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und ihn in jeder Beziehung brauchbar zu machen. Gleich nach der Durchfahrt der fürstlichen Gäste durch den Canal hieß es, daß mehrere größere, namentlich tiefgehende Schiffe aufgefahren seien. So schlimm wird es nun freilich nicht sein; denn ein Telegramm des Herrn v. Lesseps dementirt die ab surden Gerüchte, auf welche hin die Suez-Canal- Actien gefallen sind, und constatirt, daß in 10 Tagen 50 Schiffe mit 35,000 Tonnen Gehalt den Canal hin- und zurückgefahren sind. Nirgends wurden die Dämme beschädigt. Indessen hat der kühne Erbauer des Suez-Canals noch mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden, ehe er sein ruhmwürdiges Werk zum Abschluß gebracht haben wird. Die Kaiserin Eugenie Wird in den nächsten Tagen den Boden Frankreichs wieder betreten; der Kaiser von Oesterreich aber wird nicht, wie erst vorgesehen, mit dem König Victor Emanuel eine Zusammenkunft haben. Der König drückte dem Kaiser von Oesterreich telegraphisch sein lebhaftes Bedauern über die durch seinen Ge sundheitszustand gestörte Zusammenkunft zu Brindisi aus; er hoffe jedoch, daß sich demnächst die Gelegen heit zu einer persönlichen Begegnung wieder dar bieten werde. Dafür wird sich Graf Beust nach Florenz begeben. Anfangs war es auch die Absicht des österreichischen Kaisers, bei seiner Fahrt durch das adriatische Meer in Dalmatien und zwar in Cattaro Halt zu machen, um den Aufstand durch eine General-Amnestie zu Ende zu führen. Dies hatte jedoch zur Voraussetzung, daß die österreichischen Truppen zu Felde einige Erfolge davon getragen haben. Letzteres ist nicht nur nicht geschehen, viel mehr sind die Insurgenten auf allen Punkten Sieger geblieben: die dritte Excursion in die Crisvoscie zur Entsetzung und Verproviantirung des Blockhauses Dragalj ist total verunglückt; die Oesterreicher wurden auf allen Punkten geschlagen und das Hauptquartier nebst Generalstab, welcher nur eine Bedeckung von 8 Gendarmen hatte, war in Gefahr, von den In surgenten abgeschnitten und gefangen zu werden. Mit größter Mühe und unter Zurücklassung eines guten Theils der Bagage gelang es dem Generalstabe, sich zu flüchten. - Die Soldaten haben die schwersten Ver luste erlitten, von einer Compagnie kehrten nur 1 Leutnant und 30 Mann wieder, alle übrigen waren gefallen. Die Dalmatiner schneiden den Offizieren die Köpfe ab und schänden die Leichname der Sol daten auf's Gemeinste. Die Folgen dieses unglück lichen Feldzugs zeigen sich in der Verlegung aller Truppen in Garnisonen am Meere; die Insurgenten haben das ganze Gebiet inne und vor dem nächsten Frühjahr ist nicht daran zu denken, daß ihnen von den Oesterreichern auch nur ein Haar gekrümmt werde. Die Schwierigkeiten bei der Kriegführung mögen allerdings ungeheure sein, namentlich jetzt, wo die furchtbare Regenzeit eingetreten ist. Hierzu kommen die furchtbaren Erkrankungen in der Armee, kurz, selbst amtlich veröffentlicht man einen Bericht des Generalmajors Grafen Auersperg vom 21. Nov., worin derselbe , das über den Stand der Operationen in Dalmatien bereits Bekannte bestätigt und die Nothwendigkeit constatirt, die Kriegs-Operationen bis zu günstigerer Jahreszeit einzustellen. Gegenwärtig sei der Kampf nur mit großen Opfern weiter z« führen und bei Verfolgung des Feindes drohe die stete Gefahr einer Grenz-Ueberschreitung, welche wegen möglicher politischer Verwickelungen so viel als thunlich zu vermeiden Wünschenswerth erscheine. Auch nicht gerade erbaulich klingt, was von deü Differenzen im Schooße des Wiener Ministeriums verlautet. Gegenwärtig mag vielleicht noch der Zwie spalt, in welchem die Minister bezüglich des Wahl gesetzes in den Reichstag und die Umänderung der Verfassung mit einander stehen, verdeckt werden-„so bald der Reichstag zusammengetreten ist, wird er nicht mehr zu vertuschen sein. Eine der am Wenigsten erfreulichen Erscheinungen bot in Berlin die Verhandlung des Abgeordneten hauses über die Langensalza-Dcnkmals-Angelegenheit in Celle dar. Mit wahrhaftem Chnismus vertheidigte der Minister des Innern, Graf Eulenburg, den ge schehenen Rcchtsbruch und die Verhöhnung der Justiz durch die Militärverwaltung und auch das, was der Kriegs- und der Justizminister sagten, diente nicht dazu, das tiefe Gefühl der Beschämung zu beseitigen, was sich Aller bemächtigte, die über solche Verletzung der Rechtsordnung im Staate trauern. Wenn selbst ein so gemäßigter Mann wie Graf Schwerin be hauptet: die Verletzung des Spruchs des Gerichts zu Celle, daß Niemand bis zur definitiven Regelung das Denkmal beschädigen solle, durch die Militär behörden zeige, daß in Preußen Gewalt vor Recht gehe — dann muß es weit gekommen sein. Zur weiteren Verhandlung des Processes über die Celler Denkmal-Angelegenheit ist ein Termin auf veu 16. December festgestellt. Das Gericht schlug einen Vergleich auf unentgeldliche Ueberweisung eines an deren Platzes für das Denkmal vor. Es ist aber weit gekommen, wenn dieselben Ab geordneten, die gestern noch dem Abgeordneten Ziegler zujauchzten, als dieser ausries: Fort mit diesem Minister Mühler! heute demselben Minister Bravo rufen, weil dieser 60,000 Thlr., die er trotz des Be schlusses des vorigen Landtags armen Lehrerwittwen zur Unterstützung nicht gegeben hat, nunmehr, nachdem das Abgeordnetenhaus seinen Beschluß wiederholt hat, sie zu gewähren verspricht. Das preußische Ab geordnetenhaus ist so gefügig, daß es dem Minister des Innern die so verwerflichen geheimen Fonds be willigte. In Baiern hat endlich das Ministerium Hohenlohe, dem das Land in den Wahlen ein so verdammendes Urtheil gesprochen hat, seine Entlassung angeboten. Die Opposition hat 5 Stimmen Mehr heit und sie bereitet bereits eine Anklageschrift gegen Fürst Hohenlohe, wegen Verfassungsverletzung durch seine berüchtigte Eintheilung der Wahlkreise, vor. Die Wahl Rochefort's giebt Frankreich denn doch viel zu denken. Wenn ein Subjekt, wie dieser Rochefort, trotzdem er sich scheinbar selbst todt oder doch unmöglich gemacht hatte, immer noch mit mehreren tausend Stimmen gewählt wird, wenn ganz Paris entschieden republikanisch wählt, so sind das böse Anzeichen. Die am Montag erfolgte Kammer eröffnung wird darüber Licht verbreiten. DaS „Journal officiel" theilt das Ceremoniel für die be-