Rege nerationsfähigkeit längst verloren^ hat. Alle Versuche, neues Leben in den todten Körper zu bringen, scheitern in derselben Weise, wie das Oculiren am dürren proccß zu fördern, aber noch weniger Ursache, ihn zu hemmen. Das europäische Interesse beschränkt sich darauf, daß den einzelnen Staaten die Ordnung ihrer Angelegenheiten überlassen bleibe und keine Macht an Stelle der türkischen Oberhoheit ihre Herrschaft, setze. Deutsches Reich. Bischofswerda, 10. Juli. Ihre Majestäten der König Albert und die Königin Carola trafen, von Zittau kommend, heute Vormittag jll Uhr unter Glockengeläute mittelst Extrazugs im fest lich geschmückten Bahnhof allhier ein, um, wie schon in vor. Nr. d. Bl. erwähnt, die Begrüßungen von Seiten der städtischen und königl. Behörden huldreichst entgegenzunehmen. Bei der Ankunft intonirie da« Musik- corps in exacter Weise den Parademarsch, während hie Schützengarde präsentirte und sämmtliche Anwesende das geliebte KönigSpaar mit Jubelruf empfingen. Der Orient sonst und jetzt. Es gab eine Zeit, wo die sogenannte orientalische Frage der Angelpunkt der europäischen Politik, wo Constantincpel der Schauplatz einer ununterbrochenen diplomatischen Fehde zwischen den Vertretern der verschiedenen Mächte war. Einem Gesandten bei der hohem Pforte wurde gewiß das Leben von einigen seiner Collegen schwer gemacht und es war keine schlechte Empfehlung für einen strebsamen Diplo maten, wenn er auf dem schlüpfrigen Boden am Bosporus eine feste Stellung zu gewinnen und seine Rivalen in der Gunst des Sultans, oder des Groß- LezirS auSzustehen wußte. Es war das die Zeit, aoo vornehmlich in England und Oesterreich die Erhaltung der Integrität des oltomanischen Reiches stir eine Lebensfrage ersten Ranges galt; wo man jede Regung auf der Balkan-Halbinsel als einen Funken betrachtete, gegen den der ganze europäische Löschapparat in Bewegung gesetzt werden müßte, um dem Ausbruche eine« furchtbaren Weltbrandes vor- zubeugen. DaS ist jetzt anders geworden. lempora mu- taatur etv. bestätigt sich auch hier. Seit die Auf merksamkeit der Welt von den gewaltigsten Ereignissen mitten im Continent in Anspruch genommen war, verminderte sich auch in der Vorstellung der Cabinette die Bedeutung der orientalischen Frage, die wenigstens Ast. Europa hat keinen Grund, den Auflösung» nicht mehr für die einzig denkbare Ursache großer Welterschütterungen gelten konnte. Unter dem Ein druck ver Kämpfe, welche zur Einigung Italiens und Deutschlands gehört haben, fing man auch in Eng land und Oesterreich an, über die Erhaltung der Türkei ruhiger und kühler zu denken, als zu den Zeiten eines Metternich und Palmerston. Man kam zu der Einsicht, daß es doch unmöglich die höchste Aufgabe für eine europäische Großmacht sein kann, ein alterschwaches Reich, dessen Grundlagen morsch sind, und von dem ein Stein nach dem anderen abbröckelt, zu stützen und der Pforte io der Zügelung ihrer unbotmäßigen, nach Unabhängigkeit ringenden Vasallen Polizeidienste zu leisten. So kam im Allgemeinen die Ansicht zur Geltung, daß es das Zweckmäßigste sei, wenn die Mächte sich möglichst wenig um die Beziehungen der Pforte zu ihren Vasallen kümmerten. Mau dürste Letzten! Lwar nicht ermuntern und gegen den LrhuSharem ' Wer sächsische WrzäHkr, Wochenblatt Bischofswerda, Stolpen und Umgegend* Amtsblatt -es Königlichen Gerichtsamtes und -es Ata-trathe» zu pischof«wer-a. Vitt« Sektschrist erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwoch« und Sonnabend«, und taget einschließlich »er «!«,n- obenbr erscheinendm „belletristische» Beilage" vierteljährlich 15 Nge. Inserate werden bis Dienstags und Freita-s früh b Uhr angenommen und kostet die gespaltene SorpuSzeile aber der« Raum 1 Ngr. -